Die asiatischen Provinzen des ottomannischen Reichs wurden in den ältern Zeiten ebenfals von verschiedenen Völkerschaften bewohnt, unter denen die Türken, wel- che im sechsten Jahrhundert zuerst vorkommen, die merk- würdigsten sind. Ihr Reich machte bald einen eignen Staat aus, bald stand es unter der Herschaft andrer Nazionen. Osmann oder OttomannI. stiftete im Jahr 1300 das gegenwärtige ottomannische Reich, und nahm zugleich den Titel eines Sultans an. Orchan erstreckt durch seinen Sohn Soliman seine Eroberungen 1355 zuerst bis nach Europa, und MohamedII. ero- bert endlich 1453 Constantinopel, die Hauptstadt des ehemaligen griechischen Kaiserthums, welche seitdem die Residenz der türkischen Kaiser geblieben ist. Die Besitz- ungen in diesem Welttheile sind es allein, um derent- willen die Pforte zu den europäischen Staaten gerechnet wird.
§. 30. Verschiedene Klassen der europäischen Na- zionen.
Die vorgenanten Staaten lassen sich, in Rücksicht ihrer Gröse, Lage, Regierungsform etc. in verschiedene Klassen theilen, indem einige entweder Land- oder See- mächte, Reiche oder Republiken, Erb- oder Wahlrei- che etc. sind. Diese mannichfaltigen Bestimmungen lernt man in der Geographie und Statistick kennen. Keine derselben aber vermehrt oder vermindert die Eigenschaft eines freien Volks oder den Gebrauch des Völkerrechts, die einem ieden, nach Verschiedenheit seiner natürlichen und politischen Verfassung und der daraus entspringen- den Verhältnisse, gebühren.
§. 31.
und den europaͤiſchen insbeſondere.
§. 29. Die ottomanniſche Pforte.
Die aſiatiſchen Provinzen des ottomanniſchen Reichs wurden in den aͤltern Zeiten ebenfals von verſchiedenen Voͤlkerſchaften bewohnt, unter denen die Tuͤrken, wel- che im ſechſten Jahrhundert zuerſt vorkommen, die merk- wuͤrdigſten ſind. Ihr Reich machte bald einen eignen Staat aus, bald ſtand es unter der Herſchaft andrer Nazionen. Osmann oder OttomannI. ſtiftete im Jahr 1300 das gegenwaͤrtige ottomanniſche Reich, und nahm zugleich den Titel eines Sultans an. Orchan erſtreckt durch ſeinen Sohn Soliman ſeine Eroberungen 1355 zuerſt bis nach Europa, und MohamedII. ero- bert endlich 1453 Conſtantinopel, die Hauptſtadt des ehemaligen griechiſchen Kaiſerthums, welche ſeitdem die Reſidenz der tuͤrkiſchen Kaiſer geblieben iſt. Die Beſitz- ungen in dieſem Welttheile ſind es allein, um derent- willen die Pforte zu den europaͤiſchen Staaten gerechnet wird.
§. 30. Verſchiedene Klaſſen der europaͤiſchen Na- zionen.
Die vorgenanten Staaten laſſen ſich, in Ruͤckſicht ihrer Groͤſe, Lage, Regierungsform ꝛc. in verſchiedene Klaſſen theilen, indem einige entweder Land- oder See- maͤchte, Reiche oder Republiken, Erb- oder Wahlrei- che ꝛc. ſind. Dieſe mannichfaltigen Beſtimmungen lernt man in der Geographie und Statiſtick kennen. Keine derſelben aber vermehrt oder vermindert die Eigenſchaft eines freien Volks oder den Gebrauch des Voͤlkerrechts, die einem ieden, nach Verſchiedenheit ſeiner natuͤrlichen und politiſchen Verfaſſung und der daraus entſpringen- den Verhaͤltniſſe, gebuͤhren.
