Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abschnitt. Der Schlaf.
wovon sie plözzlich erwachen, und erschrokken die Flucht
nehmen (h). Jndessen haben doch bisweilen Fische ein
schnelles Schiff, sieben ganzer Tage lang verfolgt (i).
Die Frösche schlummern in der Kälte, und leben ohne
Speise und Bewegung (k), nicht aber so in einer Wär-
me (l). Die Schleichen verbergen sich im Schlamme (m).
Eben dieses erzählt man auch von den Schwalben (n).
Endlich so schläft, wenn man genau rechnen will, der
Keim der menschlichen Frucht, die längste Zeit über, bis
derselbe in der Befruchtung wach wird.

Es scheint also der Zustand aller Thiere dieser zu sein,
daß sie einen Theil ihres Lebens in Trägheit und Schlaf
zubringen. Jndessen theilt die Natur doch diesen Theil
sehr ungleich unter sich aus, indem das Pferd kaum drei
oder vier Stunden lang schläft, und sich einige Pferde (o)
gar nicht niederlegen (p).

§. 2.
Die Schläfrigkeit.

Es ist uns derjenige Schlaf der natürlichste, welcher
uns nach ausgestandner Tagesarbeit, und auf ein gutes
Abendessen überfällt. Man kann die Zufälle dabei nicht
so leicht beobachten, weil der Beobachter zugleich mit ein-
schläft; indessen bin ich doch öfters auf mich selbst auf-
mercksam gewesen. Demnach erwekkt das Blut des
Abends, wenn es durch seine viele Bewegungen, die
durch zufällige Ursachen hervorgebracht worden, in einen

hefti-
(h) [Spaltenumbruch] HALLE l. c.
(i) OVINGTON voy. to surat.
I. p.
45.
(k) Oecon. Nachricht n. T. VI.
pag
335
(l) Hist. natur. des anim. II.
pag.
2. 137. So auch nicht das
Murmelthier, RE' AUMUR l. c.
T. II. Mem. 2. P.
29. Thiere schla-
fen mehr, je näher sie dem Nord-
pol sind, und weniger, je näher sie
den warmen Gegenden kommen.
[Spaltenumbruch] BERGEN de anim. hiem. sopit.
pag.
18.
(m) PECHLIN aer & alim de-
sect. p. 54. BORRIGH p.
320.
(n) L. IV. p. 437. L. VIII. p. 266.
(o) HALLE Geschichte der Thie-
re p. 232. BUFFON Hist. natur.
T. IV. p.
253.
(p) BUFFON ibid schlafen ste-
hend. BATHURIST praelect. p.
165.
C c c c 2

III. Abſchnitt. Der Schlaf.
wovon ſie ploͤzzlich erwachen, und erſchrokken die Flucht
nehmen (h). Jndeſſen haben doch bisweilen Fiſche ein
ſchnelles Schiff, ſieben ganzer Tage lang verfolgt (i).
Die Froͤſche ſchlummern in der Kaͤlte, und leben ohne
Speiſe und Bewegung (k), nicht aber ſo in einer Waͤr-
me (l). Die Schleichen verbergen ſich im Schlamme (m).
Eben dieſes erzaͤhlt man auch von den Schwalben (n).
Endlich ſo ſchlaͤft, wenn man genau rechnen will, der
Keim der menſchlichen Frucht, die laͤngſte Zeit uͤber, bis
derſelbe in der Befruchtung wach wird.

Es ſcheint alſo der Zuſtand aller Thiere dieſer zu ſein,
daß ſie einen Theil ihres Lebens in Traͤgheit und Schlaf
zubringen. Jndeſſen theilt die Natur doch dieſen Theil
ſehr ungleich unter ſich aus, indem das Pferd kaum drei
oder vier Stunden lang ſchlaͤft, und ſich einige Pferde (o)
gar nicht niederlegen (p).

§. 2.
Die Schlaͤfrigkeit.

