von er plötzlich, ohne daß man einen Theil an ihm beschä- digt fand, das Leben einbüste; und dieses ist eine sehr bekannte Sache [Spaltenumbruch]u.
§. 29. Die Absichten bei der Anlage der Markwindung im Gehirne.
Es ist die Oberfläche des Gehirns in Thieren von geringerer Vernunft, besonders aber bei einigen dum- men Vögeln x, glatt, hingegen im Menschen in viele und tiefe Kreise eingedrückt [Spaltenumbruch]y, welches auch vom kleinen Gehirne gilt, dessen Mark ebenfalls in Falten, die we- niger geschlängelt z, doch aber tief sind, gebogen ist.
Es scheint dieser Bau die Absicht zu haben, daß da- durch die Menge der Markrinde, die Oberfläche der dünnen Gehirnhaut und die Anzahl der Gefässe, welche in die Markrinde gehen, grösser werde; folglich daß die Anzahl der Markfasern, die vom Gehirne erzeugt wer- den, anwachsen könne. Man wird sich über diese Ver- muthung nicht wundern, da die unzählige Bilder un- sers Gedächtnisses, welche im Gehirne abgedruckt wer- den, auch mehr Mark und ein grösseres Gehirne zu ver- langen scheinen. Jedermann weiß, daß Kinder, die die englische Krankheit haben a, und überhaupt buckliche Leute, guten Verstand offenbaren; indem beide einen sehr grossen Kopf; und die mit der englischen Krankheit behaftet sind b, auch die Carotides viel grösser haben. Die gemeine Meinung, welche grosse Köpfe vor Mißge- stalten hält, scheinet nicht auf der Grösse des Kopfes,
sondern
uHildan. L. I. obs. 10. 12. L. III. obs. 9. Littre comm. acad. Reg. Societ. 1705. Magatus L. II. c. 50. art. de faire des raports p. 49. 50. Comm. Noric. 1741. n. 14. Memoir. de l'Acad. de chir. T. I. p. 312. Heurnius aphor. VII. p. 58.
x An der Gans.
yp. 14.
zp. 69. Die schwarzen Linien bei dem Tarin. T. 2. f. 1.
aDuverney malad. des os T. II. p. 290. Helvetius tr. des malad. p. 288.
bGlisson. c. 2. p. 14.
R r 5
VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſunnge.
von er ploͤtzlich, ohne daß man einen Theil an ihm beſchaͤ- digt fand, das Leben einbuͤſte; und dieſes iſt eine ſehr bekannte Sache [Spaltenumbruch]u.
§. 29. Die Abſichten bei der Anlage der Markwindung im Gehirne.
Es iſt die Oberflaͤche des Gehirns in Thieren von geringerer Vernunft, beſonders aber bei einigen dum- men Voͤgeln x, glatt, hingegen im Menſchen in viele und tiefe Kreiſe eingedruͤckt [Spaltenumbruch]y, welches auch vom kleinen Gehirne gilt, deſſen Mark ebenfalls in Falten, die we- niger geſchlaͤngelt z, doch aber tief ſind, gebogen iſt.
Es ſcheint dieſer Bau die Abſicht zu haben, daß da- durch die Menge der Markrinde, die Oberflaͤche der duͤnnen Gehirnhaut und die Anzahl der Gefaͤſſe, welche in die Markrinde gehen, groͤſſer werde; folglich daß die Anzahl der Markfaſern, die vom Gehirne erzeugt wer- den, anwachſen koͤnne. Man wird ſich uͤber dieſe Ver- muthung nicht wundern, da die unzaͤhlige Bilder un- ſers Gedaͤchtniſſes, welche im Gehirne abgedruckt wer- den, auch mehr Mark und ein groͤſſeres Gehirne zu ver- langen ſcheinen. Jedermann weiß, daß Kinder, die die engliſche Krankheit haben a, und uͤberhaupt buckliche Leute, guten Verſtand offenbaren; indem beide einen ſehr groſſen Kopf; und die mit der engliſchen Krankheit behaftet ſind b, auch die Carotides viel groͤſſer haben. Die gemeine Meinung, welche groſſe Koͤpfe vor Mißge- ſtalten haͤlt, ſcheinet nicht auf der Groͤſſe des Kopfes,
ſondern
uHildan. L. I. obſ. 10. 12. L. III. obſ. 9. Littre comm. acad. Reg. Societ. 1705. Magatus L. II. c. 50. art. de faire des raports p. 49. 50. Comm. Noric. 1741. n. 14. Memoir. de l’Acad. de chir. T. I. p. 312. Heurnius aphor. VII. p. 58.
x An der Gans.
yp. 14.
zp. 69. Die ſchwarzen Linien bei dem Tarin. T. 2. f. 1.
aDuverney malad. des os T. II. p. 290. Helvetius tr. des malad. p. 288.
bGliſſon. c. 2. p. 14.