§. 31.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0135"n="109"/><fwplace="top"type="header">und den europaͤiſchen insbeſondere.</fw><lb/><divn="3"><head>§. 29.<lb/><hirendition="#g">Die ottomanniſche Pforte</hi>.</head><lb/><p>Die aſiatiſchen Provinzen des ottomanniſchen Reichs<lb/>
wurden in den aͤltern Zeiten ebenfals von verſchiedenen<lb/>
Voͤlkerſchaften bewohnt, unter denen die Tuͤrken, wel-<lb/>
che im ſechſten Jahrhundert zuerſt vorkommen, die merk-<lb/>
wuͤrdigſten ſind. Ihr Reich machte bald einen eignen<lb/>
Staat aus, bald ſtand es unter der Herſchaft andrer<lb/>
Nazionen. <hirendition="#fr">Osmann</hi> oder <hirendition="#fr">Ottomann</hi><hirendition="#aq">I.</hi>ſtiftete im<lb/>
Jahr 1300 das gegenwaͤrtige ottomanniſche Reich, und<lb/>
nahm zugleich den Titel eines Sultans an. Orchan<lb/>
erſtreckt durch ſeinen Sohn <hirendition="#fr">Soliman</hi>ſeine Eroberungen<lb/>
1355 zuerſt bis nach Europa, und <hirendition="#fr">Mohamed</hi><hirendition="#aq">II.</hi> ero-<lb/>
bert endlich 1453 Conſtantinopel, die Hauptſtadt des<lb/>
ehemaligen griechiſchen Kaiſerthums, welche ſeitdem die<lb/>
Reſidenz der tuͤrkiſchen Kaiſer geblieben iſt. Die Beſitz-<lb/>
ungen in dieſem Welttheile ſind es allein, um derent-<lb/>
willen die Pforte zu den europaͤiſchen Staaten gerechnet<lb/>
wird.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 30.<lb/><hirendition="#g">Verſchiedene Klaſſen der europaͤiſchen Na-<lb/>
zionen</hi>.</head><lb/><p>Die vorgenanten Staaten laſſen ſich, in Ruͤckſicht<lb/>
ihrer Groͤſe, Lage, Regierungsform ꝛc. in verſchiedene<lb/>
Klaſſen theilen, indem einige entweder Land- oder See-<lb/>
maͤchte, Reiche oder Republiken, Erb- oder Wahlrei-<lb/>
che ꝛc. ſind. Dieſe mannichfaltigen Beſtimmungen lernt<lb/>
man in der Geographie und Statiſtick kennen. Keine<lb/>
derſelben aber vermehrt oder vermindert die Eigenſchaft<lb/>
eines freien Volks oder den Gebrauch des Voͤlkerrechts,<lb/>
die einem ieden, nach Verſchiedenheit ſeiner natuͤrlichen<lb/>
und politiſchen Verfaſſung und der daraus entſpringen-<lb/>
den Verhaͤltniſſe, gebuͤhren.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 31.</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[109/0135]
und den europaͤiſchen insbeſondere.
§. 29.
Die ottomanniſche Pforte.
Die aſiatiſchen Provinzen des ottomanniſchen Reichs
wurden in den aͤltern Zeiten ebenfals von verſchiedenen
Voͤlkerſchaften bewohnt, unter denen die Tuͤrken, wel-
che im ſechſten Jahrhundert zuerſt vorkommen, die merk-
wuͤrdigſten ſind. Ihr Reich machte bald einen eignen
Staat aus, bald ſtand es unter der Herſchaft andrer
Nazionen. Osmann oder Ottomann I. ſtiftete im
Jahr 1300 das gegenwaͤrtige ottomanniſche Reich, und
nahm zugleich den Titel eines Sultans an. Orchan
erſtreckt durch ſeinen Sohn Soliman ſeine Eroberungen
1355 zuerſt bis nach Europa, und Mohamed II. ero-
bert endlich 1453 Conſtantinopel, die Hauptſtadt des
ehemaligen griechiſchen Kaiſerthums, welche ſeitdem die
Reſidenz der tuͤrkiſchen Kaiſer geblieben iſt. Die Beſitz-
ungen in dieſem Welttheile ſind es allein, um derent-
willen die Pforte zu den europaͤiſchen Staaten gerechnet
wird.
§. 30.
Verſchiedene Klaſſen der europaͤiſchen Na-
zionen.
Die vorgenanten Staaten laſſen ſich, in Ruͤckſicht
ihrer Groͤſe, Lage, Regierungsform ꝛc. in verſchiedene
Klaſſen theilen, indem einige entweder Land- oder See-
maͤchte, Reiche oder Republiken, Erb- oder Wahlrei-
che ꝛc. ſind. Dieſe mannichfaltigen Beſtimmungen lernt
man in der Geographie und Statiſtick kennen. Keine
derſelben aber vermehrt oder vermindert die Eigenſchaft
eines freien Volks oder den Gebrauch des Voͤlkerrechts,
die einem ieden, nach Verſchiedenheit ſeiner natuͤrlichen
und politiſchen Verfaſſung und der daraus entſpringen-
den Verhaͤltniſſe, gebuͤhren.
§. 31.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/135>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.