Man wähle, nach Anhang I. 4. einen Anführer oder Richter des Spiels. Dieser lässt aus einem Spiele Karten, -- wovon jedes Blatt die Benen- nung einer Leidenschaft oder Gemüthsbewegung trägt, indem man eins der Worte Freude, Furcht, Sehnsucht, Zorn, Neid, Andacht, Scham, Er- staunen, Misstrauen u. s. w. darauf geschrieben hat -- von jeder Person ungesehen ein Blatt zie- hen. Ist die Ziehung durch den ganzen Halb- kreis der Gesellschaft geschehen: so ist nun der- jenige, welcher zuerst zog, verbunden, die auf seinem Blatte bemerkte Leidenschaft oder Ge- müthsbewegung pantomimisch darzustellen. Er- räth sie die Gesellschaft, so folgt der Nachbar in eben dem Geschäfte nach; erräth sie aber die Gesellschaft nicht, so giebt er ein Pfand und muss so lange ein neues Blatt ziehen und dar- stellen, bis ihm bey einem die richtige Darstel- lung glückt, dann entlässt ihn der Spielrichter, nachdem er so viel Pfänder als verfehlte Karten von ihm erhalten hat, und geht zum Nachbar.
So ist die Form des Spiels in den Libationen angegeben; Mir scheint sie auffolgende Art einer Verbesserung fähig. Jeder, der so eben im Be- griffe ist, ein Blatt mimisch darzustellen, zeigt seine Karte dem Spielrichter, welcher dann nach
92. Die Mimik
Man wähle, nach Anhang I. 4. einen Anführer oder Richter des Spiels. Dieſer läſst aus einem Spiele Karten, — wovon jedes Blatt die Benen- nung einer Leidenſchaft oder Gemüthsbewegung trägt, indem man eins der Worte Freude, Furcht, Sehnſucht, Zorn, Neid, Andacht, Scham, Er- ſtaunen, Miſstrauen u. ſ. w. darauf geſchrieben hat — von jeder Perſon ungeſehen ein Blatt zie- hen. Iſt die Ziehung durch den ganzen Halb- kreis der Geſellſchaft geſchehen: ſo iſt nun der- jenige, welcher zuerſt zog, verbunden, die auf ſeinem Blatte bemerkte Leidenſchaft oder Ge- müthsbewegung pantomimiſch darzuſtellen. Er- räth ſie die Geſellſchaft, ſo folgt der Nachbar in eben dem Geſchäfte nach; erräth ſie aber die Geſellſchaft nicht, ſo giebt er ein Pfand und muſs ſo lange ein neues Blatt ziehen und dar- ſtellen, bis ihm bey einem die richtige Darſtel- lung glückt, dann entläſst ihn der Spielrichter, nachdem er ſo viel Pfänder als verfehlte Karten von ihm erhalten hat, und geht zum Nachbar.
So iſt die Form des Spiels in den Libationen angegeben; Mir ſcheint ſie auffolgende Art einer Verbeſſerung fähig. Jeder, der ſo eben im Be- griffe iſt, ein Blatt mimiſch darzuſtellen, zeigt ſeine Karte dem Spielrichter, welcher dann nach
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0413"n="381"/><divn="4"><head>92. Die Mimik</head><lb/><p><hirendition="#in">M</hi>an wähle, nach Anhang I. 4. einen Anführer<lb/>
oder Richter des Spiels. Dieſer läſst aus einem<lb/>
Spiele Karten, — wovon jedes Blatt die Benen-<lb/>
nung einer <hirendition="#i">Leidenſchaft</hi> oder <hirendition="#i">Gemüthsbewegung</hi><lb/>
trägt, indem man eins der Worte Freude, Furcht,<lb/>
Sehnſucht, Zorn, Neid, Andacht, Scham, Er-<lb/>ſtaunen, Miſstrauen u. ſ. w. darauf geſchrieben<lb/>
hat — von jeder Perſon ungeſehen ein Blatt zie-<lb/>
hen. Iſt die Ziehung durch den ganzen Halb-<lb/>
kreis der Geſellſchaft geſchehen: ſo iſt nun der-<lb/>
jenige, welcher zuerſt zog, verbunden, die auf<lb/>ſeinem Blatte bemerkte Leidenſchaft oder Ge-<lb/>
müthsbewegung pantomimiſch darzuſtellen. Er-<lb/>
räth ſie die Geſellſchaft, ſo folgt der Nachbar in<lb/>
eben dem Geſchäfte nach; erräth ſie aber die<lb/>
Geſellſchaft nicht, ſo giebt er ein Pfand und<lb/>
muſs ſo lange ein neues Blatt ziehen und dar-<lb/>ſtellen, bis ihm bey einem die richtige Darſtel-<lb/>
lung glückt, dann entläſst ihn der Spielrichter,<lb/>
nachdem er ſo viel Pfänder als verfehlte Karten<lb/>
von ihm erhalten hat, und geht zum Nachbar.</p><lb/><p>So iſt die Form des Spiels in den Libationen<lb/>
angegeben; Mir ſcheint ſie auffolgende Art einer<lb/>
Verbeſſerung fähig. Jeder, der ſo eben im Be-<lb/>
griffe iſt, ein Blatt mimiſch darzuſtellen, zeigt<lb/>ſeine Karte dem Spielrichter, welcher dann nach<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[381/0413]
92. Die Mimik
Man wähle, nach Anhang I. 4. einen Anführer
oder Richter des Spiels. Dieſer läſst aus einem
Spiele Karten, — wovon jedes Blatt die Benen-
nung einer Leidenſchaft oder Gemüthsbewegung
trägt, indem man eins der Worte Freude, Furcht,
Sehnſucht, Zorn, Neid, Andacht, Scham, Er-
ſtaunen, Miſstrauen u. ſ. w. darauf geſchrieben
hat — von jeder Perſon ungeſehen ein Blatt zie-
hen. Iſt die Ziehung durch den ganzen Halb-
kreis der Geſellſchaft geſchehen: ſo iſt nun der-
jenige, welcher zuerſt zog, verbunden, die auf
ſeinem Blatte bemerkte Leidenſchaft oder Ge-
müthsbewegung pantomimiſch darzuſtellen. Er-
räth ſie die Geſellſchaft, ſo folgt der Nachbar in
eben dem Geſchäfte nach; erräth ſie aber die
Geſellſchaft nicht, ſo giebt er ein Pfand und
muſs ſo lange ein neues Blatt ziehen und dar-
ſtellen, bis ihm bey einem die richtige Darſtel-
lung glückt, dann entläſst ihn der Spielrichter,
nachdem er ſo viel Pfänder als verfehlte Karten
von ihm erhalten hat, und geht zum Nachbar.
So iſt die Form des Spiels in den Libationen
angegeben; Mir ſcheint ſie auffolgende Art einer
Verbeſſerung fähig. Jeder, der ſo eben im Be-
griffe iſt, ein Blatt mimiſch darzuſtellen, zeigt
ſeine Karte dem Spielrichter, welcher dann nach
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/413>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.