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Proben neuer Dramen. II: Patkul. Politisches Trauerspiel in 5 Aufzügen von Karl Gutzkow. In: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, I. Semester, S. 97-106.

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wissen, wie ich wiedererobern kann, was ich jetzt verloren geben muß. Liefland--"
Einsiedel. Patkul, gieb den Brief! Du hast nicht nöthig, das Opfer Deines
Freimuths zu werden.
Patkul (fährt begeistert fort): "Liefland hat meinen Schwur, daß ich mein Leben
daran setze, es aus dem Joche der Schweden zu befreien. Lassen Sie uns Beide Hand
in Hand gehen.
Friedrich August,
für jetzt besiegt, doch nicht ohne Hoffnung."

(Besinnt sich eine Weile starr, faßt dann einen Entschluß und will seinen Hut nehmen).
Einsiedel. Patkul, Du willst es wagen?
Patkul. Ich will. Liefland ließ mich im Kerker geboren werden; Ketten um
Liefland; Liefland führte mich auf die Leiter zum Hochgericht.
Einsiedel. Patkul, ich beschwöre Dich.
Patkul. Liefland! Ein grüner kleiner Fleck da am Busen der Ostsee! Klagend
bricht sich dort die Welle an der Düne. Wer kennt das Land! Die Birken, seine
Linden duften nur sich selber! -- Aber in dieses bunte russische Kleid will ich
nicht vergebens gekommen seyn. Auf mich fiel einst die Wahl meines Volkes.
Hunderttausende hoffen auf mich gegen Schweden und singen mir ins Ohr das
alte Lettenlied:

Die Birke weint aus ihrer Rinde,
Der Waidelotte spricht:
Hat denn Perkunos Sturm und Winde
Und seinen Donner nicht?
Einsiedel. Du schwärmst, Reinhold!
Patkul. Für die Freiheit schwärmen, heißt an den Himmel glauben. Für
die Freiheit träumen, heißt wachen für die Ewigkeit. Liefland ist die Loosung!
-- -- Ich schreibe -- das Memoire! (Ab.)
Vorhang fällt.


Zweiter Aufzug.
Erste und zweite Scene.


Saal im Schloße zu Pillnitz. Flemming, Pfingsten und später
Imhof in lebhafter Unterredung. Das Memoire, welches Patkul dem
Churfürsten übergeben, hat den langgetragenen Neid des intriganten
Ministers Flemming noch stärker angefacht. Patkuls Verderben wird
beschlossen. Aber wie? Die Friedensvorschläge welche den Schweden
gemacht werden, sind von Flemming bereits unterzeichnet und erwarten
nur noch die Ratificaton des Churfürsten. Einige Blätter des Traktats

wissen, wie ich wiedererobern kann, was ich jetzt verloren geben muß. Liefland—“
Einsiedel. Patkul, gieb den Brief! Du hast nicht nöthig, das Opfer Deines
Freimuths zu werden.
Patkul (fährt begeistert fort): „Liefland hat meinen Schwur, daß ich mein Leben
daran setze, es aus dem Joche der Schweden zu befreien. Lassen Sie uns Beide Hand
in Hand gehen.
Friedrich August,
für jetzt besiegt, doch nicht ohne Hoffnung.“

(Besinnt sich eine Weile starr, faßt dann einen Entschluß und will seinen Hut nehmen).
Einsiedel. Patkul, Du willst es wagen?
Patkul. Ich will. Liefland ließ mich im Kerker geboren werden; Ketten um
Liefland; Liefland führte mich auf die Leiter zum Hochgericht.
Einsiedel. Patkul, ich beschwöre Dich.
Patkul. Liefland! Ein grüner kleiner Fleck da am Busen der Ostsee! Klagend
bricht sich dort die Welle an der Düne. Wer kennt das Land! Die Birken, seine
Linden duften nur sich selber! — Aber in dieses bunte russische Kleid will ich
nicht vergebens gekommen seyn. Auf mich fiel einst die Wahl meines Volkes.
Hunderttausende hoffen auf mich gegen Schweden und singen mir ins Ohr das
alte Lettenlied:

