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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von den Landesgrenzen.
heit der darüber errichteten Verträge nothwendig veran-
lassen müssen, entstehen oft die heftigsten Streitigkeiten
unter den Nazionen, die, wenn sie in Güte nicht ver-
glichen werden können, zuweilen in Thätlichkeiten und
wohl gar am Ende in Krieg ausschlagen, wie dies
1555. wegen der Finnischen Grenzen zwischen Rußland
und Schweden, 1756. wegen der Grenzen Akadiens
zwischen Grosbritannien und Frankreich und 1776.
zwischen Spanien und Portugal wegen der Grenzirrun-
gen in Brasilien der Fall war.

§. 9.
Grenzcommissionen.

Die gütliche Beilegung der Grenzirrungen, sie
mögen bey alten Besitzungen oder neuabgetretenen Lan-
den sich hervorthun, geschieht gemeiniglich durch Er-
nennung gewisser Personen von beiden Theilen, welche
man Grenzcommissarien nennt a]. Diese pflegen ge-
meinschaftlich durch Beaugenscheinigung an Ort und
Stelle b] die erfoderlichen Untersuchungen der streitigen
Gegend sowohl, als der beiderseitigen Gründe vorzu-
nehmen, auch wohl, bis auf höhere Genehmigung sich
eines gewissen zu vergleichen, dem gemäs der Grenzzug
und die Bezeichnung entweder sogleich, oder in der
Folge bewerkstelliget wird c]. Es hängt von iedem
Volks Wilkühr ab, welcher Personen, wenn sie nur
sachkundige Männer sind, er sich hierzu bedienen will,
wenn nicht darüber etwas bereits festgesetzt ist d].

a] Dergleichen Vereinigungen zu Absendung gewisser Grenz-
commissionen kommen so häufig vor, daß ich nur einige,
die ich zuerst auffinde, anführen will. Im Wiener
Frieden zwischen dem Kaiser und Frankreich von 1735.
Art. 7. wurde beliebt: Il sera nomme des Commis-
M 5

Von den Landesgrenzen.
heit der daruͤber errichteten Vertraͤge nothwendig veran-
laſſen muͤſſen, entſtehen oft die heftigſten Streitigkeiten
unter den Nazionen, die, wenn ſie in Guͤte nicht ver-
glichen werden koͤnnen, zuweilen in Thaͤtlichkeiten und
wohl gar am Ende in Krieg ausſchlagen, wie dies
1555. wegen der Finniſchen Grenzen zwiſchen Rußland
und Schweden, 1756. wegen der Grenzen Akadiens
zwiſchen Grosbritannien und Frankreich und 1776.
zwiſchen Spanien und Portugal wegen der Grenzirrun-
gen in Braſilien der Fall war.

§. 9.
Grenzcommiſſionen.

Die guͤtliche Beilegung der Grenzirrungen, ſie
moͤgen bey alten Beſitzungen oder neuabgetretenen Lan-
den ſich hervorthun, geſchieht gemeiniglich durch Er-
nennung gewiſſer Perſonen von beiden Theilen, welche
man Grenzcommiſſarien nennt a]. Dieſe pflegen ge-
meinſchaftlich durch Beaugenſcheinigung an Ort und
Stelle b] die erfoderlichen Unterſuchungen der ſtreitigen
Gegend ſowohl, als der beiderſeitigen Gruͤnde vorzu-
nehmen, auch wohl, bis auf hoͤhere Genehmigung ſich
eines gewiſſen zu vergleichen, dem gemaͤs der Grenzzug
und die Bezeichnung entweder ſogleich, oder in der
Folge bewerkſtelliget wird c]. Es haͤngt von iedem
Volks Wilkuͤhr ab, welcher Perſonen, wenn ſie nur
ſachkundige Maͤnner ſind, er ſich hierzu bedienen will,
wenn nicht daruͤber etwas bereits feſtgeſetzt iſt d].

a] Dergleichen Vereinigungen zu Abſendung gewiſſer Grenz-
commiſſionen kommen ſo haͤufig vor, daß ich nur einige,
die ich zuerſt auffinde, anfuͤhren will. Im Wiener
Frieden zwiſchen dem Kaiſer und Frankreich von 1735.
Art. 7. wurde beliebt: Il ſera nommé des Commiſ-
M 5
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[185/0199] Von den Landesgrenzen. heit der daruͤber errichteten Vertraͤge nothwendig veran- laſſen muͤſſen, entſtehen oft die heftigſten Streitigkeiten unter den Nazionen, die, wenn ſie in Guͤte nicht ver- glichen werden koͤnnen, zuweilen in Thaͤtlichkeiten und wohl gar am Ende in Krieg ausſchlagen, wie dies 1555. wegen der Finniſchen Grenzen zwiſchen Rußland und Schweden, 1756. wegen der Grenzen Akadiens zwiſchen Grosbritannien und Frankreich und 1776. zwiſchen Spanien und Portugal wegen der Grenzirrun- gen in Braſilien der Fall war. §. 9. Grenzcommiſſionen. Die guͤtliche Beilegung der Grenzirrungen, ſie moͤgen bey alten Beſitzungen oder neuabgetretenen Lan- den ſich hervorthun, geſchieht gemeiniglich durch Er- nennung gewiſſer Perſonen von beiden Theilen, welche man Grenzcommiſſarien nennt a]. Dieſe pflegen ge- meinſchaftlich durch Beaugenſcheinigung an Ort und Stelle b] die erfoderlichen Unterſuchungen der ſtreitigen Gegend ſowohl, als der beiderſeitigen Gruͤnde vorzu- nehmen, auch wohl, bis auf hoͤhere Genehmigung ſich eines gewiſſen zu vergleichen, dem gemaͤs der Grenzzug und die Bezeichnung entweder ſogleich, oder in der Folge bewerkſtelliget wird c]. Es haͤngt von iedem Volks Wilkuͤhr ab, welcher Perſonen, wenn ſie nur ſachkundige Maͤnner ſind, er ſich hierzu bedienen will, wenn nicht daruͤber etwas bereits feſtgeſetzt iſt d]. a] Dergleichen Vereinigungen zu Abſendung gewiſſer Grenz- commiſſionen kommen ſo haͤufig vor, daß ich nur einige, die ich zuerſt auffinde, anfuͤhren will. Im Wiener Frieden zwiſchen dem Kaiſer und Frankreich von 1735. Art. 7. wurde beliebt: Il ſera nommé des Commiſ- ſaires M 5

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/199>, abgerufen am 21.11.2024.