Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweytes Buch.
man solte noch ein Zeitlang mit mir zusehen; und
solches thät der Pfarrer mehr umb seines als meines
Nutzens wegen/ dann mit diesem/ daß er so ab und
zugieng/ und sich stellet/ als wenn er meinet halben
sich bemühet/ und grosse Sorg trug/ überkam er deß
Gnbernators Gunst/ dahero gab ihm derselbige
Dienst/ und machte ihn bey der Guarnison zum Ca-
plan/ welches in so schwerer Zeit kein geringes war/
und ich ihm hertzlich wol gönnete.

Das XIV. Capitel.

VOn dieser Zeit an besaß ich meines Herrn Gnad/
Gunst und Lieb vollkommenlich/ dessen ich mich
wol mit Warheit rühmen kan; nichts mangelt mir
zu meinem bessern Glück/ als daß ich an meinem
Kalbs Kleid zu viel/ und an Jahren noch zu wenig
hatte/ wiewol ich solches selbst nicht wuste; so wolte
mich der Pfarrer auch noch nicht witzig haben/ weil
ihn solches noch nicht Zeit/ und seinem Nutzen vor-
träglich zu seyn bedünckte. Und demnach mein Herr
sahe/ daß ich Lust zur Music hatte/ ließ er mich solche
lernen/ und verdinget mich zugleich einem vortreffli-
chen Lautenisten/ dessen Kunst ich in Bälde zimlich
begriffe/ und ihn umb so viel übertraff/ weil ich besser
als er darein singen konte: Also dienete ich meinem
Herrn zum Lust/ zur Kurtzweil/ Ergetzung und Ver-
wunderung. Alle Officier erzeigten mir ihren geneig-
ten Willen/ die reichste Bürger verebrten mich/ und
das Haußgesind neben den Soldaten wolten mir
wol/ weil sie sahen/ wie mir mein Herr gewogen war;
einer schenckte mir hier/ der ander dort/ dann sie wu-
sten/ daß Schalcks-Narren offt bey ihren Herren

mehr
H v

Zweytes Buch.
man ſolte noch ein Zeitlang mit mir zuſehen; und
ſolches thaͤt der Pfarꝛer mehr umb ſeines als meines
Nutzens wegen/ dann mit dieſem/ daß er ſo ab und
zugieng/ und ſich ſtellet/ als wenn er meinet halben
ſich bemuͤhet/ und groſſe Sorg trug/ uͤberkam er deß
Gnbernators Gunſt/ dahero gab ihm derſelbige
Dienſt/ und machte ihn bey der Guarniſon zum Ca-
plan/ welches in ſo ſchwerer Zeit kein geringes war/
und ich ihm hertzlich wol goͤnnete.

Das XIV. Capitel.

VOn dieſer Zeit an beſaß ich meines Herꝛn Gnad/
Gunſt und Lieb vollkommenlich/ deſſen ich mich
wol mit Warheit ruͤhmen kan; nichts mangelt mir
zu meinem beſſern Gluͤck/ als daß ich an meinem
Kalbs Kleid zu viel/ und an Jahren noch zu wenig
hatte/ wiewol ich ſolches ſelbſt nicht wuſte; ſo wolte
mich der Pfarꝛer auch noch nicht witzig haben/ weil
ihn ſolches noch nicht Zeit/ und ſeinem Nutzen vor-
traͤglich zu ſeyn beduͤnckte. Und demnach mein Herꝛ
ſahe/ daß ich Luſt zur Muſic hatte/ ließ er mich ſolche
lernen/ und verdinget mich zugleich einem vortreffli-
chen Lauteniſten/ deſſen Kunſt ich in Baͤlde zimlich
begriffe/ und ihn umb ſo viel uͤbertraff/ weil ich beſſer
als er darein ſingen konte: Alſo dienete ich meinem
Herꝛn zum Luſt/ zur Kurtzweil/ Ergetzung und Ver-
wunderung. Alle Officier erzeigten mir ihren geneig-
ten Willen/ die reichſte Buͤrger verebrten mich/ und
das Haußgeſind neben den Soldaten wolten mir
wol/ weil ſie ſahen/ wie mir mein Herꝛ gewogen war;
einer ſchenckte mir hier/ der ander dort/ dann ſie wu-
ſten/ daß Schalcks-Narꝛen offt bey ihren Herꝛen

