Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebendes Buch. Die Absonderung.
oder wenigstens doch ein vorleuchtender Funke, der uns
zu Versuchen Licht gibt, mit gutem Nuzzen aus Hipote-
sen hervorgekeimt und heraufgeblizzt. Es ist war, ich
verspreche wenig Gründliches, weil ich gröstenteils meine
Absicht darauf richte, um nicht Sachen für Warheiten
anzupreisen, wenn sie blos Warscheinlichkeiten sind;
und ich sezze mich vor die Leser als ein Führer, der nicht
weit mit ihnen hin denkt; der aber doch auch so gewis-
senhaft ist, sie zu keinen Jrrwegen zu verleiten.

Jch sehe, daß man Nuzzen haben wird, wenn man
der Ordnung nachgeht, die sich erst mit Erzälung der
Klassen der Säfte, und ihrer verschiednen Natur und
Beschaffenheiten abgibt: hierauf können die Werkzeuge
folgen, in denen ein jeder dieser Säfte von dem Blute
abgeschieden wird. So wird man, wie ich hoffe, mit
derjenigen Ursache etwas näher bekannt werden, welche
macht, daß der bestimmte Saft, und kein anderer, vom
Blute ausgesondert und geschieden wird. Denn wenn
sich in einem körperlichen Theilchen von bestimmten
Baue, ein bestimmter Saft, einzig und allein, und
allemal erzeugt, so ist, bei mir wenigstens, die Vermu-
tung gros, daß in diesem Baue die ware Ursache von
der besondern Natur verborgen liege, die dem Safte
eigen ist, der an diesem Orte abgesondert wird. Jn der
That würde ich der Warheit näher kommen, wofern
dieser Bau gewisser und vollständiger bekannt wäre; doch
zur Zeit erinnert uns der eingeschränkte Endzwek, wie
weit wir noch von der Erkenntnis des Baues selbst ent-
fernt sind.

§. 2.
Die Einleitung der Lebenssäfte.

Es scheint mir zu sparsam geordnet zu seyn, wenn
zuerst Archibald Pitcarne (a) eine Einteilung vorgetra-

gen,
(a) De circulat. sanguin. per vas. min. n. 19.

Siebendes Buch. Die Abſonderung.
oder wenigſtens doch ein vorleuchtender Funke, der uns
zu Verſuchen Licht gibt, mit gutem Nuzzen aus Hipote-
ſen hervorgekeimt und heraufgeblizzt. Es iſt war, ich
verſpreche wenig Gruͤndliches, weil ich groͤſtenteils meine
Abſicht darauf richte, um nicht Sachen fuͤr Warheiten
anzupreiſen, wenn ſie blos Warſcheinlichkeiten ſind;
und ich ſezze mich vor die Leſer als ein Fuͤhrer, der nicht
weit mit ihnen hin denkt; der aber doch auch ſo gewiſ-
ſenhaft iſt, ſie zu keinen Jrrwegen zu verleiten.

Jch ſehe, daß man Nuzzen haben wird, wenn man
der Ordnung nachgeht, die ſich erſt mit Erzaͤlung der
Klaſſen der Saͤfte, und ihrer verſchiednen Natur und
Beſchaffenheiten abgibt: hierauf koͤnnen die Werkzeuge
folgen, in denen ein jeder dieſer Saͤfte von dem Blute
abgeſchieden wird. So wird man, wie ich hoffe, mit
derjenigen Urſache etwas naͤher bekannt werden, welche
macht, daß der beſtimmte Saft, und kein anderer, vom
Blute ausgeſondert und geſchieden wird. Denn wenn
ſich in einem koͤrperlichen Theilchen von beſtimmten
Baue, ein beſtimmter Saft, einzig und allein, und
allemal erzeugt, ſo iſt, bei mir wenigſtens, die Vermu-
tung gros, daß in dieſem Baue die ware Urſache von
der beſondern Natur verborgen liege, die dem Safte
eigen iſt, der an dieſem Orte abgeſondert wird. Jn der
That wuͤrde ich der Warheit naͤher kommen, wofern
dieſer Bau gewiſſer und vollſtaͤndiger bekannt waͤre; doch
zur Zeit erinnert uns der eingeſchraͤnkte Endzwek, wie
weit wir noch von der Erkenntnis des Baues ſelbſt ent-
fernt ſind.

§. 2.
Die Einleitung der Lebensſaͤfte.

Es ſcheint mir zu ſparſam geordnet zu ſeyn, wenn
zuerſt Archibald Pitcarne (a) eine Einteilung vorgetra-

