Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Abentheurl. Simplicissimi
und vor deß Königs Angesicht/ als er und seine Prin-
tzen sich eben speisen wollten; Es war ein Jmbs
wie die Griechische Nephalia, da man weder Wein
noch starck Geträncke brauchte/ aber an statt dessen/
trancken sie Perlen wie rohe oder weich gesottene Eyer
auß/ als welche noch nicht erhartet waren/ und
treffliche Stärcke gaben/ oder sütterten wie die Bau-
ren sagen.

Da observirte ich/ wie die Sonn einen See nach
dem andern beschiene/ und ihre Stralen durch die-
selbige diß in diese schröckliche Tieffe hinunder warff/
also daß es diesen Sylphis niemal an keinem Liecht
nicht mangelte: Man sahe sie in diesem Abgrund so
heiter wie auff dem Erdboden leuchten/ also daß sie
auch einen Schatten warff: So daß ihnen den Syl-
phis
die See wie Taglöcher oder Fenster taugten/
durch welche sie beydes Helle und Wärme empfien-
gen/ und wenn sich solches nicht überall schickte/ weil
etliche See gar krumm hinum giengen/ wurde sol-
ches durch die reflexion ersetzt/ weil die Natur hin
und wieder in die Winckel gantze Felsen von Cry-
stall/ Diamanten und Carfuncklen geordnet/ so die
Helling hinunder fertigten.

Das XVII. Capitel.

JNdessen hatte sich die Zeit genähert/ daß ich wie-
der heim solte/ derhalben befohl der König/ ich
solte mich vernehmen lassen/ wormit ich vermeynte/
daß er mir einen Gefallen thun könte? Da sagte ich/
es könte mir keine grössere Gnade widerfahren/ als
wenn er mir einen rechtschaffenen Medicinalischen

Sauer-

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
und vor deß Koͤnigs Angeſicht/ als er und ſeine Prin-
tzen ſich eben ſpeiſen wollten; Es war ein Jmbs
wie die Griechiſche Nephalia, da man weder Wein
noch ſtarck Getraͤncke brauchte/ aber an ſtatt deſſen/
trancken ſie Perlen wie rohe oder weich geſottene Eyer
auß/ als welche noch nicht erhartet waren/ und
treffliche Staͤrcke gaben/ oder ſuͤtterten wie die Bau-
ren ſagen.

Da obſervirte ich/ wie die Sonn einen See nach
dem andern beſchiene/ und ihre Stralen durch die-
ſelbige diß in dieſe ſchroͤckliche Tieffe hinunder warff/
alſo daß es dieſen Sylphis niemal an keinem Liecht
nicht mangelte: Man ſahe ſie in dieſem Abgrund ſo
heiter wie auff dem Erdboden leuchten/ alſo daß ſie
auch einen Schatten warff: So daß ihnen den Syl-
phis
die See wie Tagloͤcher oder Fenſter taugten/
durch welche ſie beydes Helle und Waͤrme empfien-
gen/ und wenn ſich ſolches nicht uͤberall ſchickte/ weil
etliche See gar krumm hinum giengen/ wurde ſol-
ches durch die reflexion erſetzt/ weil die Natur hin
und wieder in die Winckel gantze Felſen von Cry-
ſtall/ Diamanten und Carfuncklen geoꝛdnet/ ſo die
Helling hinunder fertigten.

Das XVII. Capitel.

JNdeſſen hatte ſich die Zeit genaͤhert/ daß ich wie-
der heim ſolte/ derhalben befohl der Koͤnig/ ich
ſolte mich vernehmen laſſen/ wormit ich vermeynte/
daß er mir einen Gefallen thun koͤnte? Da ſagte ich/
es koͤnte mir keine groͤſſere Gnade widerfahren/ als
wenn er mir einen rechtſchaffenen Medicinaliſchen

