einzelnen Materien, dieses teutsche Völkerrecht nach seinem ganzen Umfange jederzeit erst dann abhandeln, wenn die übrigen europäischen Staaten durchgegangen sind; ungeachtet Teutschland, als ein einiger Staat, schon unter den erstern einen vorzüglichen Platz verdienet.
§. 34. Uebrige halbsouveraine Staaten.
Dahin gehören ferner:
1] sämtliche vom teutschen Reiche abhängige und zu Lehn gehende Fürstenthümer in Italiena]. Ausser den schon oben bey den streitigen Souverainetäten angeführten, die, so lange deren Unabhängigkeit nicht förmlich anerkant ist, billig hieher zu rechnen, sind vor- nämlich noch die Herzogthümer Mayland, Mantua, Modenab] nebst Mirandola, Massa-Carrara und Novellara, ingleichen Montferrat zu merken c].
2] Die Herzogthümer Curland und Semigal- lien, welche ehemals zu Liefland gehörten, sei: 1561 aber einen besondern Staat ausmachen. Sie sind Lehen der Kron Pohlen, und vermöge der sogenanten Pacto- rum subjectionis von derselben in vielen Stücken ab- hängig d].
3] Die Hospodaren der Moldau und Walla- chey. Sie werden von dem türkischen Kaiser gewönlich alle drey Jahr verändert oder von neuem bestättigt, und sind demselben zinsbar. Die Gewalt Gesetze zu geben und solche durch Strafen zu handhaben, Steuern aus- zuschreiben etc. steht ihnen zwar zu, aber die auswärtigen Hoheitsrechte in Ansehung des Kriegs, Friedens, der Bündnisse und Gesandschaften haben sie keinesweges. Man hat Beispiele, daß diese Hospodaren auf Befehl der Pforte den Kopf verlohren e].
4]
Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt,
einzelnen Materien, dieſes teutſche Voͤlkerrecht nach ſeinem ganzen Umfange jederzeit erſt dann abhandeln, wenn die uͤbrigen europaͤiſchen Staaten durchgegangen ſind; ungeachtet Teutſchland, als ein einiger Staat, ſchon unter den erſtern einen vorzuͤglichen Platz verdienet.
§. 34. Uebrige halbſouveraine Staaten.
Dahin gehoͤren ferner:
1] ſaͤmtliche vom teutſchen Reiche abhaͤngige und zu Lehn gehende Fuͤrſtenthuͤmer in Italiena]. Auſſer den ſchon oben bey den ſtreitigen Souverainetaͤten angefuͤhrten, die, ſo lange deren Unabhaͤngigkeit nicht foͤrmlich anerkant iſt, billig hieher zu rechnen, ſind vor- naͤmlich noch die Herzogthuͤmer Mayland, Mantua, Modenab] nebſt Mirandola, Maſſa-Carrara und Novellara, ingleichen Montferrat zu merken c].
2] Die Herzogthuͤmer Curland und Semigal- lien, welche ehemals zu Liefland gehoͤrten, ſei: 1561 aber einen beſondern Staat ausmachen. Sie ſind Lehen der Kron Pohlen, und vermoͤge der ſogenanten Pacto- rum ſubjectionis von derſelben in vielen Stuͤcken ab- haͤngig d].
3] Die Hospodaren der Moldau und Walla- chey. Sie werden von dem tuͤrkiſchen Kaiſer gewoͤnlich alle drey Jahr veraͤndert oder von neuem beſtaͤttigt, und ſind demſelben zinsbar. Die Gewalt Geſetze zu geben und ſolche durch Strafen zu handhaben, Steuern aus- zuſchreiben ꝛc. ſteht ihnen zwar zu, aber die auswaͤrtigen Hoheitsrechte in Anſehung des Kriegs, Friedens, der Buͤndniſſe und Geſandſchaften haben ſie keinesweges. Man hat Beiſpiele, daß dieſe Hospodaren auf Befehl der Pforte den Kopf verlohren e].
4]
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Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt,
m]
einzelnen Materien, dieſes teutſche Voͤlkerrecht nach
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wenn die uͤbrigen europaͤiſchen Staaten durchgegangen
ſind; ungeachtet Teutſchland, als ein einiger Staat,
ſchon unter den erſtern einen vorzuͤglichen Platz verdienet.
§. 34.
Uebrige halbſouveraine Staaten.
Dahin gehoͤren ferner:
1] ſaͤmtliche vom teutſchen Reiche abhaͤngige
und zu Lehn gehende Fuͤrſtenthuͤmer in Italien a].
Auſſer den ſchon oben bey den ſtreitigen Souverainetaͤten
angefuͤhrten, die, ſo lange deren Unabhaͤngigkeit nicht
foͤrmlich anerkant iſt, billig hieher zu rechnen, ſind vor-
naͤmlich noch die Herzogthuͤmer Mayland, Mantua,
Modena b] nebſt Mirandola, Maſſa-Carrara und
Novellara, ingleichen Montferrat zu merken c].
2] Die Herzogthuͤmer Curland und Semigal-
lien, welche ehemals zu Liefland gehoͤrten, ſei: 1561
aber einen beſondern Staat ausmachen. Sie ſind Lehen
der Kron Pohlen, und vermoͤge der ſogenanten Pacto-
rum ſubjectionis von derſelben in vielen Stuͤcken ab-
haͤngig d].
3] Die Hospodaren der Moldau und Walla-
chey. Sie werden von dem tuͤrkiſchen Kaiſer gewoͤnlich
alle drey Jahr veraͤndert oder von neuem beſtaͤttigt, und
ſind demſelben zinsbar. Die Gewalt Geſetze zu geben
und ſolche durch Strafen zu handhaben, Steuern aus-
zuſchreiben ꝛc. ſteht ihnen zwar zu, aber die auswaͤrtigen
Hoheitsrechte in Anſehung des Kriegs, Friedens, der
Buͤndniſſe und Geſandſchaften haben ſie keinesweges.
Man hat Beiſpiele, daß dieſe Hospodaren auf Befehl
der Pforte den Kopf verlohren e].
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/154>, abgerufen am 22.02.2025.
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