gen,
(a) De circulat. ſanguin. per vaſ. min. n. 19.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0602" n="582"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebendes Buch. Die Ab&#x017F;onderung.</hi></fw><lb/>
oder wenig&#x017F;tens doch ein vorleuchtender Funke, der uns<lb/>
zu Ver&#x017F;uchen Licht gibt, mit gutem Nuzzen aus Hipote-<lb/>
&#x017F;en hervorgekeimt und heraufgeblizzt. Es i&#x017F;t war, ich<lb/>
ver&#x017F;preche wenig Gru&#x0364;ndliches, weil ich gro&#x0364;&#x017F;tenteils meine<lb/>
Ab&#x017F;icht darauf richte, um nicht Sachen fu&#x0364;r Warheiten<lb/>
anzuprei&#x017F;en, wenn &#x017F;ie blos War&#x017F;cheinlichkeiten &#x017F;ind;<lb/>
und ich &#x017F;ezze mich vor die Le&#x017F;er als ein Fu&#x0364;hrer, der nicht<lb/>
weit mit ihnen hin denkt; der aber doch auch &#x017F;o gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enhaft i&#x017F;t, &#x017F;ie zu keinen Jrrwegen zu verleiten.</p><lb/>
            <p>Jch &#x017F;ehe, daß man Nuzzen haben wird, wenn man<lb/>
der Ordnung nachgeht, die &#x017F;ich er&#x017F;t mit Erza&#x0364;lung der<lb/>
Kla&#x017F;&#x017F;en der Sa&#x0364;fte, und ihrer ver&#x017F;chiednen Natur und<lb/>
Be&#x017F;chaffenheiten abgibt: hierauf ko&#x0364;nnen die Werkzeuge<lb/>
folgen, in denen ein jeder die&#x017F;er Sa&#x0364;fte von dem Blute<lb/>
abge&#x017F;chieden wird. So wird man, wie ich hoffe, mit<lb/>
derjenigen Ur&#x017F;ache etwas na&#x0364;her bekannt werden, welche<lb/>
macht, daß der be&#x017F;timmte Saft, und kein anderer, vom<lb/>
Blute ausge&#x017F;ondert und ge&#x017F;chieden wird. Denn wenn<lb/>
&#x017F;ich in einem ko&#x0364;rperlichen Theilchen von be&#x017F;timmten<lb/>
Baue, ein be&#x017F;timmter Saft, einzig und allein, und<lb/>
allemal erzeugt, &#x017F;o i&#x017F;t, bei mir wenig&#x017F;tens, die Vermu-<lb/>
tung gros, daß in die&#x017F;em Baue die ware Ur&#x017F;ache von<lb/>
der be&#x017F;ondern Natur verborgen liege, die dem Safte<lb/>
eigen i&#x017F;t, der an die&#x017F;em Orte abge&#x017F;ondert wird. Jn der<lb/>
That wu&#x0364;rde ich der Warheit na&#x0364;her kommen, wofern<lb/>
die&#x017F;er Bau gewi&#x017F;&#x017F;er und voll&#x017F;ta&#x0364;ndiger bekannt wa&#x0364;re; doch<lb/>
zur Zeit erinnert uns der einge&#x017F;chra&#x0364;nkte Endzwek, wie<lb/>
weit wir noch von der Erkenntnis des Baues &#x017F;elb&#x017F;t ent-<lb/>
fernt &#x017F;ind.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 2.<lb/>
Die Einleitung der Lebens&#x017F;a&#x0364;fte.</head><lb/>
            <p>Es &#x017F;cheint mir zu &#x017F;par&#x017F;am geordnet zu &#x017F;eyn, wenn<lb/>
zuer&#x017F;t Archibald <hi rendition="#fr">Pitcarne</hi> <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">De circulat. &#x017F;anguin. per va&#x017F;. min. n.</hi> 19.</note> eine Einteilung vorgetra-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[582/0602] Siebendes Buch. Die Abſonderung. oder wenigſtens doch ein vorleuchtender Funke, der uns zu Verſuchen Licht gibt, mit gutem Nuzzen aus Hipote- ſen hervorgekeimt und heraufgeblizzt. Es iſt war, ich verſpreche wenig Gruͤndliches, weil ich groͤſtenteils meine Abſicht darauf richte, um nicht Sachen fuͤr Warheiten anzupreiſen, wenn ſie blos Warſcheinlichkeiten ſind; und ich ſezze mich vor die Leſer als ein Fuͤhrer, der nicht weit mit ihnen hin denkt; der aber doch auch ſo gewiſ- ſenhaft iſt, ſie zu keinen Jrrwegen zu verleiten. Jch ſehe, daß man Nuzzen haben wird, wenn man der Ordnung nachgeht, die ſich erſt mit Erzaͤlung der Klaſſen der Saͤfte, und ihrer verſchiednen Natur und Beſchaffenheiten abgibt: hierauf koͤnnen die Werkzeuge folgen, in denen ein jeder dieſer Saͤfte von dem Blute abgeſchieden wird. So wird man, wie ich hoffe, mit derjenigen Urſache etwas naͤher bekannt werden, welche macht, daß der beſtimmte Saft, und kein anderer, vom Blute ausgeſondert und geſchieden wird. Denn wenn ſich in einem koͤrperlichen Theilchen von beſtimmten Baue, ein beſtimmter Saft, einzig und allein, und allemal erzeugt, ſo iſt, bei mir wenigſtens, die Vermu- tung gros, daß in dieſem Baue die ware Urſache von der beſondern Natur verborgen liege, die dem Safte eigen iſt, der an dieſem Orte abgeſondert wird. Jn der That wuͤrde ich der Warheit naͤher kommen, wofern dieſer Bau gewiſſer und vollſtaͤndiger bekannt waͤre; doch zur Zeit erinnert uns der eingeſchraͤnkte Endzwek, wie weit wir noch von der Erkenntnis des Baues ſelbſt ent- fernt ſind. §. 2. Die Einleitung der Lebensſaͤfte. Es ſcheint mir zu ſparſam geordnet zu ſeyn, wenn zuerſt Archibald Pitcarne (a) eine Einteilung vorgetra- gen, (a) De circulat. ſanguin. per vaſ. min. n. 19.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/602
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/602>, abgerufen am 30.12.2024.