Es iſt uns derjenige Schlaf der natuͤrlichſte, welcher
uns nach ausgeſtandner Tagesarbeit, und auf ein gutes
Abendeſſen uͤberfaͤllt. Man kann die Zufaͤlle dabei nicht
ſo leicht beobachten, weil der Beobachter zugleich mit ein-
ſchlaͤft; indeſſen bin ich doch oͤfters auf mich ſelbſt auf-
merckſam geweſen. Demnach erwekkt das Blut des
Abends, wenn es durch ſeine viele Bewegungen, die
durch zufaͤllige Urſachen hervorgebracht worden, in einen

hefti-
(h) [Spaltenumbruch] HALLE l. c.
(i) OVINGTON voy. to ſurat.
I. p.
45.
(k) Oecon. Nachricht n. T. VI.
pag
335
(l) Hiſt. natur. des anim. II.
pag.
2. 137. So auch nicht das
Murmelthier, RE’ AUMUR l. c.
T. II. Mém. 2. P.
29. Thiere ſchla-
fen mehr, je naͤher ſie dem Nord-
pol ſind, und weniger, je naͤher ſie
den warmen Gegenden kommen.
[Spaltenumbruch] BERGEN de anim. hiem. ſopit.
pag.
18.
(m) PECHLIN aer & alim de-
ſect. p. 54. BORRIGH p.
320.
(n) L. IV. p. 437. L. VIII. p. 266.
(o) HALLE Geſchichte der Thie-
re p. 232. BUFFON Hiſt. natur.
T. IV. p.
253.
(p) BUFFON ibid ſchlafen ſte-
hend. BATHURIST prælect. p.
165.
C c c c 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f1157" n="1139"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Der Schlaf.</hi></fw><lb/>
wovon &#x017F;ie plo&#x0364;zzlich erwachen, und er&#x017F;chrokken die Flucht<lb/>
nehmen <note place="foot" n="(h)"><cb/><hi rendition="#aq">HALLE l. c.</hi></note>. Jnde&#x017F;&#x017F;en haben doch bisweilen Fi&#x017F;che ein<lb/>
&#x017F;chnelles Schiff, &#x017F;ieben ganzer Tage lang verfolgt <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq">OVINGTON voy. to &#x017F;urat.<lb/>
I. p.</hi> 45.</note>.<lb/>
Die Fro&#x0364;&#x017F;che &#x017F;chlummern in der Ka&#x0364;lte, und leben ohne<lb/>
Spei&#x017F;e und Bewegung <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq">Oecon. Nachricht n. T. VI.<lb/>
pag</hi> 335</note>, nicht aber &#x017F;o in einer Wa&#x0364;r-<lb/>
me <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;t. natur. des anim. II.<lb/>
pag.</hi> 2. 137. So auch nicht das<lb/>
Murmelthier, <hi rendition="#aq">RE&#x2019; AUMUR l. c.<lb/>
T. II. Mém. 2. P.</hi> 29. Thiere &#x017F;chla-<lb/>
fen mehr, je na&#x0364;her &#x017F;ie dem Nord-<lb/>
pol &#x017F;ind, und weniger, je na&#x0364;her &#x017F;ie<lb/>
den warmen Gegenden kommen.<lb/><cb/> <hi rendition="#aq">BERGEN de anim. hiem. &#x017F;opit.<lb/>
pag.</hi> 18.</note>. Die Schleichen verbergen &#x017F;ich im Schlamme <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">PECHLIN aer &amp; alim de-<lb/>
&#x017F;ect. p. 54. BORRIGH p.</hi> 320.</note>.<lb/>
Eben die&#x017F;es erza&#x0364;hlt man auch von den Schwalben <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">L. IV. p. 437. L. VIII. p.</hi> 266.</note>.<lb/>
Endlich &#x017F;o &#x017F;chla&#x0364;ft, wenn man genau rechnen will, der<lb/>
Keim der men&#x017F;chlichen Frucht, die la&#x0364;ng&#x017F;te Zeit u&#x0364;ber, bis<lb/>
der&#x017F;elbe in der Befruchtung wach wird.</p><lb/>
            <p>Es &#x017F;cheint al&#x017F;o der Zu&#x017F;tand aller Thiere die&#x017F;er zu &#x017F;ein,<lb/>
daß &#x017F;ie einen Theil ihres Lebens in Tra&#x0364;gheit und Schlaf<lb/>
zubringen. Jnde&#x017F;&#x017F;en theilt die Natur doch die&#x017F;en Theil<lb/>
&#x017F;ehr ungleich unter &#x017F;ich aus, indem das Pferd kaum drei<lb/>
oder vier Stunden lang &#x017F;chla&#x0364;ft, und &#x017F;ich einige Pferde <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">HALLE Ge&#x017F;chichte der Thie-<lb/>
