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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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Kinderglauben.



1. Wenn ein Brüderchen oder Schwesterchen geboren wird, und die Kinder fragen, woher es gekommen sey? so sagt man ihnen: aus dem Brunnen, da hole oder schöpfe man sie heraus. Fischart im Gargantua führt das schon an. Gewöhnlich ist aber an dem Ort ein gewisser Brunnen, auf den man verweist, und wenn sie hineingucken, sehen sie ihre eigenen Köpfe unten im Wasser und glauben desto mehr daran. Kindibrunnon kommt schon in alten Diplomen (Pistorius III. 544. als ein Ortsname vor. Kanne (im Chronus S. 133. Anm.) bezieht diesen Glauben auf die durch die Mythe der ganzen alten Welt gehende Jdee von Tod und Wiedergeburt im Wasser. Er bemerkt noch, daß bei Detmold ein solcher Geburtsbrunnen Lünsborn heiße.

Oder man sagt: ein Engel bringe sie, und der habe zugleich das Zuckerwerk mitgebracht, das ihnen bei der Kindtaufe oder vorher gegeben wird; gewöhnlich sind es bunte Zuckererbsen. Oder: der Storch fische die Kinder im Wasser und bringe sie in seinem rothen Schnabel getragen, darum wird er angesungen:

Klapperstorch, Langbein,
bring meiner Mutter ein Kind heim,
leg es in Garten,
Kinderglauben.



1. Wenn ein Bruͤderchen oder Schwesterchen geboren wird, und die Kinder fragen, woher es gekommen sey? so sagt man ihnen: aus dem Brunnen, da hole oder schoͤpfe man sie heraus. Fischart im Gargantua fuͤhrt das schon an. Gewoͤhnlich ist aber an dem Ort ein gewisser Brunnen, auf den man verweist, und wenn sie hineingucken, sehen sie ihre eigenen Koͤpfe unten im Wasser und glauben desto mehr daran. Kindibrunnon kommt schon in alten Diplomen (Pistorius III. 544. als ein Ortsname vor. Kanne (im Chronus S. 133. Anm.) bezieht diesen Glauben auf die durch die Mythe der ganzen alten Welt gehende Jdee von Tod und Wiedergeburt im Wasser. Er bemerkt noch, daß bei Detmold ein solcher Geburtsbrunnen Luͤnsborn heiße.

Oder man sagt: ein Engel bringe sie, und der habe zugleich das Zuckerwerk mitgebracht, das ihnen bei der Kindtaufe oder vorher gegeben wird; gewoͤhnlich sind es bunte Zuckererbsen. Oder: der Storch fische die Kinder im Wasser und bringe sie in seinem rothen Schnabel getragen, darum wird er angesungen:

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bring meiner Mutter ein Kind heim,
leg es in Garten,
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[LX/0066] Kinderglauben. 1. Wenn ein Bruͤderchen oder Schwesterchen geboren wird, und die Kinder fragen, woher es gekommen sey? so sagt man ihnen: aus dem Brunnen, da hole oder schoͤpfe man sie heraus. Fischart im Gargantua fuͤhrt das schon an. Gewoͤhnlich ist aber an dem Ort ein gewisser Brunnen, auf den man verweist, und wenn sie hineingucken, sehen sie ihre eigenen Koͤpfe unten im Wasser und glauben desto mehr daran. Kindibrunnon kommt schon in alten Diplomen (Pistorius III. 544. als ein Ortsname vor. Kanne (im Chronus S. 133. Anm.) bezieht diesen Glauben auf die durch die Mythe der ganzen alten Welt gehende Jdee von Tod und Wiedergeburt im Wasser. Er bemerkt noch, daß bei Detmold ein solcher Geburtsbrunnen Luͤnsborn heiße. Oder man sagt: ein Engel bringe sie, und der habe zugleich das Zuckerwerk mitgebracht, das ihnen bei der Kindtaufe oder vorher gegeben wird; gewoͤhnlich sind es bunte Zuckererbsen. Oder: der Storch fische die Kinder im Wasser und bringe sie in seinem rothen Schnabel getragen, darum wird er angesungen: Klapperstorch, Langbein, bring meiner Mutter ein Kind heim, leg es in Garten,

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. LX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/66>, abgerufen am 21.11.2024.