Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

der Verschiedenheit der Säfte.
mit einander die Oele zerstören, oder sie wenigstens auf
das innigste mit dem Wasser vermischen. Es existirt
in der ganzen Natur keine einzige Säure, oder keine ein-
zige Art von Salzen, welche plözzlich aus Blute Harn
machen, oder mit solcher Behendigkeit daraus absondern
könnte, als im Menschen abgesondert wird. Es ha-
ben nämlich alle Fermenten, um andren Körpern ihre
besondre Natur mitteilen zu können, sowol Zeit, als
Luft, nebst weiten Gefässen und einer höchst langsamen
Bewegung, oder völliger Ruhe von nöten (y). Jch
habe diese Sachen etwas weitleuftig berüret, weil eine
andre sehr berümte Hipotese beinahe eben den Felern,
als die Grundsäure, unterworfen ist und von einerlei
Gründen umgestossen wird.

§. 29.
Die Figur der Scheidelöcher (pori).

Es hat der berümte Hipotesenkünstler Renatus
Descartes den Versuch gemacht, beinahe alle und jede
Werke der Natur durch gewisse ausgesonnene körperliche
Figuren, die zu seinen Absichten hinlänglich schienen,
auszukünsteln und zu erklären (z). Er unternam also
ebenfalls, die Absonderung der Säfte in thierischen Kör-
pern von gewissen Figuren der Scheidemündungen her-
zuleiten, welche geschikkt seyn sollten, die Figuren der
abzusondernden Theilchen auszubilden. Ueberhaupt ver-
glich derselbe also die Absondrungswerkzeuge mit sieben
von verschiedentlich figurirten Löchern. Er ersann sich
hiernächst im Blute verschiedne Figuren für die Theilchen
des Blutes. Man siehet also leicht, daß Theilchen von
jeglicher Figur, wie solche im Blute mit herumschwim-
men, sobald sie vermittelst des gewönlichen Umlaufes bei

ihren
(y) [Spaltenumbruch] borellvs de mot. animal. L.
II. Propos.
136 137 u. f.
(z) z. E. durch seine magneti-
[Spaltenumbruch] sche Ausflüsse und Figurchen des
ersten Elements.

der Verſchiedenheit der Saͤfte.
mit einander die Oele zerſtoͤren, oder ſie wenigſtens auf
das innigſte mit dem Waſſer vermiſchen. Es exiſtirt
in der ganzen Natur keine einzige Saͤure, oder keine ein-
zige Art von Salzen, welche ploͤzzlich aus Blute Harn
machen, oder mit ſolcher Behendigkeit daraus abſondern
koͤnnte, als im Menſchen abgeſondert wird. Es ha-
ben naͤmlich alle Fermenten, um andren Koͤrpern ihre
beſondre Natur mitteilen zu koͤnnen, ſowol Zeit, als
Luft, nebſt weiten Gefaͤſſen und einer hoͤchſt langſamen
Bewegung, oder voͤlliger Ruhe von noͤten (y). Jch
habe dieſe Sachen etwas weitleuftig beruͤret, weil eine
andre ſehr beruͤmte Hipoteſe beinahe eben den Felern,
als die Grundſaͤure, unterworfen iſt und von einerlei
Gruͤnden umgeſtoſſen wird.

§. 29.
Die Figur der Scheideloͤcher (pori).

Es hat der beruͤmte Hipoteſenkuͤnſtler Renatus
Descartes den Verſuch gemacht, beinahe alle und jede
Werke der Natur durch gewiſſe ausgeſonnene koͤrperliche
Figuren, die zu ſeinen Abſichten hinlaͤnglich ſchienen,
auszukuͤnſteln und zu erklaͤren (z). Er unternam alſo
ebenfalls, die Abſonderung der Saͤfte in thieriſchen Koͤr-
pern von gewiſſen Figuren der Scheidemuͤndungen her-
zuleiten, welche geſchikkt ſeyn ſollten, die Figuren der
abzuſondernden Theilchen auszubilden. Ueberhaupt ver-
glich derſelbe alſo die Abſondrungswerkzeuge mit ſieben
von verſchiedentlich figurirten Loͤchern. Er erſann ſich
hiernaͤchſt im Blute verſchiedne Figuren fuͤr die Theilchen
des Blutes. Man ſiehet alſo leicht, daß Theilchen von
jeglicher Figur, wie ſolche im Blute mit herumſchwim-
men, ſobald ſie vermittelſt des gewoͤnlichen Umlaufes bei

