b] Erinnerungen über Kahlens Balance etc. S. 165. u. f.
c] Man vergl. Wolf J. G. c. VI. §. 649. und Glafeys Völ- kerr. c. II. §. 9. 9. u. f.
§. 15. Erlaubte Mittel zu Erhaltung desselben.
Es bedarf ohnstreitig vieler Behutsamkeit in Bestim- mung der gehörigen Grenzen des Gleichgewichts und der zu Erhaltung desselben erlaubten Mittel a], damit sol- ches, anstatt die Gerechtsame und Freiheit der Nazionen zu sichern, dieselben nicht noch mehr beleidige. Ueber- haupt ist zu merken, daß, da das Gleichgewicht die Ab- sicht hat, zu verhindern, daß kein Volk eine Ueber- macht erlange, die den mit ihm verbundenen Nazionen gefährlich werden könte, man mehr vertheidigungs- als angrifsweise zu Werke gehen, und sich so viel mög- lich aller beleidigenden und gewaltsamen Mittel dabey enthalten müsse.
Eine große Republick, wie Heinrich IV. von Frank- reich etc. sie sich dachte, oder eine von mehrern Nazionen bereits gesuchte Universalmonarchie b] würden, obgedach- termaassen, dem System des Gleichgewichts vielleicht am zuträglichsten seyn; aber sie dürften, wie bis itzt, so noch ferner eine Chimäre bleiben.
So lange die Macht einer Nazion noch nicht über- wiegend wird, [§. 6.] deren Anwuchs iedoch Besorg- nisse zu erregen im Stande ist, ob der sich vergrößernde Staat gleich noch keinen Anlas zu Mistrauen gegeben hat, können die übrigen Nazionen keine andern Maas- regeln ergreifen, als daß sie durch Verbesserung ihrer eignen Kriegsverfassung, Anlegung von Festungen etc. durch Bündnisse mit andern, sich auf alle Fälle in guten Vertheidigungsstand setzen c]. Fängt die Macht an
über-
Von der Macht der Nazionen
b] Erinnerungen uͤber Kahlens Balance ꝛc. S. 165. u. f.
c] Man vergl. Wolf J. G. c. VI. §. 649. und Glafeys Voͤl- kerr. c. II. §. 9. 9. u. f.
§. 15. Erlaubte Mittel zu Erhaltung deſſelben.
Es bedarf ohnſtreitig vieler Behutſamkeit in Beſtim- mung der gehoͤrigen Grenzen des Gleichgewichts und der zu Erhaltung deſſelben erlaubten Mittel a], damit ſol- ches, anſtatt die Gerechtſame und Freiheit der Nazionen zu ſichern, dieſelben nicht noch mehr beleidige. Ueber- haupt iſt zu merken, daß, da das Gleichgewicht die Ab- ſicht hat, zu verhindern, daß kein Volk eine Ueber- macht erlange, die den mit ihm verbundenen Nazionen gefaͤhrlich werden koͤnte, man mehr vertheidigungs- als angrifsweiſe zu Werke gehen, und ſich ſo viel moͤg- lich aller beleidigenden und gewaltſamen Mittel dabey enthalten muͤſſe.
Eine große Republick, wie Heinrich IV. von Frank- reich ꝛc. ſie ſich dachte, oder eine von mehrern Nazionen bereits geſuchte Univerſalmonarchie b] wuͤrden, obgedach- termaaſſen, dem Syſtem des Gleichgewichts vielleicht am zutraͤglichſten ſeyn; aber ſie duͤrften, wie bis itzt, ſo noch ferner eine Chimaͤre bleiben.
So lange die Macht einer Nazion noch nicht uͤber- wiegend wird, [§. 6.] deren Anwuchs iedoch Beſorg- niſſe zu erregen im Stande iſt, ob der ſich vergroͤßernde Staat gleich noch keinen Anlas zu Mistrauen gegeben hat, koͤnnen die uͤbrigen Nazionen keine andern Maas- regeln ergreifen, als daß ſie durch Verbeſſerung ihrer eignen Kriegsverfaſſung, Anlegung von Feſtungen ꝛc. durch Buͤndniſſe mit andern, ſich auf alle Faͤlle in guten Vertheidigungsſtand ſetzen c]. Faͤngt die Macht an
uͤber-
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Von der Macht der Nazionen
b] Erinnerungen uͤber Kahlens Balance ꝛc. S. 165. u. f.
c] Man vergl. Wolf J. G. c. VI. §. 649. und Glafeys Voͤl-
kerr. c. II. §. 9. 9. u. f.
§. 15.
Erlaubte Mittel zu Erhaltung deſſelben.
Es bedarf ohnſtreitig vieler Behutſamkeit in Beſtim-
mung der gehoͤrigen Grenzen des Gleichgewichts und der
zu Erhaltung deſſelben erlaubten Mittel a], damit ſol-
ches, anſtatt die Gerechtſame und Freiheit der Nazionen
zu ſichern, dieſelben nicht noch mehr beleidige. Ueber-
haupt iſt zu merken, daß, da das Gleichgewicht die Ab-
ſicht hat, zu verhindern, daß kein Volk eine Ueber-
macht erlange, die den mit ihm verbundenen Nazionen
gefaͤhrlich werden koͤnte, man mehr vertheidigungs- als
angrifsweiſe zu Werke gehen, und ſich ſo viel moͤg-
lich aller beleidigenden und gewaltſamen Mittel dabey
enthalten muͤſſe.
Eine große Republick, wie Heinrich IV. von Frank-
reich ꝛc. ſie ſich dachte, oder eine von mehrern Nazionen
bereits geſuchte Univerſalmonarchie b] wuͤrden, obgedach-
termaaſſen, dem Syſtem des Gleichgewichts vielleicht
am zutraͤglichſten ſeyn; aber ſie duͤrften, wie bis itzt, ſo
noch ferner eine Chimaͤre bleiben.
So lange die Macht einer Nazion noch nicht uͤber-
wiegend wird, [§. 6.] deren Anwuchs iedoch Beſorg-
niſſe zu erregen im Stande iſt, ob der ſich vergroͤßernde
Staat gleich noch keinen Anlas zu Mistrauen gegeben
hat, koͤnnen die uͤbrigen Nazionen keine andern Maas-
regeln ergreifen, als daß ſie durch Verbeſſerung ihrer
eignen Kriegsverfaſſung, Anlegung von Feſtungen ꝛc.
durch Buͤndniſſe mit andern, ſich auf alle Faͤlle in guten
Vertheidigungsſtand ſetzen c]. Faͤngt die Macht an
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/388>, abgerufen am 22.02.2025.
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