Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Von der Freiheit der Nazionen, ihre
*] Car. Ant. de Martini Posit. de jure civitatis c. XVI.
§. 535.
§. 3.
Noch ihre geselschaftliche Verbindung
stören
.

Die genaue Verbindung, in welcher die europäischen
Nazionen heut zu Tage stehen, indem sie gewissermaassen
und besonders in den Fällen, wo es auf ein gemeinschaft-
liches Interesse ankomt, als Glieder einer großen glei-
chen Geselschaft zu betrachten sind, [2. Kap.] erfordert,
nach den Grundsätzen des freiwilligen Völkerrechts, daß
eine Nazion bey ihren Handlungen auch Rücksicht auf
die geselschaftlichen Pflichten nehme, und ihre Freiheit
hierinn nicht zum offenbaren Nachtheil für die Ruhe und
Erhaltung dieser großen Geselschaft misbrauche a], oder
den übrigen Gliedern dadurch gegründete Ursache zu
Mistrauen und Unruhe gebe b].

a] Fr. Carl v. Moser am a. O. §. 4. u. 11. S. 288.
b] J. J. Mosers Versuch etc. 8. B. 3. Th. §. 3. S. 399.
[6. Theil.]
§. 4.
Diese Freiheit kann auch durch Verträge
oder Herkommen eingeschränkt werden
.

Ein Volk kann ferner durch Verträge oder auch
durchs Herkommen der Freiheit nach eignem Gutdünken
zu handeln sich begeben. Dahin gehören alle zum Theil
oben schon erwähnte Bündnisse, wodurch die Souverai-
netät überhaupt in einigen Stücken beschränkt wird, z.
B. Lehns-, Schutz- und andere Bündnisse; ingleichen
die Verträge, vermöge welcher man dieser Freiheit in

ein-
Von der Freiheit der Nazionen, ihre
*] Car. Ant. de Martini Poſit. de jure civitatis c. XVI.
§. 535.
§. 3.
Noch ihre geſelſchaftliche Verbindung
ſtoͤren
.

Die genaue Verbindung, in welcher die europaͤiſchen
Nazionen heut zu Tage ſtehen, indem ſie gewiſſermaaſſen
und beſonders in den Faͤllen, wo es auf ein gemeinſchaft-
liches Intereſſe ankomt, als Glieder einer großen glei-
chen Geſelſchaft zu betrachten ſind, [2. Kap.] erfordert,
nach den Grundſaͤtzen des freiwilligen Voͤlkerrechts, daß
eine Nazion bey ihren Handlungen auch Ruͤckſicht auf
die geſelſchaftlichen Pflichten nehme, und ihre Freiheit
hierinn nicht zum offenbaren Nachtheil fuͤr die Ruhe und
Erhaltung dieſer großen Geſelſchaft misbrauche a], oder
den uͤbrigen Gliedern dadurch gegruͤndete Urſache zu
Mistrauen und Unruhe gebe b].

a] Fr. Carl v. Moſer am a. O. §. 4. u. 11. S. 288.
b] J. J. Moſers Verſuch ꝛc. 8. B. 3. Th. §. 3. S. 399.
[6. Theil.]
§. 4.
Dieſe Freiheit kann auch durch Vertraͤge
oder Herkommen eingeſchraͤnkt werden
.

Ein Volk kann ferner durch Vertraͤge oder auch
durchs Herkommen der Freiheit nach eignem Gutduͤnken
zu handeln ſich begeben. Dahin gehoͤren alle zum Theil
oben ſchon erwaͤhnte Buͤndniſſe, wodurch die Souverai-
netaͤt uͤberhaupt in einigen Stuͤcken beſchraͤnkt wird, z.
B. Lehns-, Schutz- und andere Buͤndniſſe; ingleichen
die Vertraͤge, vermoͤge welcher man dieſer Freiheit in

