ses Problem eine Auflösung zu erwarten, wenn sich diese Veränderumg wirklich so schnell zutrüge, und beobachten liesse.
§. 2. Die Nothwendigkeit des ersten Atemzuges.
Wenn ein Kind in der Mutterscheide anlangt (u), so fängt es an Luft zu holen; es pflegt nämlich, so bald es den Schoos der Mutter verlassen, eine Stimme von sich zu geben, und es scheint dieser Laut, der gemei- niglich mit einer Heftigkeit begleitet wird, nicht eine Folge des ersten Atemholens zu seyn. Es holt auch ein Thier Atem, wenn es von der Mutter entbunden ist, oder von der Hand des Zerlegers aus der Fruchthaut herausge- nommen wird (x), und es atmet ein Hünchen entweder selbst im Eie, oder gleich darauf, wenn man es heraus- gebrochen, indessen ein Theil des Thierchen noch im Eie liegt, und begierig nach der Luft (y) schnappt.
Man hat längst die Frage aufgeworfen, was diese Lüsterheit zum Grunde habe, mit der die Frucht, nach der ihr vor jezzt noch unbekannten Luft schnappt, und wie diese neue Speise zum Leben unentbehrlichwerde, daß man ohne sie nicht leben könne: die hier vorfallende Schwierigkeiten werden dadurch noch grösser, daß es mit dem ganzen Thierreiche eben diese Beschaffenheit hat. Denn es at- met nicht der Mensch allein, sobald er in gesundem Zu- stande die Mutter verläst, so, daß man also nicht sein
Schreien
(u)[Spaltenumbruch]
Von diesem Zanke, und ob die Frucht in der Mutterscheide Atem holen könne, oder ob sie erst Luft schöpfte, wenn sie völlig aus der Mut- ter ist, wollen w r an einem andern Orte untersuchen.
(x)BOYLE exper. phys. mech. [Spaltenumbruch]
S. 41. Digress. de util. respir. Mem. sur la respir. angef. Exp.
(y)Mem. sur le poulet. obs. 255. 256. 260. Daß sie schrie, auch denn, wenn das Ei noch nicht zerbrochen ist, bertier physiq. des corps animes. S. 224.
Das Atemholen. VIII. Buch.
ſes Problem eine Aufloͤſung zu erwarten, wenn ſich dieſe Veraͤnderumg wirklich ſo ſchnell zutruͤge, und beobachten lieſſe.
§. 2. Die Nothwendigkeit des erſten Atemzuges.
Wenn ein Kind in der Mutterſcheide anlangt (u), ſo faͤngt es an Luft zu holen; es pflegt naͤmlich, ſo bald es den Schoos der Mutter verlaſſen, eine Stimme von ſich zu geben, und es ſcheint dieſer Laut, der gemei- niglich mit einer Heftigkeit begleitet wird, nicht eine Folge des erſten Atemholens zu ſeyn. Es holt auch ein Thier Atem, wenn es von der Mutter entbunden iſt, oder von der Hand des Zerlegers aus der Fruchthaut herausge- nommen wird (x), und es atmet ein Huͤnchen entweder ſelbſt im Eie, oder gleich darauf, wenn man es heraus- gebrochen, indeſſen ein Theil des Thierchen noch im Eie liegt, und begierig nach der Luft (y) ſchnappt.
Man hat laͤngſt die Frage aufgeworfen, was dieſe Luͤſterheit zum Grunde habe, mit der die Frucht, nach der ihr vor jezzt noch unbekannten Luft ſchnappt, und wie dieſe neue Speiſe zum Leben unentbehrlichwerde, daß man ohne ſie nicht leben koͤnne: die hier vorfallende Schwierigkeiten werden dadurch noch groͤſſer, daß es mit dem ganzen Thierreiche eben dieſe Beſchaffenheit hat. Denn es at- met nicht der Menſch allein, ſobald er in geſundem Zu- ſtande die Mutter verlaͤſt, ſo, daß man alſo nicht ſein
Schreien
(u)[Spaltenumbruch]
Von dieſem Zanke, und ob die Frucht in der Mutterſcheide Atem holen koͤnne, oder ob ſie erſt Luft ſchoͤpfte, wenn ſie voͤllig aus der Mut- ter iſt, wollen w r an einem andern Orte unterſuchen.
(x)BOYLE exper. phyſ. mech. [Spaltenumbruch]
S. 41. Digreſſ. de util. reſpir. Mem. ſur la reſpir. angef. Exp.
(y)Mem. ſur le poulet. obſ. 255. 256. 260. Daß ſie ſchrie, auch denn, wenn das Ei noch nicht zerbrochen iſt, bertier phyſiq. des corps animes. S. 224.
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Das Atemholen. VIII. Buch.
ſes Problem eine Aufloͤſung zu erwarten, wenn ſich dieſe
Veraͤnderumg wirklich ſo ſchnell zutruͤge, und beobachten
lieſſe.
§. 2.
Die Nothwendigkeit des erſten Atemzuges.
Wenn ein Kind in der Mutterſcheide anlangt (u),
ſo faͤngt es an Luft zu holen; es pflegt naͤmlich, ſo bald
es den Schoos der Mutter verlaſſen, eine Stimme von
ſich zu geben, und es ſcheint dieſer Laut, der gemei-
niglich mit einer Heftigkeit begleitet wird, nicht eine
Folge des erſten Atemholens zu ſeyn. Es holt auch ein
Thier Atem, wenn es von der Mutter entbunden iſt, oder
von der Hand des Zerlegers aus der Fruchthaut herausge-
nommen wird (x), und es atmet ein Huͤnchen entweder
ſelbſt im Eie, oder gleich darauf, wenn man es heraus-
gebrochen, indeſſen ein Theil des Thierchen noch im Eie
liegt, und begierig nach der Luft (y) ſchnappt.
Man hat laͤngſt die Frage aufgeworfen, was dieſe
Luͤſterheit zum Grunde habe, mit der die Frucht, nach der
ihr vor jezzt noch unbekannten Luft ſchnappt, und wie dieſe
neue Speiſe zum Leben unentbehrlichwerde, daß man ohne
ſie nicht leben koͤnne: die hier vorfallende Schwierigkeiten
werden dadurch noch groͤſſer, daß es mit dem ganzen
Thierreiche eben dieſe Beſchaffenheit hat. Denn es at-
met nicht der Menſch allein, ſobald er in geſundem Zu-
ſtande die Mutter verlaͤſt, ſo, daß man alſo nicht ſein
Schreien
(u)
Von dieſem Zanke, und ob die
Frucht in der Mutterſcheide Atem
holen koͤnne, oder ob ſie erſt Luft
ſchoͤpfte, wenn ſie voͤllig aus der Mut-
ter iſt, wollen w r an einem andern
Orte unterſuchen.
(x) BOYLE exper. phyſ. mech.
S. 41. Digreſſ. de util. reſpir. Mem.
ſur la reſpir. angef. Exp.
(y) Mem. ſur le poulet. obſ. 255.
256. 260. Daß ſie ſchrie, auch denn,
wenn das Ei noch nicht zerbrochen
iſt, bertier phyſiq. des corps
animes. S. 224.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/502>, abgerufen am 20.11.2024.
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