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Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

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Er versicherte, beim Bildhauer Althing gehört zu haben, daß nun auch Martha Ehlerdt keine Ruhe mehr in Hochlinden habe, sondern die Gräfin bitten würde, entweder selbst aufzubrechen und in die Residenz zurückzuziehen, oder sie aus einem ohne Verpflichtung eingegangenen Verhältniß zu entlassen. Denn sein Freund Wolny liebe Martha und würde diese gewiß ehelichen.

Dem hoch aufhorchenden Pfarrer, der die Verhältnisse kannte, war da Stoff zur Mittheilung in Hochlinden die Fülle gegeben. Da werde ich meine Feindin los! combinirte er mit Staunen und gab zugleich eine Probe seiner lauernd forschenden Schlußfolgerungen, wenn er dachte: Dieser interessante Mann scheint häufig bei den Althings zu sein! Ueber den Steckbrief von vor 25 oder wieviel Jahren, über den Streich, den man dem hinkenden Secretär des Fürsten gespielt, ob seine Forschungen zu einem Ergebniß geführt hätten oder nicht - er kannte das Alles - wagte er ihn nicht auszufragen.

Das Pikanteste, das dem Pfarrer bei Besuchen in Wirthschaften (er mußte doch diniren) und vom Rector Weigel und dessen Enthüllungen über die Serapionsbrüder zuflog, war das Vorhandensein einer ihm gradezu als Demi-Monde-Person bezeichneten natürlichen Tochter des verstorbenen Grafen Wilhelm. Dieselbe hätte, hieß

Er versicherte, beim Bildhauer Althing gehört zu haben, daß nun auch Martha Ehlerdt keine Ruhe mehr in Hochlinden habe, sondern die Gräfin bitten würde, entweder selbst aufzubrechen und in die Residenz zurückzuziehen, oder sie aus einem ohne Verpflichtung eingegangenen Verhältniß zu entlassen. Denn sein Freund Wolny liebe Martha und würde diese gewiß ehelichen.

Dem hoch aufhorchenden Pfarrer, der die Verhältnisse kannte, war da Stoff zur Mittheilung in Hochlinden die Fülle gegeben. Da werde ich meine Feindin los! combinirte er mit Staunen und gab zugleich eine Probe seiner lauernd forschenden Schlußfolgerungen, wenn er dachte: Dieser interessante Mann scheint häufig bei den Althings zu sein! Ueber den Steckbrief von vor 25 oder wieviel Jahren, über den Streich, den man dem hinkenden Secretär des Fürsten gespielt, ob seine Forschungen zu einem Ergebniß geführt hätten oder nicht – er kannte das Alles – wagte er ihn nicht auszufragen.

Das Pikanteste, das dem Pfarrer bei Besuchen in Wirthschaften (er mußte doch diniren) und vom Rector Weigel und dessen Enthüllungen über die Serapionsbrüder zuflog, war das Vorhandensein einer ihm gradezu als Demi-Monde-Person bezeichneten natürlichen Tochter des verstorbenen Grafen Wilhelm. Dieselbe hätte, hieß

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[93/0099] Er versicherte, beim Bildhauer Althing gehört zu haben, daß nun auch Martha Ehlerdt keine Ruhe mehr in Hochlinden habe, sondern die Gräfin bitten würde, entweder selbst aufzubrechen und in die Residenz zurückzuziehen, oder sie aus einem ohne Verpflichtung eingegangenen Verhältniß zu entlassen. Denn sein Freund Wolny liebe Martha und würde diese gewiß ehelichen. Dem hoch aufhorchenden Pfarrer, der die Verhältnisse kannte, war da Stoff zur Mittheilung in Hochlinden die Fülle gegeben. Da werde ich meine Feindin los! combinirte er mit Staunen und gab zugleich eine Probe seiner lauernd forschenden Schlußfolgerungen, wenn er dachte: Dieser interessante Mann scheint häufig bei den Althings zu sein! Ueber den Steckbrief von vor 25 oder wieviel Jahren, über den Streich, den man dem hinkenden Secretär des Fürsten gespielt, ob seine Forschungen zu einem Ergebniß geführt hätten oder nicht – er kannte das Alles – wagte er ihn nicht auszufragen. Das Pikanteste, das dem Pfarrer bei Besuchen in Wirthschaften (er mußte doch diniren) und vom Rector Weigel und dessen Enthüllungen über die Serapionsbrüder zuflog, war das Vorhandensein einer ihm gradezu als Demi-Monde-Person bezeichneten natürlichen Tochter des verstorbenen Grafen Wilhelm. Dieselbe hätte, hieß

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/99>, abgerufen am 26.04.2024.