mehr
H v
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0181" n="175"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi></fw><lb/>
man &#x017F;olte noch ein Zeitlang mit mir zu&#x017F;ehen; und<lb/>
&#x017F;olches tha&#x0364;t der Pfar&#xA75B;er mehr umb &#x017F;eines als meines<lb/>
Nutzens wegen/ dann mit die&#x017F;em/ daß er &#x017F;o ab und<lb/>
zugieng/ und &#x017F;ich &#x017F;tellet/ als wenn er meinet halben<lb/>
&#x017F;ich bemu&#x0364;het/ und gro&#x017F;&#x017F;e Sorg trug/ u&#x0364;berkam er deß<lb/>
Gnbernators Gun&#x017F;t/ dahero gab ihm der&#x017F;elbige<lb/>
Dien&#x017F;t/ und machte ihn bey der <hi rendition="#aq">Guarni&#x017F;on</hi> zum Ca-<lb/>
plan/ welches in &#x017F;o &#x017F;chwerer Zeit kein geringes war/<lb/>
und ich ihm hertzlich wol go&#x0364;nnete.</p>
      </div><lb/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#fr">Das</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">XIV.</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Capitel.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">V</hi>On die&#x017F;er Zeit an be&#x017F;aß ich meines Her&#xA75B;n Gnad/<lb/>
Gun&#x017F;t und Lieb vollkommenlich/ de&#x017F;&#x017F;en ich mich<lb/>
wol mit Warheit ru&#x0364;hmen kan; nichts mangelt mir<lb/>
zu meinem be&#x017F;&#x017F;ern Glu&#x0364;ck/ als daß ich an meinem<lb/>
Kalbs Kleid zu viel/ und an Jahren noch zu wenig<lb/>
hatte/ wiewol ich &#x017F;olches &#x017F;elb&#x017F;t nicht wu&#x017F;te; &#x017F;o wolte<lb/>
mich der Pfar&#xA75B;er auch noch nicht witzig haben/ weil<lb/>
ihn &#x017F;olches noch nicht Zeit/ und &#x017F;einem Nutzen vor-<lb/>
tra&#x0364;glich zu &#x017F;eyn bedu&#x0364;nckte. Und demnach mein Her&#xA75B;<lb/>
&#x017F;ahe/ daß ich Lu&#x017F;t zur <hi rendition="#aq">Mu&#x017F;ic</hi> hatte/ ließ er mich &#x017F;olche<lb/>
lernen/ und verdinget mich zugleich einem vortreffli-<lb/>
chen Lauteni&#x017F;ten/ de&#x017F;&#x017F;en Kun&#x017F;t ich in Ba&#x0364;lde zimlich<lb/>
begriffe/ und ihn umb &#x017F;o viel u&#x0364;bertraff/ weil ich be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
als er darein &#x017F;ingen konte: Al&#x017F;o dienete ich meinem<lb/>
Her&#xA75B;n zum Lu&#x017F;t/ zur Kurtzweil/ Ergetzung und Ver-<lb/>
wunderung. Alle Officier erzeigten mir ihren geneig-<lb/>
ten Willen/ die reich&#x017F;te Bu&#x0364;rger verebrten mich/ und<lb/>
das Haußge&#x017F;ind neben den Soldaten wolten mir<lb/>
wol/ weil &#x017F;ie &#x017F;ahen/ wie mir mein Her&#xA75B; gewogen war;<lb/>
einer &#x017F;chenckte mir hier/ der ander dort/ dann &#x017F;ie wu-<lb/>
&#x017F;ten/ daß Schalcks-Nar&#xA75B;en offt bey ihren Her&#xA75B;en<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H v</fw><fw place="bottom" type="catch">mehr</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0181] Zweytes Buch. man ſolte noch ein Zeitlang mit mir zuſehen; und ſolches thaͤt der Pfarꝛer mehr umb ſeines als meines Nutzens wegen/ dann mit dieſem/ daß er ſo ab und zugieng/ und ſich ſtellet/ als wenn er meinet halben ſich bemuͤhet/ und groſſe Sorg trug/ uͤberkam er deß Gnbernators Gunſt/ dahero gab ihm derſelbige Dienſt/ und machte ihn bey der Guarniſon zum Ca- plan/ welches in ſo ſchwerer Zeit kein geringes war/ und ich ihm hertzlich wol goͤnnete. Das XIV. Capitel. VOn dieſer Zeit an beſaß ich meines Herꝛn Gnad/ Gunſt und Lieb vollkommenlich/ deſſen ich mich wol mit Warheit ruͤhmen kan; nichts mangelt mir zu meinem beſſern Gluͤck/ als daß ich an meinem Kalbs Kleid zu viel/ und an Jahren noch zu wenig hatte/ wiewol ich ſolches ſelbſt nicht wuſte; ſo wolte mich der Pfarꝛer auch noch nicht witzig haben/ weil ihn ſolches noch nicht Zeit/ und ſeinem Nutzen vor- traͤglich zu ſeyn beduͤnckte. Und demnach mein Herꝛ ſahe/ daß ich Luſt zur Muſic hatte/ ließ er mich ſolche lernen/ und verdinget mich zugleich einem vortreffli- chen Lauteniſten/ deſſen Kunſt ich in Baͤlde zimlich begriffe/ und ihn umb ſo viel uͤbertraff/ weil ich beſſer als er darein ſingen konte: Alſo dienete ich meinem Herꝛn zum Luſt/ zur Kurtzweil/ Ergetzung und Ver- wunderung. Alle Officier erzeigten mir ihren geneig- ten Willen/ die reichſte Buͤrger verebrten mich/ und das Haußgeſind neben den Soldaten wolten mir wol/ weil ſie ſahen/ wie mir mein Herꝛ gewogen war; einer ſchenckte mir hier/ der ander dort/ dann ſie wu- ſten/ daß Schalcks-Narꝛen offt bey ihren Herꝛen mehr H v

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/181
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/181>, abgerufen am 23.11.2024.