re p. 232. BUFFON Hi&#x017F;t. natur.<lb/>
T. IV. p.</hi> 253.</note><lb/>
gar nicht niederlegen <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">BUFFON ibid</hi> &#x017F;chlafen &#x017F;te-<lb/>
hend. <hi rendition="#aq">BATHURIST prælect. p.</hi><lb/>
165.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 2.<lb/>
Die Schla&#x0364;frigkeit.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t uns derjenige Schlaf der natu&#x0364;rlich&#x017F;te, welcher<lb/>
uns nach ausge&#x017F;tandner Tagesarbeit, und auf ein gutes<lb/>
Abende&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;berfa&#x0364;llt. Man kann die Zufa&#x0364;lle dabei nicht<lb/>
&#x017F;o leicht beobachten, weil der Beobachter zugleich mit ein-<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;ft; inde&#x017F;&#x017F;en bin ich doch o&#x0364;fters auf mich &#x017F;elb&#x017F;t auf-<lb/>
merck&#x017F;am gewe&#x017F;en. Demnach erwekkt das Blut des<lb/>
Abends, wenn es durch &#x017F;eine viele Bewegungen, die<lb/>
durch zufa&#x0364;llige Ur&#x017F;achen hervorgebracht worden, in einen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c c c 2</fw><fw place="bottom" type="catch">hefti-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1139/1157] III. Abſchnitt. Der Schlaf. wovon ſie ploͤzzlich erwachen, und erſchrokken die Flucht nehmen (h). Jndeſſen haben doch bisweilen Fiſche ein ſchnelles Schiff, ſieben ganzer Tage lang verfolgt (i). Die Froͤſche ſchlummern in der Kaͤlte, und leben ohne Speiſe und Bewegung (k), nicht aber ſo in einer Waͤr- me (l). Die Schleichen verbergen ſich im Schlamme (m). Eben dieſes erzaͤhlt man auch von den Schwalben (n). Endlich ſo ſchlaͤft, wenn man genau rechnen will, der Keim der menſchlichen Frucht, die laͤngſte Zeit uͤber, bis derſelbe in der Befruchtung wach wird. Es ſcheint alſo der Zuſtand aller Thiere dieſer zu ſein, daß ſie einen Theil ihres Lebens in Traͤgheit und Schlaf zubringen. Jndeſſen theilt die Natur doch dieſen Theil ſehr ungleich unter ſich aus, indem das Pferd kaum drei oder vier Stunden lang ſchlaͤft, und ſich einige Pferde (o) gar nicht niederlegen (p). §. 2. Die Schlaͤfrigkeit. Es iſt uns derjenige Schlaf der natuͤrlichſte, welcher uns nach ausgeſtandner Tagesarbeit, und auf ein gutes Abendeſſen uͤberfaͤllt. Man kann die Zufaͤlle dabei nicht ſo leicht beobachten, weil der Beobachter zugleich mit ein- ſchlaͤft; indeſſen bin ich doch oͤfters auf mich ſelbſt auf- merckſam geweſen. Demnach erwekkt das Blut des Abends, wenn es durch ſeine viele Bewegungen, die durch zufaͤllige Urſachen hervorgebracht worden, in einen hefti- (h) HALLE l. c. (i) OVINGTON voy. to ſurat. I. p. 45. (k) Oecon. Nachricht n. T. VI. pag 335 (l) Hiſt. natur. des anim. II. pag. 2. 137. So auch nicht das Murmelthier, RE’ AUMUR l. c. T. II. Mém. 2. P. 29. Thiere ſchla- fen mehr, je naͤher ſie dem Nord- pol ſind, und weniger, je naͤher ſie den warmen Gegenden kommen. BERGEN de anim. hiem. ſopit. pag. 18. (m) PECHLIN aer & alim de- ſect. p. 54. BORRIGH p. 320. (n) L. IV. p. 437. L. VIII. p. 266. (o) HALLE Geſchichte der Thie- re p. 232. BUFFON Hiſt. natur. T. IV. p. 253. (p) BUFFON ibid ſchlafen ſte- hend. BATHURIST prælect. p. 165. C c c c 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1157
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1157>, abgerufen am 20.11.2024.