Sauer-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0580" n="574"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß Abentheurl. <hi rendition="#aq">Simplici&#x017F;&#x017F;imi</hi></hi></fw><lb/>
und vor deß Ko&#x0364;nigs Ange&#x017F;icht/ als er und &#x017F;eine Prin-<lb/>
tzen &#x017F;ich eben &#x017F;pei&#x017F;en wollten; Es war ein Jmbs<lb/>
wie die Griechi&#x017F;che <hi rendition="#aq">Nephalia,</hi> da man weder Wein<lb/>
noch &#x017F;tarck Getra&#x0364;ncke brauchte/ aber an &#x017F;tatt de&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
trancken &#x017F;ie Perlen wie rohe oder weich ge&#x017F;ottene Eyer<lb/>
auß/ als welche noch nicht erhartet waren/ und<lb/>
treffliche Sta&#x0364;rcke gaben/ oder &#x017F;u&#x0364;tterten wie die Bau-<lb/>
ren &#x017F;agen.</p><lb/>
        <p>Da <hi rendition="#aq">ob&#x017F;erv</hi>irte ich/ wie die Sonn einen See nach<lb/>
dem andern be&#x017F;chiene/ und ihre Stralen durch die-<lb/>
&#x017F;elbige diß in die&#x017F;e &#x017F;chro&#x0364;ckliche Tieffe hinunder warff/<lb/>
al&#x017F;o daß es die&#x017F;en <hi rendition="#aq">Sylphis</hi> niemal an keinem Liecht<lb/>
nicht mangelte: Man &#x017F;ahe &#x017F;ie in die&#x017F;em Abgrund &#x017F;o<lb/>
heiter wie auff dem Erdboden leuchten/ al&#x017F;o daß &#x017F;ie<lb/>
auch einen Schatten warff: So daß ihnen den <hi rendition="#aq">Syl-<lb/>
phis</hi> die See wie Taglo&#x0364;cher oder Fen&#x017F;ter taugten/<lb/>
durch welche &#x017F;ie beydes Helle und Wa&#x0364;rme empfien-<lb/>
gen/ und wenn &#x017F;ich &#x017F;olches nicht u&#x0364;berall &#x017F;chickte/ weil<lb/>
etliche See gar krumm hinum giengen/ wurde &#x017F;ol-<lb/>
ches durch die <hi rendition="#aq">reflexion</hi> er&#x017F;etzt/ weil die Natur hin<lb/>
und wieder in die Winckel gantze Fel&#x017F;en von Cry-<lb/>
&#x017F;tall/ Diamanten und Carfuncklen geo&#xA75B;dnet/ &#x017F;o die<lb/>
Helling hinunder fertigten.</p>
      </div><lb/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#fr">Das</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">XVII.</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Capitel.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">J</hi>Nde&#x017F;&#x017F;en hatte &#x017F;ich die Zeit gena&#x0364;hert/ daß ich wie-<lb/>
der heim &#x017F;olte/ derhalben befohl der Ko&#x0364;nig/ ich<lb/>
&#x017F;olte mich vernehmen la&#x017F;&#x017F;en/ wormit ich vermeynte/<lb/>
daß er mir einen Gefallen thun ko&#x0364;nte? Da &#x017F;agte ich/<lb/>
es ko&#x0364;nte mir keine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Gnade widerfahren/ als<lb/>
wenn er mir einen recht&#x017F;chaffenen <hi rendition="#aq">Medicinali</hi>&#x017F;chen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Sauer-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[574/0580] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi und vor deß Koͤnigs Angeſicht/ als er und ſeine Prin- tzen ſich eben ſpeiſen wollten; Es war ein Jmbs wie die Griechiſche Nephalia, da man weder Wein noch ſtarck Getraͤncke brauchte/ aber an ſtatt deſſen/ trancken ſie Perlen wie rohe oder weich geſottene Eyer auß/ als welche noch nicht erhartet waren/ und treffliche Staͤrcke gaben/ oder ſuͤtterten wie die Bau- ren ſagen. Da obſervirte ich/ wie die Sonn einen See nach dem andern beſchiene/ und ihre Stralen durch die- ſelbige diß in dieſe ſchroͤckliche Tieffe hinunder warff/ alſo daß es dieſen Sylphis niemal an keinem Liecht nicht mangelte: Man ſahe ſie in dieſem Abgrund ſo heiter wie auff dem Erdboden leuchten/ alſo daß ſie auch einen Schatten warff: So daß ihnen den Syl- phis die See wie Tagloͤcher oder Fenſter taugten/ durch welche ſie beydes Helle und Waͤrme empfien- gen/ und wenn ſich ſolches nicht uͤberall ſchickte/ weil etliche See gar krumm hinum giengen/ wurde ſol- ches durch die reflexion erſetzt/ weil die Natur hin und wieder in die Winckel gantze Felſen von Cry- ſtall/ Diamanten und Carfuncklen geoꝛdnet/ ſo die Helling hinunder fertigten. Das XVII. Capitel. JNdeſſen hatte ſich die Zeit genaͤhert/ daß ich wie- der heim ſolte/ derhalben befohl der Koͤnig/ ich ſolte mich vernehmen laſſen/ wormit ich vermeynte/ daß er mir einen Gefallen thun koͤnte? Da ſagte ich/ es koͤnte mir keine groͤſſere Gnade widerfahren/ als wenn er mir einen rechtſchaffenen Medicinaliſchen Sauer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/580
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/580>, abgerufen am 21.11.2024.