R r 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0669"n="633"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">VIII.</hi> Abſchnitt. Die Muthmaſſunnge.</hi></fw><lb/>
von er ploͤtzlich, ohne daß man einen Theil an ihm beſchaͤ-<lb/>
digt fand, das Leben einbuͤſte; und dieſes iſt eine ſehr<lb/>
bekannte Sache <cb/><noteplace="foot"n="u"><hirendition="#aq">H<hirendition="#i">ildan.</hi> L. I. obſ. 10. 12. L. III.<lb/>
obſ. 9. <hirendition="#i">Littre</hi> comm. acad. Reg.<lb/>
Societ. 1705. <hirendition="#i">Magatus</hi> L. II. c. 50.<lb/>
art. de faire des raports p. 49. 50.<lb/>
Comm. Noric. 1741. n. 14. Memoir.<lb/>
de l’Acad. de chir. T. I. p. 312.<lb/><hirendition="#i">Heurnius</hi> aphor. VII. p.</hi> 58.</note>.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 29.<lb/>
Die Abſichten bei der Anlage der Markwindung<lb/>
im Gehirne.</head><lb/><p>Es iſt die Oberflaͤche des Gehirns in Thieren von<lb/>
geringerer Vernunft, beſonders aber bei einigen dum-<lb/>
men Voͤgeln <noteplace="foot"n="x">An der Gans.</note>, glatt, hingegen im Menſchen in viele<lb/>
und tiefe Kreiſe eingedruͤckt <cb/><noteplace="foot"n="y"><hirendition="#aq">p.</hi> 14.</note>, welches auch vom kleinen<lb/>
Gehirne gilt, deſſen Mark ebenfalls in Falten, die we-<lb/>
niger geſchlaͤngelt <noteplace="foot"n="z"><hirendition="#aq">p.</hi> 69. Die ſchwarzen Linien<lb/>
bei dem <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Tarin.</hi> T. 2. f.</hi> 1.</note>, doch aber tief ſind, gebogen iſt.</p><lb/><p>Es ſcheint dieſer Bau die Abſicht zu haben, daß da-<lb/>
durch die Menge der Markrinde, die Oberflaͤche der<lb/>
duͤnnen Gehirnhaut und die Anzahl der Gefaͤſſe, welche<lb/>
in die Markrinde gehen, groͤſſer werde; folglich daß die<lb/>
Anzahl der Markfaſern, die vom Gehirne erzeugt wer-<lb/>
den, anwachſen koͤnne. Man wird ſich uͤber dieſe Ver-<lb/>
muthung nicht wundern, da die unzaͤhlige Bilder un-<lb/>ſers Gedaͤchtniſſes, welche im Gehirne abgedruckt wer-<lb/>
den, auch mehr Mark und ein groͤſſeres Gehirne zu ver-<lb/>
langen ſcheinen. Jedermann weiß, daß Kinder, die die<lb/>
engliſche Krankheit haben <noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Duverney</hi> malad. des os T. II.<lb/>
p. 290. <hirendition="#i">Helvetius</hi> tr. des malad.<lb/>
p.</hi> 288.</note>, und uͤberhaupt buckliche<lb/>
Leute, guten Verſtand offenbaren; indem beide einen<lb/>ſehr groſſen Kopf; und die mit der engliſchen Krankheit<lb/>
behaftet ſind <noteplace="foot"n="b"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Gliſſon.</hi> c. 2. p.</hi> 14.</note>, auch die Carotides viel groͤſſer haben.<lb/>
Die gemeine Meinung, welche groſſe Koͤpfe vor Mißge-<lb/>ſtalten haͤlt, ſcheinet nicht auf der Groͤſſe des Kopfes,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">R r 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſondern</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[633/0669]
VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſunnge.
von er ploͤtzlich, ohne daß man einen Theil an ihm beſchaͤ-
digt fand, das Leben einbuͤſte; und dieſes iſt eine ſehr
bekannte Sache
u.
§. 29.
Die Abſichten bei der Anlage der Markwindung
im Gehirne.
Es iſt die Oberflaͤche des Gehirns in Thieren von
geringerer Vernunft, beſonders aber bei einigen dum-
men Voͤgeln x, glatt, hingegen im Menſchen in viele
und tiefe Kreiſe eingedruͤckt
y, welches auch vom kleinen
Gehirne gilt, deſſen Mark ebenfalls in Falten, die we-
niger geſchlaͤngelt z, doch aber tief ſind, gebogen iſt.
Es ſcheint dieſer Bau die Abſicht zu haben, daß da-
durch die Menge der Markrinde, die Oberflaͤche der
duͤnnen Gehirnhaut und die Anzahl der Gefaͤſſe, welche
in die Markrinde gehen, groͤſſer werde; folglich daß die
Anzahl der Markfaſern, die vom Gehirne erzeugt wer-
den, anwachſen koͤnne. Man wird ſich uͤber dieſe Ver-
muthung nicht wundern, da die unzaͤhlige Bilder un-
ſers Gedaͤchtniſſes, welche im Gehirne abgedruckt wer-
den, auch mehr Mark und ein groͤſſeres Gehirne zu ver-
langen ſcheinen. Jedermann weiß, daß Kinder, die die
engliſche Krankheit haben a, und uͤberhaupt buckliche
Leute, guten Verſtand offenbaren; indem beide einen
ſehr groſſen Kopf; und die mit der engliſchen Krankheit
behaftet ſind b, auch die Carotides viel groͤſſer haben.
Die gemeine Meinung, welche groſſe Koͤpfe vor Mißge-
ſtalten haͤlt, ſcheinet nicht auf der Groͤſſe des Kopfes,
ſondern
u Hildan. L. I. obſ. 10. 12. L. III.
obſ. 9. Littre comm. acad. Reg.
Societ. 1705. Magatus L. II. c. 50.
art. de faire des raports p. 49. 50.
Comm. Noric. 1741. n. 14. Memoir.
de l’Acad. de chir. T. I. p. 312.
Heurnius aphor. VII. p. 58.
x An der Gans.
y p. 14.
z p. 69. Die ſchwarzen Linien
bei dem Tarin. T. 2. f. 1.
a Duverney malad. des os T. II.
p. 290. Helvetius tr. des malad.
p. 288.
b Gliſſon. c. 2. p. 14.
R r 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/669>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.