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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Siebendes Buch. Die Ursachen

Was die Schwingungen, oder Schleuderung der
Blutteilchen betrift, so nimmt man solche überhaupt
ohne Erweis und ohne einen Beglaubigungsschein, den
Versuche darüber ausfertigen müsten (k), zu Hülfe.

§. 30.
Die von den Durchseihern hergenommene
Hipotese.

Es ist diese Hipotese mit der vorhergehenden ziem-
lich verwant, denn es unterscheiden sich Durchseiher
von Sieben in so fern, daß in Sieben feste und trokkne
Körperchen, in Durchseihern dagegen flüßige Säfte
abgeschieden werden. Es verlangt ferner diejenige Hi-
potese, welche ich vortrage, nicht zwar Löcherchen von
bestimmter Figur, sondern Durchseiherlöcher, die mit
eben demselben bestimmten Safte erfüllt sind, welcher,
so lange ein Thier am Leben ist, von jeglichem Durch-
seiher aus dem Blute abgesondert wird: es müssen also
die Scheidegefäschen der Galle, von dem ersten Ur-
sprunge des Menschen an, voll Galle, und eben diese
Gefäschen des Saamens voller Saamen seyn. Nun
stellt man sich die Sache so vor, daß dieser Saft alle
gleichartige Theile aus dem Blute an sich zöge, und
alle fremdartige Stoffe zurükkestiesse. Es pflegen da-
bei berümte Männer das Exempel von einem mit Was-
ser erfüllten Durchseiher herzunehmen, welcher kein
Oel annimmt, und von einem mit Oele getränkten
Durchseiher, durch den kein Wasser durchgelassen wird.
Es hat diese Meinung vor der obigen die Einfalt vor-
aus, und sie hat sich bei einer unzälbaren Menge von
Gelerten (l) und, unter andern, bei dem Gottfried Will-

helm
(k) [Spaltenumbruch] 6. Buch. 1. Abschn. §. 22.
(l) Unter den erstern befand sich
Bernhard Connor; siehe dessen
[Spaltenumbruch] Tentamen epistol. nach dem evan-
gelio medici.
Siebendes Buch. Die Urſachen

Was die Schwingungen, oder Schleuderung der
Blutteilchen betrift, ſo nimmt man ſolche uͤberhaupt
ohne Erweis und ohne einen Beglaubigungsſchein, den
Verſuche daruͤber ausfertigen muͤſten (k), zu Huͤlfe.

§. 30.
Die von den Durchſeihern hergenommene
Hipoteſe.

Es iſt dieſe Hipoteſe mit der vorhergehenden ziem-
lich verwant, denn es unterſcheiden ſich Durchſeiher
von Sieben in ſo fern, daß in Sieben feſte und trokkne
Koͤrperchen, in Durchſeihern dagegen fluͤßige Saͤfte
abgeſchieden werden. Es verlangt ferner diejenige Hi-
poteſe, welche ich vortrage, nicht zwar Loͤcherchen von
beſtimmter Figur, ſondern Durchſeiherloͤcher, die mit
eben demſelben beſtimmten Safte erfuͤllt ſind, welcher,
ſo lange ein Thier am Leben iſt, von jeglichem Durch-
ſeiher aus dem Blute abgeſondert wird: es muͤſſen alſo
die Scheidegefaͤschen der Galle, von dem erſten Ur-
ſprunge des Menſchen an, voll Galle, und eben dieſe
Gefaͤschen des Saamens voller Saamen ſeyn. Nun
ſtellt man ſich die Sache ſo vor, daß dieſer Saft alle
gleichartige Theile aus dem Blute an ſich zoͤge, und
alle fremdartige Stoffe zuruͤkkeſtieſſe. Es pflegen da-
bei beruͤmte Maͤnner das Exempel von einem mit Waſ-
ſer erfuͤllten Durchſeiher herzunehmen, welcher kein
Oel annimmt, und von einem mit Oele getraͤnkten
Durchſeiher, durch den kein Waſſer durchgelaſſen wird.
Es hat dieſe Meinung vor der obigen die Einfalt vor-
aus, und ſie hat ſich bei einer unzaͤlbaren Menge von
Gelerten (l) und, unter andern, bei dem Gottfried Will-

helm
(k) [Spaltenumbruch] 6. Buch. 1. Abſchn. §. 22.
(l) Unter den erſtern befand ſich
Bernhard Connor; ſiehe deſſen
[Spaltenumbruch] Tentamen epiſtol. nach dem evan-
gelio medici.
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[772/0792] Siebendes Buch. Die Urſachen Was die Schwingungen, oder Schleuderung der Blutteilchen betrift, ſo nimmt man ſolche uͤberhaupt ohne Erweis und ohne einen Beglaubigungsſchein, den Verſuche daruͤber ausfertigen muͤſten (k), zu Huͤlfe. §. 30. Die von den Durchſeihern hergenommene Hipoteſe. Es iſt dieſe Hipoteſe mit der vorhergehenden ziem- lich verwant, denn es unterſcheiden ſich Durchſeiher von Sieben in ſo fern, daß in Sieben feſte und trokkne Koͤrperchen, in Durchſeihern dagegen fluͤßige Saͤfte abgeſchieden werden. Es verlangt ferner diejenige Hi- poteſe, welche ich vortrage, nicht zwar Loͤcherchen von beſtimmter Figur, ſondern Durchſeiherloͤcher, die mit eben demſelben beſtimmten Safte erfuͤllt ſind, welcher, ſo lange ein Thier am Leben iſt, von jeglichem Durch- ſeiher aus dem Blute abgeſondert wird: es muͤſſen alſo die Scheidegefaͤschen der Galle, von dem erſten Ur- ſprunge des Menſchen an, voll Galle, und eben dieſe Gefaͤschen des Saamens voller Saamen ſeyn. Nun ſtellt man ſich die Sache ſo vor, daß dieſer Saft alle gleichartige Theile aus dem Blute an ſich zoͤge, und alle fremdartige Stoffe zuruͤkkeſtieſſe. Es pflegen da- bei beruͤmte Maͤnner das Exempel von einem mit Waſ- ſer erfuͤllten Durchſeiher herzunehmen, welcher kein Oel annimmt, und von einem mit Oele getraͤnkten Durchſeiher, durch den kein Waſſer durchgelaſſen wird. Es hat dieſe Meinung vor der obigen die Einfalt vor- aus, und ſie hat ſich bei einer unzaͤlbaren Menge von Gelerten (l) und, unter andern, bei dem Gottfried Will- helm (k) 6. Buch. 1. Abſchn. §. 22. (l) Unter den erſtern befand ſich Bernhard Connor; ſiehe deſſen Tentamen epiſtol. nach dem evan- gelio medici.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 772. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/792>, abgerufen am 20.11.2024.