Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819."der gehört in Stücken zerrissen zu werden." Da sagte der König, er hätte sich selber sein Urtheil gesprochen, und ward der Hauptmann gefänglich gesetzt und dann in vier Stücke zerrissen, die Königstochter aber mit dem Jäger vermählt, der holte seinen Vater und seine Mutter und die lebten in Freude bei ihrem Sohn, und nach des alten Königs Tod bekam er das Reich. 112.
Der Dreschflegel vom Himmel. Es zog einmal ein Bauer mit einem Paar Ochsen zum Pflügen aus, als er aufs Land kam, da fingen den beiden Thieren die Hörner an zu wachsen, wuchsen fort, und als er nach Haus wollte, waren sie so groß, daß er nicht mit zum Thor hinein konnte. Zu gutem Glück kam gerade ein Metzger daher, dem überließ er sie, und schlossen sie den Handel dergestalt, daß er sollte dem Metzger ein Maaß Rübsamen bringen, der wollt' ihm dann für jedes Korn einen brabanter Thaler aufzählen. Das heiß ich mir gut verkauft! Der Bauer ging nun heim und trug das Maaß Rübsamen auf dem Rücken herbei; unterwegs verlor er aber aus dem Sack ein Körnchen. Der Metzger bezahlt' ihm nach dem Handel richtig aus; hätte der Bauer das eine Korn nicht verloren, so hätte er einen brabanter Thaler mehr gehabt. Jndessen, wie er wieder des Wegs zurück kam, war aus dem Korn ein Baum gewachsen, der reichte bis an den Himmel. "Ei, dachte der Bauer, weil die Gelegenheit da ist, mußt du doch sehen, „der gehoͤrt in Stuͤcken zerrissen zu werden.“ Da sagte der Koͤnig, er haͤtte sich selber sein Urtheil gesprochen, und ward der Hauptmann gefaͤnglich gesetzt und dann in vier Stuͤcke zerrissen, die Koͤnigstochter aber mit dem Jaͤger vermaͤhlt, der holte seinen Vater und seine Mutter und die lebten in Freude bei ihrem Sohn, und nach des alten Koͤnigs Tod bekam er das Reich. 112.
Der Dreschflegel vom Himmel. Es zog einmal ein Bauer mit einem Paar Ochsen zum Pfluͤgen aus, als er aufs Land kam, da fingen den beiden Thieren die Hoͤrner an zu wachsen, wuchsen fort, und als er nach Haus wollte, waren sie so groß, daß er nicht mit zum Thor hinein konnte. Zu gutem Gluͤck kam gerade ein Metzger daher, dem uͤberließ er sie, und schlossen sie den Handel dergestalt, daß er sollte dem Metzger ein Maaß Ruͤbsamen bringen, der wollt’ ihm dann fuͤr jedes Korn einen brabanter Thaler aufzaͤhlen. Das heiß ich mir gut verkauft! Der Bauer ging nun heim und trug das Maaß Ruͤbsamen auf dem Ruͤcken herbei; unterwegs verlor er aber aus dem Sack ein Koͤrnchen. Der Metzger bezahlt’ ihm nach dem Handel richtig aus; haͤtte der Bauer das eine Korn nicht verloren, so haͤtte er einen brabanter Thaler mehr gehabt. Jndessen, wie er wieder des Wegs zuruͤck kam, war aus dem Korn ein Baum gewachsen, der reichte bis an den Himmel. „Ei, dachte der Bauer, weil die Gelegenheit da ist, mußt du doch sehen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0208" n="130"/> „der gehoͤrt in Stuͤcken zerrissen zu werden.“ Da sagte der Koͤnig, er haͤtte sich selber sein Urtheil gesprochen, und ward der Hauptmann gefaͤnglich gesetzt und dann in vier Stuͤcke zerrissen, die Koͤnigstochter aber mit dem Jaͤger vermaͤhlt, der holte seinen Vater und seine Mutter und die lebten in Freude bei ihrem Sohn, und nach des alten Koͤnigs Tod bekam er das Reich.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">112.<lb/> Der Dreschflegel vom Himmel.</hi> </head><lb/> <p>Es zog einmal ein Bauer mit einem Paar Ochsen zum Pfluͤgen aus, als er aufs Land kam, da fingen den beiden Thieren die Hoͤrner an zu wachsen, wuchsen fort, und als er nach Haus wollte, waren sie so groß, daß er nicht mit zum Thor hinein konnte. Zu gutem Gluͤck kam gerade ein Metzger daher, dem uͤberließ er sie, und schlossen sie den Handel dergestalt, daß er sollte dem Metzger ein Maaß Ruͤbsamen bringen, der wollt’ ihm dann fuͤr jedes Korn einen brabanter Thaler aufzaͤhlen. Das heiß ich mir gut verkauft! Der Bauer ging nun heim und trug das Maaß Ruͤbsamen auf dem Ruͤcken herbei; unterwegs verlor er aber aus dem Sack ein Koͤrnchen. Der Metzger bezahlt’ ihm nach dem Handel richtig aus; haͤtte der Bauer das eine Korn nicht verloren, so haͤtte er einen brabanter Thaler mehr gehabt. Jndessen, wie er wieder des Wegs zuruͤck kam, war aus dem Korn ein Baum gewachsen, der reichte bis an den Himmel. „Ei, dachte der Bauer, weil die Gelegenheit da ist, mußt du doch sehen, </p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0208]
„der gehoͤrt in Stuͤcken zerrissen zu werden.“ Da sagte der Koͤnig, er haͤtte sich selber sein Urtheil gesprochen, und ward der Hauptmann gefaͤnglich gesetzt und dann in vier Stuͤcke zerrissen, die Koͤnigstochter aber mit dem Jaͤger vermaͤhlt, der holte seinen Vater und seine Mutter und die lebten in Freude bei ihrem Sohn, und nach des alten Koͤnigs Tod bekam er das Reich.
112.
Der Dreschflegel vom Himmel.
Es zog einmal ein Bauer mit einem Paar Ochsen zum Pfluͤgen aus, als er aufs Land kam, da fingen den beiden Thieren die Hoͤrner an zu wachsen, wuchsen fort, und als er nach Haus wollte, waren sie so groß, daß er nicht mit zum Thor hinein konnte. Zu gutem Gluͤck kam gerade ein Metzger daher, dem uͤberließ er sie, und schlossen sie den Handel dergestalt, daß er sollte dem Metzger ein Maaß Ruͤbsamen bringen, der wollt’ ihm dann fuͤr jedes Korn einen brabanter Thaler aufzaͤhlen. Das heiß ich mir gut verkauft! Der Bauer ging nun heim und trug das Maaß Ruͤbsamen auf dem Ruͤcken herbei; unterwegs verlor er aber aus dem Sack ein Koͤrnchen. Der Metzger bezahlt’ ihm nach dem Handel richtig aus; haͤtte der Bauer das eine Korn nicht verloren, so haͤtte er einen brabanter Thaler mehr gehabt. Jndessen, wie er wieder des Wegs zuruͤck kam, war aus dem Korn ein Baum gewachsen, der reichte bis an den Himmel. „Ei, dachte der Bauer, weil die Gelegenheit da ist, mußt du doch sehen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/208 |
Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/208>, abgerufen am 22.02.2025. |