§. 24. Gleichgewicht der Schiffahrt und Hand- lung.
Die Vorzüge, welche Grosbritannien in Ansehung der Schiffahrt und Handlung vor andern Nazionen zu erwerben gewust hat, haben schon längst deren Eifersucht erregt. Besonders aber ist von Seiten Frankreichs, so- wohl in Staatsverhandlungen a] als von französischen Privatschriftstellern b] öfters die Nothwendigkeit eines Gleichgewichts der Macht zur See einleuchtend zu ma- chen gesucht worden, weil alle handelnde Nazionen die grosbritannische Macht zur See zu fürchten hätten, in- dem dieser Staat von ieher eine unumschränkte Herschaft zur See an sich zu reissen und den Handel aller übrigen Nazionen zu verschlingen trachte. Da aber, wie unten gezeigt werden wird, die Erweiterung der Herschaft zur See nicht so leicht wie die zu Lande geschehen kan, die innern Vergrößerungen der Macht durch Handlung und andere gute Anstalten, insofern dadurch den Gerechtsa- men anderer nicht zu nahe getreten wird, das Gleichge- wicht auch nicht aufheben, [§. 6.] ob sie gleich keinen geringen Einflus darauf haben c], so kann man das Gleichgewicht der Schiffahrt und Handlung mit Recht eine ungereimte Chimäre nennen d], dessen Noth- wendigkeit und Bewürkung der Neid gegen die überwie- gende brittische Handlung und Schiffahrt den übrigen europäischen Nazionen vorgepredigt und empfohlen hat e].
Auch von einem Gleichgewicht auf dem baltischen Meere insbesondere, dessen Erhaltung Dänemark sich angelegen seyn lasse, ist schon die Rede gewesen f].
a] Bey Gelegenheit des Krieges zwischen Spanien und Gros- britannien äusserte Frankreich 1742. L' escadre que le roi avoit envoyee, ne commit aucune hostilite contre
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und deren Gleichgewicht.
§. 24. Gleichgewicht der Schiffahrt und Hand- lung.
Die Vorzuͤge, welche Grosbritannien in Anſehung der Schiffahrt und Handlung vor andern Nazionen zu erwerben gewuſt hat, haben ſchon laͤngſt deren Eiferſucht erregt. Beſonders aber iſt von Seiten Frankreichs, ſo- wohl in Staatsverhandlungen a] als von franzoͤſiſchen Privatſchriftſtellern b] oͤfters die Nothwendigkeit eines Gleichgewichts der Macht zur See einleuchtend zu ma- chen geſucht worden, weil alle handelnde Nazionen die grosbritanniſche Macht zur See zu fuͤrchten haͤtten, in- dem dieſer Staat von ieher eine unumſchraͤnkte Herſchaft zur See an ſich zu reiſſen und den Handel aller uͤbrigen Nazionen zu verſchlingen trachte. Da aber, wie unten gezeigt werden wird, die Erweiterung der Herſchaft zur See nicht ſo leicht wie die zu Lande geſchehen kan, die innern Vergroͤßerungen der Macht durch Handlung und andere gute Anſtalten, inſofern dadurch den Gerechtſa- men anderer nicht zu nahe getreten wird, das Gleichge- wicht auch nicht aufheben, [§. 6.] ob ſie gleich keinen geringen Einflus darauf haben c], ſo kann man das Gleichgewicht der Schiffahrt und Handlung mit Recht eine ungereimte Chimaͤre nennen d], deſſen Noth- wendigkeit und Bewuͤrkung der Neid gegen die uͤberwie- gende brittiſche Handlung und Schiffahrt den uͤbrigen europaͤiſchen Nazionen vorgepredigt und empfohlen hat e].
Auch von einem Gleichgewicht auf dem baltiſchen Meere insbeſondere, deſſen Erhaltung Daͤnemark ſich angelegen ſeyn laſſe, iſt ſchon die Rede geweſen f].
a] Bey Gelegenheit des Krieges zwiſchen Spanien und Gros- britannien aͤuſſerte Frankreich 1742. L’ eſcadre que le roi avoit envoyée, ne commit aucune hoſtilité contre
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und deren Gleichgewicht.
§. 24.
Gleichgewicht der Schiffahrt und Hand-
lung.
Die Vorzuͤge, welche Grosbritannien in Anſehung
der Schiffahrt und Handlung vor andern Nazionen zu
erwerben gewuſt hat, haben ſchon laͤngſt deren Eiferſucht
erregt. Beſonders aber iſt von Seiten Frankreichs, ſo-
wohl in Staatsverhandlungen a] als von franzoͤſiſchen
Privatſchriftſtellern b] oͤfters die Nothwendigkeit eines
Gleichgewichts der Macht zur See einleuchtend zu ma-
chen geſucht worden, weil alle handelnde Nazionen die
grosbritanniſche Macht zur See zu fuͤrchten haͤtten, in-
dem dieſer Staat von ieher eine unumſchraͤnkte Herſchaft
zur See an ſich zu reiſſen und den Handel aller uͤbrigen
Nazionen zu verſchlingen trachte. Da aber, wie unten
gezeigt werden wird, die Erweiterung der Herſchaft zur
See nicht ſo leicht wie die zu Lande geſchehen kan, die
innern Vergroͤßerungen der Macht durch Handlung und
andere gute Anſtalten, inſofern dadurch den Gerechtſa-
men anderer nicht zu nahe getreten wird, das Gleichge-
wicht auch nicht aufheben, [§. 6.] ob ſie gleich keinen
geringen Einflus darauf haben c], ſo kann man das
Gleichgewicht der Schiffahrt und Handlung mit
Recht eine ungereimte Chimaͤre nennen d], deſſen Noth-
wendigkeit und Bewuͤrkung der Neid gegen die uͤberwie-
gende brittiſche Handlung und Schiffahrt den uͤbrigen
europaͤiſchen Nazionen vorgepredigt und empfohlen hat e].
Auch von einem Gleichgewicht auf dem baltiſchen
Meere insbeſondere, deſſen Erhaltung Daͤnemark ſich
angelegen ſeyn laſſe, iſt ſchon die Rede geweſen f].
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britannien aͤuſſerte Frankreich 1742. L’ eſcadre que le
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/413>, abgerufen am 22.02.2025.
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