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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Viertes Buch. Das Herz.
Menge andrer Fasern mit zerreissen sollte. Das Ver-
grösserungsglas zeiget dieses Gitterwerk überall am gan-
zen Herzen (l); an den Muskelschnüren (lacerti) aber, die
sich in der Höle derer Kammern befinden, ist es mit blos-
sen Augen schon deutlich genug zu sehen.

§. 20.
Es befinden sich keine gerade Fasern darunter.

Ferner ist auch, um der Sache näher zu kommen,
dieses gewiß, und durch Versuche bestätigt, daß es im
Herzen keine gerade Fasern giebt, die ihren Ursprung von
dem Herzgrunde bekämen, und bis zur Spizze in einer-
lei Richtung fortlaufen sollten. Andreas Vesalius ist
der erste, der dergleichen Fasern aus der Zergliederung
derer Thiere in die menschliche Körper versezzet hat, in-
dem er sich bei dem Eingeweide fast durchgehends nur der
Thiere bediente (m), weil er damals, da er sein grosses
Werk zu Ende bringen wollte, nicht genung menschliche
Körper bekommen konnte (n). Jn diesem Jrrthume be-
harreten nachhero theils diejenigen Zergliederer, welche
sich ebenfalls nur der Thiere bedienten (o), theils diejeni-
gen phisiologischen Schriftsteller (p), die ihre Sachen
mehr aus anatomischen Schriften, als aus der Natur
selbst hernahmen, von welchen der vormals berühmte

Ham-
(l) [Spaltenumbruch] Anton v. leevwenhoeck
Arc. nat. detect. Epist.
52. S. 412.
Der vortrefliche Senac T. I. S.
194. 106. G. W. mvys de fabr.
fibr. musc.
S. 367.
(m) Bei dem Auge, der Ge-
bärmutter, und dem Luftröhren-
kopfe.
(n) L. VI. S. 731.
(o) Lower bediente sich der
Ochsen und Schafe dazu, S. 16.
18. tab. 3. f. 2. Car. perravlt
Essays de Phys. T. III.
S. 227.
230. 232.
(p) [Spaltenumbruch] Car. steihanvs Anat. L. II.
c.
33. Hannibal Albertinus, der,
wie am Magen, dem Gedärme,
und der Harnblase, also auch zur
Erweiterung des Herzens gerade,
und zur Verkürzung desselben schie-
fe Linien erfordert, de cord. af-
fectionibus,
S. 57. I. Alph. bo-
rellvs
de motu animal. L. II.
Prop. 37. I. G. haymann Com-
ment. ad boerhaav. T. V.
S. 67.
S. schaarschmid Epist. ad Illust.
ellervm.

Viertes Buch. Das Herz.
Menge andrer Faſern mit zerreiſſen ſollte. Das Ver-
groͤſſerungsglas zeiget dieſes Gitterwerk uͤberall am gan-
zen Herzen (l); an den Muskelſchnuͤren (lacerti) aber, die
ſich in der Hoͤle derer Kammern befinden, iſt es mit bloſ-
ſen Augen ſchon deutlich genug zu ſehen.

§. 20.
Es befinden ſich keine gerade Faſern darunter.

Ferner iſt auch, um der Sache naͤher zu kommen,
dieſes gewiß, und durch Verſuche beſtaͤtigt, daß es im
Herzen keine gerade Faſern giebt, die ihren Urſprung von
dem Herzgrunde bekaͤmen, und bis zur Spizze in einer-
lei Richtung fortlaufen ſollten. Andreas Veſalius iſt
der erſte, der dergleichen Faſern aus der Zergliederung
derer Thiere in die menſchliche Koͤrper verſezzet hat, in-
dem er ſich bei dem Eingeweide faſt durchgehends nur der
Thiere bediente (m), weil er damals, da er ſein groſſes
Werk zu Ende bringen wollte, nicht genung menſchliche
Koͤrper bekommen konnte (n). Jn dieſem Jrrthume be-
harreten nachhero theils diejenigen Zergliederer, welche
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gen phiſiologiſchen Schriftſteller (p), die ihre Sachen
mehr aus anatomiſchen Schriften, als aus der Natur
ſelbſt hernahmen, von welchen der vormals beruͤhmte

