Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Drittes Kapitel. Der Winter war stürmisch und rauh genug gewesen. Oft hatten sich die Serapionsbrüder zahlreich versammelt gesehen. In der That, der Montag durfte für diesen Kreis ohne Zeitungen bleiben. Denn immer gab es da etwas Neues, wenn auch die Bemerkung des einzigen jüdischen Mitgliedes, des Herrn Ascher Ascherson: "Die Zeitungen bringen in ihren telegraphischen Depeschen mit fetten Lettern oft sehr magere Nachrichten!" auf manche Thatsache paßte, die nicht sensationell war. Alles Theatralische aus dem Kunstleben der Stadt war Manchem willkommener als Mittheilungen aus Blaubüchern, Broschüren, Parlamentsreden, wenn sich auch der Reiz des Einblicks in die Coulissenwelt gegen frühere Zeiten durch den zu allgemein ersichtlichen Erwerbssinn der modernen Muse bedeutend abgestumpft hat. Es war an einem schönen Frühlingsmontage. Der Wirth hatte die Aufmerksamkeit gehabt, dem Cigarrendampf einige Blumenstöcke auszusetzen, die auf dem Drittes Kapitel. Der Winter war stürmisch und rauh genug gewesen. Oft hatten sich die Serapionsbrüder zahlreich versammelt gesehen. In der That, der Montag durfte für diesen Kreis ohne Zeitungen bleiben. Denn immer gab es da etwas Neues, wenn auch die Bemerkung des einzigen jüdischen Mitgliedes, des Herrn Ascher Ascherson: „Die Zeitungen bringen in ihren telegraphischen Depeschen mit fetten Lettern oft sehr magere Nachrichten!“ auf manche Thatsache paßte, die nicht sensationell war. Alles Theatralische aus dem Kunstleben der Stadt war Manchem willkommener als Mittheilungen aus Blaubüchern, Broschüren, Parlamentsreden, wenn sich auch der Reiz des Einblicks in die Coulissenwelt gegen frühere Zeiten durch den zu allgemein ersichtlichen Erwerbssinn der modernen Muse bedeutend abgestumpft hat. Es war an einem schönen Frühlingsmontage. Der Wirth hatte die Aufmerksamkeit gehabt, dem Cigarrendampf einige Blumenstöcke auszusetzen, die auf dem <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0049" n="43"/> <div n="1"> <head>Drittes Kapitel.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>er Winter war stürmisch und rauh genug gewesen. Oft hatten sich die Serapionsbrüder zahlreich versammelt gesehen. In der That, der Montag durfte für diesen Kreis ohne Zeitungen bleiben. Denn immer gab es da etwas Neues, wenn auch die Bemerkung des einzigen jüdischen Mitgliedes, des Herrn Ascher Ascherson: „Die Zeitungen bringen <ref xml:id="TEXTinihrenBISLettern" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLinihrenBISLettern">in ihren telegraphischen Depeschen mit fetten Lettern</ref> oft sehr magere Nachrichten!“ auf manche Thatsache paßte, die nicht sensationell war. Alles Theatralische aus dem Kunstleben der Stadt war Manchem willkommener als Mittheilungen aus <ref xml:id="TEXTBlaubuechern" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLBlaubuechern">Blaubüchern</ref>, Broschüren, Parlamentsreden, wenn sich auch der Reiz des Einblicks in die Coulissenwelt gegen frühere Zeiten durch den zu allgemein ersichtlichen Erwerbssinn der modernen Muse bedeutend abgestumpft hat.</p> <p>Es war an einem schönen Frühlingsmontage. Der Wirth hatte die Aufmerksamkeit gehabt, dem Cigarrendampf einige Blumenstöcke auszusetzen, die auf dem </p> </div> </body> </text> </TEI> [43/0049]
Drittes Kapitel.
Der Winter war stürmisch und rauh genug gewesen. Oft hatten sich die Serapionsbrüder zahlreich versammelt gesehen. In der That, der Montag durfte für diesen Kreis ohne Zeitungen bleiben. Denn immer gab es da etwas Neues, wenn auch die Bemerkung des einzigen jüdischen Mitgliedes, des Herrn Ascher Ascherson: „Die Zeitungen bringen in ihren telegraphischen Depeschen mit fetten Lettern oft sehr magere Nachrichten!“ auf manche Thatsache paßte, die nicht sensationell war. Alles Theatralische aus dem Kunstleben der Stadt war Manchem willkommener als Mittheilungen aus Blaubüchern, Broschüren, Parlamentsreden, wenn sich auch der Reiz des Einblicks in die Coulissenwelt gegen frühere Zeiten durch den zu allgemein ersichtlichen Erwerbssinn der modernen Muse bedeutend abgestumpft hat.
Es war an einem schönen Frühlingsmontage. Der Wirth hatte die Aufmerksamkeit gehabt, dem Cigarrendampf einige Blumenstöcke auszusetzen, die auf dem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/49 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/49>, abgerufen am 22.02.2025. |