Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch. Der Lauf des Blutes
folglich um desto langsamer, je näher sie ihre Seiten zu-
sammenschlisset. Folglich wenn eine Schlagader sich,
vermöge einer beiden gemeinschaftlichen Wunde, in eine
Blutader öffnet, so wird dadurch die Schlagader selbst
weiter gemacht (u*). Jch habe diese Betrachtung hinzu
fügen wollen, da sie an sich ihren guten Grund hat, wo-
fern eine Schlagader kegelförmig gebaut und convergi-
rend ist. Es hat aber eine sorgfältige Zergliedrungs-
kunst in der That die Entdekkung gemacht, daß Schlag-
adern, Reihen von Cilindern sind, welche bei einem jeden
neuen Austritte der Aeste kleiner werden (u**).

§. 21.
4. Wegen der grössern Winkel.

Nunmehr gehen wir zu den Winkeln über, in denen
sich das Blut ebenfalls verspätet, und ein Theil von der-
jenigen Geschwindigkeit, mit der es anfangs aus dem
Herzen kam, verloren geht. Die vom Herzen mitge-
brachte Geschwindigkeit erhält sich noch am besten in dem-
jenigen Theile des Schlagaderbluts (x), welcher längst der
Aderachse fortrinnt, oder doch wenigstens mit der Achse
parallel flisset und auf welchen, die bewegende Kraft,
das ist, die Zusammenziehung der Herzwände, nach dem
Perpendikel wirkt. Es folgt also daraus, daß das Blut
desto mehr von seiner Geschwindigkeit einbüssen mus,
wenn es unter einem grössern, aus der Achse hervorstei-
genden Winkel, aus dem Stamme einer Schlagader
in die Aeste gefürt wird, das ist, das Flüßige wird aus
gleich breiten und schief aufgerichteten Röhren und aus
dem Stamme mit solchen Geschwindigkeiten heraus-
dringen, die sich wie die Perpendikels verhalten, womit
man die schiefe Röhrenerhöhungen messen kann (x*).

Man
(u*) [Spaltenumbruch] Obs. of a Societ. at Lon-
don T. I.
S. 340.
(u**) 2. Buch.
(x) [Spaltenumbruch] 6. Buch. 1 Abschn. §. 7.
(x*) sandris angef. Ort.

Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes
folglich um deſto langſamer, je naͤher ſie ihre Seiten zu-
ſammenſchliſſet. Folglich wenn eine Schlagader ſich,
vermoͤge einer beiden gemeinſchaftlichen Wunde, in eine
Blutader oͤffnet, ſo wird dadurch die Schlagader ſelbſt
weiter gemacht (u*). Jch habe dieſe Betrachtung hinzu
fuͤgen wollen, da ſie an ſich ihren guten Grund hat, wo-
fern eine Schlagader kegelfoͤrmig gebaut und convergi-
rend iſt. Es hat aber eine ſorgfaͤltige Zergliedrungs-
kunſt in der That die Entdekkung gemacht, daß Schlag-
adern, Reihen von Cilindern ſind, welche bei einem jeden
neuen Austritte der Aeſte kleiner werden (u**).

§. 21.
4. Wegen der groͤſſern Winkel.

Nunmehr gehen wir zu den Winkeln uͤber, in denen
ſich das Blut ebenfalls verſpaͤtet, und ein Theil von der-
jenigen Geſchwindigkeit, mit der es anfangs aus dem
Herzen kam, verloren geht. Die vom Herzen mitge-
brachte Geſchwindigkeit erhaͤlt ſich noch am beſten in dem-
jenigen Theile des Schlagaderbluts (x), welcher laͤngſt der
Aderachſe fortrinnt, oder doch wenigſtens mit der Achſe
parallel fliſſet und auf welchen, die bewegende Kraft,
das iſt, die Zuſammenziehung der Herzwaͤnde, nach dem
Perpendikel wirkt. Es folgt alſo daraus, daß das Blut
deſto mehr von ſeiner Geſchwindigkeit einbuͤſſen mus,
wenn es unter einem groͤſſern, aus der Achſe hervorſtei-
genden Winkel, aus dem Stamme einer Schlagader
in die Aeſte gefuͤrt wird, das iſt, das Fluͤßige wird aus
gleich breiten und ſchief aufgerichteten Roͤhren und aus
dem Stamme mit ſolchen Geſchwindigkeiten heraus-
dringen, die ſich wie die Perpendikels verhalten, womit
man die ſchiefe Roͤhrenerhoͤhungen meſſen kann (x*).