ihren
(y) [Spaltenumbruch] borellvſ de mot. animal. L.
II. Propoſ.
136 137 u. f.
(z) z. E. durch ſeine magneti-
[Spaltenumbruch] ſche Ausfluͤſſe und Figurchen des
erſten Elements.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0787" n="767"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Ver&#x017F;chiedenheit der Sa&#x0364;fte.</hi></fw><lb/>
mit einander die Oele zer&#x017F;to&#x0364;ren, oder &#x017F;ie wenig&#x017F;tens auf<lb/>
das innig&#x017F;te mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er vermi&#x017F;chen. Es exi&#x017F;tirt<lb/>
in der ganzen Natur keine einzige Sa&#x0364;ure, oder keine ein-<lb/>
zige Art von Salzen, welche plo&#x0364;zzlich aus Blute Harn<lb/>
machen, oder mit &#x017F;olcher Behendigkeit daraus ab&#x017F;ondern<lb/>
ko&#x0364;nnte, als im Men&#x017F;chen abge&#x017F;ondert wird. Es ha-<lb/>
ben na&#x0364;mlich alle Fermenten, um andren Ko&#x0364;rpern ihre<lb/>
be&#x017F;ondre Natur mitteilen zu ko&#x0364;nnen, &#x017F;owol Zeit, als<lb/>
Luft, neb&#x017F;t weiten Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und einer ho&#x0364;ch&#x017F;t lang&#x017F;amen<lb/>
Bewegung, oder vo&#x0364;lliger Ruhe von no&#x0364;ten <note place="foot" n="(y)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">borellv&#x017F;</hi> de mot. animal. L.<lb/>
II. Propo&#x017F;.</hi> 136 137 u. f.</note>. Jch<lb/>
habe die&#x017F;e Sachen etwas weitleuftig beru&#x0364;ret, weil eine<lb/>
andre &#x017F;ehr beru&#x0364;mte Hipote&#x017F;e beinahe eben den Felern,<lb/>
als die Grund&#x017F;a&#x0364;ure, unterworfen i&#x017F;t und von einerlei<lb/>
Gru&#x0364;nden umge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 29.<lb/>
Die Figur der Scheidelo&#x0364;cher (<hi rendition="#aq">pori</hi>).</head><lb/>
            <p>Es hat der beru&#x0364;mte Hipote&#x017F;enku&#x0364;n&#x017F;tler Renatus<lb/><hi rendition="#fr">Descartes</hi> den Ver&#x017F;uch gemacht, beinahe alle und jede<lb/>
Werke der Natur durch gewi&#x017F;&#x017F;e ausge&#x017F;onnene ko&#x0364;rperliche<lb/>
Figuren, die zu &#x017F;einen Ab&#x017F;ichten hinla&#x0364;nglich &#x017F;chienen,<lb/>
auszuku&#x0364;n&#x017F;teln und zu erkla&#x0364;ren <note place="foot" n="(z)">z. E. durch &#x017F;eine magneti-<lb/><cb/>
&#x017F;che Ausflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und Figurchen des<lb/>
er&#x017F;ten Elements.</note>. Er unternam al&#x017F;o<lb/>
ebenfalls, die Ab&#x017F;onderung der Sa&#x0364;fte in thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;r-<lb/>
pern von gewi&#x017F;&#x017F;en Figuren der Scheidemu&#x0364;ndungen her-<lb/>
zuleiten, welche ge&#x017F;chikkt &#x017F;eyn &#x017F;ollten, die Figuren der<lb/>
abzu&#x017F;ondernden Theilchen auszubilden. Ueberhaupt ver-<lb/>
glich der&#x017F;elbe al&#x017F;o die Ab&#x017F;ondrungswerkzeuge mit &#x017F;ieben<lb/>
von ver&#x017F;chiedentlich figurirten Lo&#x0364;chern. Er er&#x017F;ann &#x017F;ich<lb/>
hierna&#x0364;ch&#x017F;t im Blute ver&#x017F;chiedne Figuren fu&#x0364;r die Theilchen<lb/>
des Blutes. Man &#x017F;iehet al&#x017F;o leicht, daß Theilchen von<lb/>
jeglicher Figur, wie &#x017F;olche im Blute mit herum&#x017F;chwim-<lb/>
men, &#x017F;obald &#x017F;ie vermittel&#x017F;t des gewo&#x0364;nlichen Umlaufes bei<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihren</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[767/0787] der Verſchiedenheit der Saͤfte. mit einander die Oele zerſtoͤren, oder ſie wenigſtens auf das innigſte mit dem Waſſer vermiſchen. Es exiſtirt in der ganzen Natur keine einzige Saͤure, oder keine ein- zige Art von Salzen, welche ploͤzzlich aus Blute Harn machen, oder mit ſolcher Behendigkeit daraus abſondern koͤnnte, als im Menſchen abgeſondert wird. Es ha- ben naͤmlich alle Fermenten, um andren Koͤrpern ihre beſondre Natur mitteilen zu koͤnnen, ſowol Zeit, als Luft, nebſt weiten Gefaͤſſen und einer hoͤchſt langſamen Bewegung, oder voͤlliger Ruhe von noͤten (y). Jch habe dieſe Sachen etwas weitleuftig beruͤret, weil eine andre ſehr beruͤmte Hipoteſe beinahe eben den Felern, als die Grundſaͤure, unterworfen iſt und von einerlei Gruͤnden umgeſtoſſen wird. §. 29. Die Figur der Scheideloͤcher (pori). Es hat der beruͤmte Hipoteſenkuͤnſtler Renatus Descartes den Verſuch gemacht, beinahe alle und jede Werke der Natur durch gewiſſe ausgeſonnene koͤrperliche Figuren, die zu ſeinen Abſichten hinlaͤnglich ſchienen, auszukuͤnſteln und zu erklaͤren (z). Er unternam alſo ebenfalls, die Abſonderung der Saͤfte in thieriſchen Koͤr- pern von gewiſſen Figuren der Scheidemuͤndungen her- zuleiten, welche geſchikkt ſeyn ſollten, die Figuren der abzuſondernden Theilchen auszubilden. Ueberhaupt ver- glich derſelbe alſo die Abſondrungswerkzeuge mit ſieben von verſchiedentlich figurirten Loͤchern. Er erſann ſich hiernaͤchſt im Blute verſchiedne Figuren fuͤr die Theilchen des Blutes. Man ſiehet alſo leicht, daß Theilchen von jeglicher Figur, wie ſolche im Blute mit herumſchwim- men, ſobald ſie vermittelſt des gewoͤnlichen Umlaufes bei ihren (y) borellvſ de mot. animal. L. II. Propoſ. 136 137 u. f. (z) z. E. durch ſeine magneti- ſche Ausfluͤſſe und Figurchen des erſten Elements.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/787
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 767. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/787>, abgerufen am 21.12.2024.