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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von den souverainen Staaten überhaupt,
§. 26.
Preussen

Bestand in den ältesten Zeiten aus verschiedenen klei-
nen Völkerschaften, die mit den Polen in beständigen
Kriegen lebten. Diese riefen daher die teutschen Ritter
zu Hülfe, welche sich daselbst niederliessen, und ganz
Preussen, das sie von Kaiser Friedrich II. und Gregor IX.
geschenkt bekamen, binnen einigen funfzig Jahren völ-
lig unter ihre Bothmäsigkeit brachten. Der Orden
gerieth hierauf selbst mit den Polen in öfteren Krieg und
muste endlich im Frieden zu Thorn 1466 ganz Vorder-
Preussen, als einen Reichsstand, der Kron Polen über-
lassen, Hinter-Preussen aber von ihr zu Lehn empfangen.
Durch den Krakauer Frieden 1525 ward der Orden in
Preussen gänzlich aufgehaben und Hinter-Preussen dem
letzten Hochmeister Albrecht Marggrafen von Branden-
burg und seinen Erben, als ein weltliches Herzogthum
von Polen zu Lehn gereichet, ungeachtet der Kaiser und
der teutsche Orden sich dagegen setzten. In der Folge
erlangte das Kurhaus Brandenburg die Mitbelehnschaft,
und nach Absterben Herzog Albrecht Friedrichs ohne Er-
ben 1618 den Besitz des Herzogthums Preussen. Chur-
fürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg erklärt sich
in dem Kriege zwischen Polen und Schweden gegen sei-
nen Lehnsherrn und erkent 1656 Preussen für ein Lehn
der Kron Schweden, die in dem Vertrage zu Labiau dies
Herzogthum für einen unabhängigen Staat erklärt.
Allein Preussen wird von Polen wieder unterwürfig ge-
macht, Kurbrandenburg erhält iedoch endlich auch von
dieser Krone in dem Welauer Vertrage vom 19. Septem-
ber 1657, Art. 5. 6. die völlige Unabhängigkeit des
Herzogthums Preussen, welche im Frieden zu Oliva 1660
bestättigt wird. Sein Nachfolger Friedrich I. erhebt
das nunmehr freie Preussen 1701 zu einem Königreich,

wofür
Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt,
§. 26.
Preuſſen

Beſtand in den aͤlteſten Zeiten aus verſchiedenen klei-
nen Voͤlkerſchaften, die mit den Polen in beſtaͤndigen
Kriegen lebten. Dieſe riefen daher die teutſchen Ritter
zu Huͤlfe, welche ſich daſelbſt niederlieſſen, und ganz
Preuſſen, das ſie von Kaiſer Friedrich II. und Gregor IX.
geſchenkt bekamen, binnen einigen funfzig Jahren voͤl-
lig unter ihre Bothmaͤſigkeit brachten. Der Orden
gerieth hierauf ſelbſt mit den Polen in oͤfteren Krieg und
muſte endlich im Frieden zu Thorn 1466 ganz Vorder-
Preuſſen, als einen Reichsſtand, der Kron Polen uͤber-
laſſen, Hinter-Preuſſen aber von ihr zu Lehn empfangen.
Durch den Krakauer Frieden 1525 ward der Orden in
Preuſſen gaͤnzlich aufgehaben und Hinter-Preuſſen dem
letzten Hochmeiſter Albrecht Marggrafen von Branden-
burg und ſeinen Erben, als ein weltliches Herzogthum
von Polen zu Lehn gereichet, ungeachtet der Kaiſer und
der teutſche Orden ſich dagegen ſetzten. In der Folge
erlangte das Kurhaus Brandenburg die Mitbelehnſchaft,
und nach Abſterben Herzog Albrecht Friedrichs ohne Er-
ben 1618 den Beſitz des Herzogthums Preuſſen. Chur-
fuͤrſt Friedrich Wilhelm von Brandenburg erklaͤrt ſich
in dem Kriege zwiſchen Polen und Schweden gegen ſei-
nen Lehnsherrn und erkent 1656 Preuſſen fuͤr ein Lehn
der Kron Schweden, die in dem Vertrage zu Labiau dies
Herzogthum fuͤr einen unabhaͤngigen Staat erklaͤrt.
Allein Preuſſen wird von Polen wieder unterwuͤrfig ge-
macht, Kurbrandenburg erhaͤlt iedoch endlich auch von
dieſer Krone in dem Welauer Vertrage vom 19. Septem-
ber 1657, Art. 5. 6. die voͤllige Unabhaͤngigkeit des
Herzogthums Preuſſen, welche im Frieden zu Oliva 1660
beſtaͤttigt wird. Sein Nachfolger Friedrich I. erhebt
das nunmehr freie Preuſſen 1701 zu einem Koͤnigreich,

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[106/0132] Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt, §. 26. Preuſſen Beſtand in den aͤlteſten Zeiten aus verſchiedenen klei- nen Voͤlkerſchaften, die mit den Polen in beſtaͤndigen Kriegen lebten. Dieſe riefen daher die teutſchen Ritter zu Huͤlfe, welche ſich daſelbſt niederlieſſen, und ganz Preuſſen, das ſie von Kaiſer Friedrich II. und Gregor IX. geſchenkt bekamen, binnen einigen funfzig Jahren voͤl- lig unter ihre Bothmaͤſigkeit brachten. Der Orden gerieth hierauf ſelbſt mit den Polen in oͤfteren Krieg und muſte endlich im Frieden zu Thorn 1466 ganz Vorder- Preuſſen, als einen Reichsſtand, der Kron Polen uͤber- laſſen, Hinter-Preuſſen aber von ihr zu Lehn empfangen. Durch den Krakauer Frieden 1525 ward der Orden in Preuſſen gaͤnzlich aufgehaben und Hinter-Preuſſen dem letzten Hochmeiſter Albrecht Marggrafen von Branden- burg und ſeinen Erben, als ein weltliches Herzogthum von Polen zu Lehn gereichet, ungeachtet der Kaiſer und der teutſche Orden ſich dagegen ſetzten. In der Folge erlangte das Kurhaus Brandenburg die Mitbelehnſchaft, und nach Abſterben Herzog Albrecht Friedrichs ohne Er- ben 1618 den Beſitz des Herzogthums Preuſſen. Chur- fuͤrſt Friedrich Wilhelm von Brandenburg erklaͤrt ſich in dem Kriege zwiſchen Polen und Schweden gegen ſei- nen Lehnsherrn und erkent 1656 Preuſſen fuͤr ein Lehn der Kron Schweden, die in dem Vertrage zu Labiau dies Herzogthum fuͤr einen unabhaͤngigen Staat erklaͤrt. Allein Preuſſen wird von Polen wieder unterwuͤrfig ge- macht, Kurbrandenburg erhaͤlt iedoch endlich auch von dieſer Krone in dem Welauer Vertrage vom 19. Septem- ber 1657, Art. 5. 6. die voͤllige Unabhaͤngigkeit des Herzogthums Preuſſen, welche im Frieden zu Oliva 1660 beſtaͤttigt wird. Sein Nachfolger Friedrich I. erhebt das nunmehr freie Preuſſen 1701 zu einem Koͤnigreich, wofuͤr

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/132>, abgerufen am 30.12.2024.