Man
(u*) [Spaltenumbruch] Obſ. of a Societ. at Lon-
don T. I.
S. 340.
(u**) 2. Buch.
(x) [Spaltenumbruch] 6. Buch. 1 Abſchn. §. 7.
(x*) ſandriſ angef. Ort.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0310" n="290"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch. Der Lauf des Blutes</hi></fw><lb/>
folglich um de&#x017F;to lang&#x017F;amer, je na&#x0364;her &#x017F;ie ihre Seiten zu-<lb/>
&#x017F;ammen&#x017F;chli&#x017F;&#x017F;et. Folglich wenn eine Schlagader &#x017F;ich,<lb/>
vermo&#x0364;ge einer beiden gemein&#x017F;chaftlichen Wunde, in eine<lb/>
Blutader o&#x0364;ffnet, &#x017F;o wird dadurch die Schlagader &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
weiter gemacht <note place="foot" n="(u*)"><cb/><hi rendition="#aq">Ob&#x017F;. of a Societ. at Lon-<lb/>
don T. I.</hi> S. 340.</note>. Jch habe die&#x017F;e Betrachtung hinzu<lb/>
fu&#x0364;gen wollen, da &#x017F;ie an &#x017F;ich ihren guten Grund hat, wo-<lb/>
fern eine Schlagader kegelfo&#x0364;rmig gebaut und convergi-<lb/>
rend i&#x017F;t. Es hat aber eine &#x017F;orgfa&#x0364;ltige Zergliedrungs-<lb/>
kun&#x017F;t in der That die Entdekkung gemacht, daß Schlag-<lb/>
adern, Reihen von Cilindern &#x017F;ind, welche bei einem jeden<lb/>
neuen Austritte der Ae&#x017F;te kleiner werden <note place="foot" n="(u**)">2. Buch.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 21.<lb/>
4. Wegen der gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Winkel.</head><lb/>
            <p>Nunmehr gehen wir zu den Winkeln u&#x0364;ber, in denen<lb/>
&#x017F;ich das Blut ebenfalls ver&#x017F;pa&#x0364;tet, und ein Theil von der-<lb/>
jenigen Ge&#x017F;chwindigkeit, mit der es anfangs aus dem<lb/>
Herzen kam, verloren geht. Die vom Herzen mitge-<lb/>
brachte Ge&#x017F;chwindigkeit erha&#x0364;lt &#x017F;ich noch am be&#x017F;ten in dem-<lb/>
jenigen Theile des Schlagaderbluts <note place="foot" n="(x)"><cb/>
6. Buch. 1 Ab&#x017F;chn. §. 7.</note>, welcher la&#x0364;ng&#x017F;t der<lb/>
Aderach&#x017F;e fortrinnt, oder doch wenig&#x017F;tens mit der Ach&#x017F;e<lb/>
parallel fli&#x017F;&#x017F;et und auf welchen, die bewegende Kraft,<lb/>
das i&#x017F;t, die Zu&#x017F;ammenziehung der Herzwa&#x0364;nde, nach dem<lb/>
Perpendikel wirkt. Es folgt al&#x017F;o daraus, daß das Blut<lb/>
de&#x017F;to mehr von &#x017F;einer Ge&#x017F;chwindigkeit einbu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en mus,<lb/>
wenn es unter einem gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern, aus der Ach&#x017F;e hervor&#x017F;tei-<lb/>
genden Winkel, aus dem Stamme einer Schlagader<lb/>
in die Ae&#x017F;te gefu&#x0364;rt wird, das i&#x017F;t, das Flu&#x0364;ßige wird aus<lb/>
gleich breiten und &#x017F;chief aufgerichteten Ro&#x0364;hren und aus<lb/>
dem Stamme mit &#x017F;olchen Ge&#x017F;chwindigkeiten heraus-<lb/>
dringen, die &#x017F;ich wie die Perpendikels verhalten, womit<lb/>
man die &#x017F;chiefe Ro&#x0364;hrenerho&#x0364;hungen me&#x017F;&#x017F;en kann <note place="foot" n="(x*)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">&#x017F;andri&#x017F;</hi></hi> angef. Ort.</note>.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0310] Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes folglich um deſto langſamer, je naͤher ſie ihre Seiten zu- ſammenſchliſſet. Folglich wenn eine Schlagader ſich, vermoͤge einer beiden gemeinſchaftlichen Wunde, in eine Blutader oͤffnet, ſo wird dadurch die Schlagader ſelbſt weiter gemacht (u*). Jch habe dieſe Betrachtung hinzu fuͤgen wollen, da ſie an ſich ihren guten Grund hat, wo- fern eine Schlagader kegelfoͤrmig gebaut und convergi- rend iſt. Es hat aber eine ſorgfaͤltige Zergliedrungs- kunſt in der That die Entdekkung gemacht, daß Schlag- adern, Reihen von Cilindern ſind, welche bei einem jeden neuen Austritte der Aeſte kleiner werden (u**). §. 21. 4. Wegen der groͤſſern Winkel. Nunmehr gehen wir zu den Winkeln uͤber, in denen ſich das Blut ebenfalls verſpaͤtet, und ein Theil von der- jenigen Geſchwindigkeit, mit der es anfangs aus dem Herzen kam, verloren geht. Die vom Herzen mitge- brachte Geſchwindigkeit erhaͤlt ſich noch am beſten in dem- jenigen Theile des Schlagaderbluts (x), welcher laͤngſt der Aderachſe fortrinnt, oder doch wenigſtens mit der Achſe parallel fliſſet und auf welchen, die bewegende Kraft, das iſt, die Zuſammenziehung der Herzwaͤnde, nach dem Perpendikel wirkt. Es folgt alſo daraus, daß das Blut deſto mehr von ſeiner Geſchwindigkeit einbuͤſſen mus, wenn es unter einem groͤſſern, aus der Achſe hervorſtei- genden Winkel, aus dem Stamme einer Schlagader in die Aeſte gefuͤrt wird, das iſt, das Fluͤßige wird aus gleich breiten und ſchief aufgerichteten Roͤhren und aus dem Stamme mit ſolchen Geſchwindigkeiten heraus- dringen, die ſich wie die Perpendikels verhalten, womit man die ſchiefe Roͤhrenerhoͤhungen meſſen kann (x*). Man (u*) Obſ. of a Societ. at Lon- don T. I. S. 340. (u**) 2. Buch. (x) 6. Buch. 1 Abſchn. §. 7. (x*) ſandriſ angef. Ort.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/310
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/310>, abgerufen am 20.11.2024.