Die Birke weint aus ihrer Rinde,
Der Waidelotte spricht:
Hat denn Perkunos Sturm und Winde
Und seinen Donner nicht?
Einsiedel. Du schwärmst, Reinhold!
Patkul. Für die Freiheit schwärmen, heißt an den Himmel glauben. Für
die Freiheit träumen, heißt wachen für die Ewigkeit. Liefland ist die Loosung!
— — Ich schreibe — das Memoire! (Ab.)
Vorhang fällt.


Zweiter Aufzug.
Erste und zweite Scene.


Saal im Schloße zu Pillnitz. Flemming, Pfingsten und später
Imhof in lebhafter Unterredung. Das Memoire, welches Patkul dem
Churfürsten übergeben, hat den langgetragenen Neid des intriganten
Ministers Flemming noch stärker angefacht. Patkuls Verderben wird
beschlossen. Aber wie? Die Friedensvorschläge welche den Schweden
gemacht werden, sind von Flemming bereits unterzeichnet und erwarten
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[101/0005] wissen, wie ich wiedererobern kann, was ich jetzt verloren geben muß. Liefland—“ Einsiedel. Patkul, gieb den Brief! Du hast nicht nöthig, das Opfer Deines Freimuths zu werden. Patkul (fährt begeistert fort): „Liefland hat meinen Schwur, daß ich mein Leben daran setze, es aus dem Joche der Schweden zu befreien. Lassen Sie uns Beide Hand in Hand gehen. Friedrich August, für jetzt besiegt, doch nicht ohne Hoffnung.“ (Besinnt sich eine Weile starr, faßt dann einen Entschluß und will seinen Hut nehmen). Einsiedel. Patkul, Du willst es wagen? Patkul. Ich will. Liefland ließ mich im Kerker geboren werden; Ketten um Liefland; Liefland führte mich auf die Leiter zum Hochgericht. Einsiedel. Patkul, ich beschwöre Dich. Patkul. Liefland! Ein grüner kleiner Fleck da am Busen der Ostsee! Klagend bricht sich dort die Welle an der Düne. Wer kennt das Land! Die Birken, seine Linden duften nur sich selber! — Aber in dieses bunte russische Kleid will ich nicht vergebens gekommen seyn. Auf mich fiel einst die Wahl meines Volkes. Hunderttausende hoffen auf mich gegen Schweden und singen mir ins Ohr das alte Lettenlied: Die Birke weint aus ihrer Rinde, Der Waidelotte spricht: Hat denn Perkunos Sturm und Winde Und seinen Donner nicht? Einsiedel. Du schwärmst, Reinhold! Patkul. Für die Freiheit schwärmen, heißt an den Himmel glauben. Für die Freiheit träumen, heißt wachen für die Ewigkeit. Liefland ist die Loosung! — — Ich schreibe — das Memoire! (Ab.) Vorhang fällt. Zweiter Aufzug. Erste und zweite Scene. Saal im Schloße zu Pillnitz. Flemming, Pfingsten und später Imhof in lebhafter Unterredung. Das Memoire, welches Patkul dem Churfürsten übergeben, hat den langgetragenen Neid des intriganten Ministers Flemming noch stärker angefacht. Patkuls Verderben wird beschlossen. Aber wie? Die Friedensvorschläge welche den Schweden gemacht werden, sind von Flemming bereits unterzeichnet und erwarten nur noch die Ratificaton des Churfürsten. Einige Blätter des Traktats

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Zitationshilfe: Proben neuer Dramen. II: Patkul. Politisches Trauerspiel in 5 Aufzügen von Karl Gutzkow. In: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, I. Semester, S. 97-106, hier S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_patkul_1842/5>, abgerufen am 16.11.2024.