ein-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0308" n="282"/>
            <fw place="top" type="header">Von der Freiheit der Nazionen, ihre</fw><lb/>
            <note place="end" n="*]"><hi rendition="#aq">Car. Ant. de <hi rendition="#i">Martini</hi> Po&#x017F;it. de jure civitatis c. XVI.</hi><lb/>
§. 535.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 3.<lb/><hi rendition="#g">Noch ihre ge&#x017F;el&#x017F;chaftliche Verbindung<lb/>
&#x017F;to&#x0364;ren</hi>.</head><lb/>
            <p>Die genaue Verbindung, in welcher die europa&#x0364;i&#x017F;chen<lb/>
Nazionen heut zu Tage &#x017F;tehen, indem &#x017F;ie gewi&#x017F;&#x017F;ermaa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und be&#x017F;onders in den Fa&#x0364;llen, wo es auf ein gemein&#x017F;chaft-<lb/>
liches Intere&#x017F;&#x017F;e ankomt, als Glieder einer großen glei-<lb/>
chen Ge&#x017F;el&#x017F;chaft zu betrachten &#x017F;ind, [2. Kap.] erfordert,<lb/>
nach den Grund&#x017F;a&#x0364;tzen des freiwilligen Vo&#x0364;lkerrechts, daß<lb/>
eine Nazion bey ihren Handlungen auch Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf<lb/>
die ge&#x017F;el&#x017F;chaftlichen Pflichten nehme, und ihre Freiheit<lb/>
hierinn nicht zum offenbaren Nachtheil fu&#x0364;r die Ruhe und<lb/>
Erhaltung die&#x017F;er großen Ge&#x017F;el&#x017F;chaft misbrauche <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi>], oder<lb/>
den u&#x0364;brigen Gliedern dadurch gegru&#x0364;ndete Ur&#x017F;ache zu<lb/>
Mistrauen und Unruhe gebe <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">b</hi></hi>].</p><lb/>
            <note place="end" n="a]">Fr. Carl v. <hi rendition="#fr">Mo&#x017F;er</hi> am a. O. §. 4. u. 11. S. 288.</note><lb/>
            <note place="end" n="b]">J. J. <hi rendition="#fr">Mo&#x017F;ers</hi> Ver&#x017F;uch &#xA75B;c. 8. B. 3. Th. §. 3. S. 399.<lb/>
[6. Theil.]</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 4.<lb/><hi rendition="#g">Die&#x017F;e Freiheit kann auch durch Vertra&#x0364;ge<lb/>
oder Herkommen einge&#x017F;chra&#x0364;nkt werden</hi>.</head><lb/>
            <p>Ein Volk kann ferner <hi rendition="#fr">durch Vertra&#x0364;ge</hi> oder auch<lb/>
durchs Herkommen der Freiheit nach eignem Gutdu&#x0364;nken<lb/>
zu handeln &#x017F;ich begeben. Dahin geho&#x0364;ren alle zum Theil<lb/>
oben &#x017F;chon erwa&#x0364;hnte Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e, wodurch die Souverai-<lb/>
neta&#x0364;t u&#x0364;berhaupt in einigen Stu&#x0364;cken be&#x017F;chra&#x0364;nkt wird, z.<lb/>
B. Lehns-, Schutz- und andere Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e; ingleichen<lb/>
die Vertra&#x0364;ge, vermo&#x0364;ge welcher man die&#x017F;er Freiheit in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ein-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[282/0308] Von der Freiheit der Nazionen, ihre *] Car. Ant. de Martini Poſit. de jure civitatis c. XVI. §. 535. §. 3. Noch ihre geſelſchaftliche Verbindung ſtoͤren. Die genaue Verbindung, in welcher die europaͤiſchen Nazionen heut zu Tage ſtehen, indem ſie gewiſſermaaſſen und beſonders in den Faͤllen, wo es auf ein gemeinſchaft- liches Intereſſe ankomt, als Glieder einer großen glei- chen Geſelſchaft zu betrachten ſind, [2. Kap.] erfordert, nach den Grundſaͤtzen des freiwilligen Voͤlkerrechts, daß eine Nazion bey ihren Handlungen auch Ruͤckſicht auf die geſelſchaftlichen Pflichten nehme, und ihre Freiheit hierinn nicht zum offenbaren Nachtheil fuͤr die Ruhe und Erhaltung dieſer großen Geſelſchaft misbrauche a], oder den uͤbrigen Gliedern dadurch gegruͤndete Urſache zu Mistrauen und Unruhe gebe b]. a] Fr. Carl v. Moſer am a. O. §. 4. u. 11. S. 288. b] J. J. Moſers Verſuch ꝛc. 8. B. 3. Th. §. 3. S. 399. [6. Theil.] §. 4. Dieſe Freiheit kann auch durch Vertraͤge oder Herkommen eingeſchraͤnkt werden. Ein Volk kann ferner durch Vertraͤge oder auch durchs Herkommen der Freiheit nach eignem Gutduͤnken zu handeln ſich begeben. Dahin gehoͤren alle zum Theil oben ſchon erwaͤhnte Buͤndniſſe, wodurch die Souverai- netaͤt uͤberhaupt in einigen Stuͤcken beſchraͤnkt wird, z. B. Lehns-, Schutz- und andere Buͤndniſſe; ingleichen die Vertraͤge, vermoͤge welcher man dieſer Freiheit in ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/308
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/308>, abgerufen am 21.11.2024.