Ham-
(l) [Spaltenumbruch] Anton v. leevwenhoeck
Arc. nat. detect. Epiſt.
52. S. 412.
Der vortrefliche Senac T. I. S.
194. 106. G. W. mvys de fabr.
fibr. muſc.
S. 367.
(m) Bei dem Auge, der Ge-
baͤrmutter, und dem Luftroͤhren-
kopfe.
(n) L. VI. S. 731.
(o) Lower bediente ſich der
Ochſen und Schafe dazu, S. 16.
18. tab. 3. f. 2. Car. perravlt
Eſſays de Phyſ. T. III.
S. 227.
230. 232.
(p) [Spaltenumbruch] Car. steihanvs Anat. L. II.
c.
33. Hannibal Albertinus, der,
wie am Magen, dem Gedaͤrme,
und der Harnblaſe, alſo auch zur
Erweiterung des Herzens gerade,
und zur Verkuͤrzung deſſelben ſchie-
fe Linien erfordert, de cord. af-
fectionibus,
S. 57. I. Alph. bo-
rellvs
de motu animal. L. II.
Prop. 37. I. G. haymann Com-
ment. ad boerhaav. T. V.
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[666/0722] Viertes Buch. Das Herz. Menge andrer Faſern mit zerreiſſen ſollte. Das Ver- groͤſſerungsglas zeiget dieſes Gitterwerk uͤberall am gan- zen Herzen (l); an den Muskelſchnuͤren (lacerti) aber, die ſich in der Hoͤle derer Kammern befinden, iſt es mit bloſ- ſen Augen ſchon deutlich genug zu ſehen. §. 20. Es befinden ſich keine gerade Faſern darunter. Ferner iſt auch, um der Sache naͤher zu kommen, dieſes gewiß, und durch Verſuche beſtaͤtigt, daß es im Herzen keine gerade Faſern giebt, die ihren Urſprung von dem Herzgrunde bekaͤmen, und bis zur Spizze in einer- lei Richtung fortlaufen ſollten. Andreas Veſalius iſt der erſte, der dergleichen Faſern aus der Zergliederung derer Thiere in die menſchliche Koͤrper verſezzet hat, in- dem er ſich bei dem Eingeweide faſt durchgehends nur der Thiere bediente (m), weil er damals, da er ſein groſſes Werk zu Ende bringen wollte, nicht genung menſchliche Koͤrper bekommen konnte (n). Jn dieſem Jrrthume be- harreten nachhero theils diejenigen Zergliederer, welche ſich ebenfalls nur der Thiere bedienten (o), theils diejeni- gen phiſiologiſchen Schriftſteller (p), die ihre Sachen mehr aus anatomiſchen Schriften, als aus der Natur ſelbſt hernahmen, von welchen der vormals beruͤhmte Ham- (l) Anton v. leevwenhoeck Arc. nat. detect. Epiſt. 52. S. 412. Der vortrefliche Senac T. I. S. 194. 106. G. W. mvys de fabr. fibr. muſc. S. 367. (m) Bei dem Auge, der Ge- baͤrmutter, und dem Luftroͤhren- kopfe. (n) L. VI. S. 731. (o) Lower bediente ſich der Ochſen und Schafe dazu, S. 16. 18. tab. 3. f. 2. Car. perravlt Eſſays de Phyſ. T. III. S. 227. 230. 232. (p) Car. steihanvs Anat. L. II. c. 33. Hannibal Albertinus, der, wie am Magen, dem Gedaͤrme, und der Harnblaſe, alſo auch zur Erweiterung des Herzens gerade, und zur Verkuͤrzung deſſelben ſchie- fe Linien erfordert, de cord. af- fectionibus, S. 57. I. Alph. bo- rellvs de motu animal. L. II. Prop. 37. I. G. haymann Com- ment. ad boerhaav. T. V. S. 67. S. schaarschmid Epiſt. ad Illuſt. ellervm.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/722>, abgerufen am 20.11.2024.