ziehen sich auch die Worte im Vers *) "zum Lilien- straus" sie wollen sagen, das Kind war zum Tode bereit (d. i. todt) bis auf weitern Bescheid (Gottes) aber ist es gerettet; die Lilie lebt noch, denn die Li- lie ist auch der unsterbliche Geist (s. das Märchen von den drei Brüdern I. 9. S. 28. wo statt der Lilie die ihr gleichstehende weiße Studentenblume: Nar- cisse, verwandelter Jüngling, vorkommt; und das Volkslied im Wunderhorn, wo aus dem Grab, dar- in Vater, Mutter und Kind liegen, drei Lilien auf- spriessen). Das Goldwasser und tanzende Wasser ist hier richtiger Wasser des Lebens, dieses wird öfter in den Mythen gesucht (auch in rabbinischen findet es sich) und daß es in der 1001 Nacht nicht an- ders seyn soll, ist daraus klar, daß die Princessin durch Wasser, das sie gleichfalls oben bei dem Vogel gewinnt, die schwarzen Steine zu Prinzen wie- der belebt, wie hier den schwarzen Hund; viel natürlicher ist es auch, daß es angewendet wird, um die unschuldige Mutter, die im Kerker saß, wieder gesund zu machen. -- Zum Ganzen vgl. das folgen- de Märchen.
11. Das Wasser des Lebens.
Nach einer hessischen und paderbörn. Recension. Nach der hessischen kommt die erlöste Prinzessin gar nicht vor und sie schließt damit, daß der König, um den Schuldigen aus seinen drey Söhnen zu erfor- schen, drei Decken machen läßt, eine goldene, eine silberne und eine gewöhnliche: wer über die goldene reiten werde, sey der unschuldige und das ist dann der jüngste. In der paderbörn. abweichend, und überhaupt viel unvollkommener, gibt den drei Prin- zen, die zusammen reisen, statt des Zwergs ein Fischer Auskunft. Sie können in das verzauberte Schloß nicht eher gelangen, bis jeder drei Federn von einem Falken hat, der alle drei Tage dreimal
*) Dieser Vers geht auch in andere Volkslieder der dor- tigen Gegend über.
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ziehen ſich auch die Worte im Vers *) „zum Lilien- ſtraus“ ſie wollen ſagen, das Kind war zum Tode bereit (d. i. todt) bis auf weitern Beſcheid (Gottes) aber iſt es gerettet; die Lilie lebt noch, denn die Li- lie iſt auch der unſterbliche Geiſt (ſ. das Maͤrchen von den drei Bruͤdern I. 9. S. 28. wo ſtatt der Lilie die ihr gleichſtehende weiße Studentenblume: Nar- ciſſe, verwandelter Juͤngling, vorkommt; und das Volkslied im Wunderhorn, wo aus dem Grab, dar- in Vater, Mutter und Kind liegen, drei Lilien auf- ſprieſſen). Das Goldwaſſer und tanzende Waſſer iſt hier richtiger Waſſer des Lebens, dieſes wird oͤfter in den Mythen geſucht (auch in rabbiniſchen findet es ſich) und daß es in der 1001 Nacht nicht an- ders ſeyn ſoll, iſt daraus klar, daß die Princeſſin durch Waſſer, das ſie gleichfalls oben bei dem Vogel gewinnt, die ſchwarzen Steine zu Prinzen wie- der belebt, wie hier den ſchwarzen Hund; viel natuͤrlicher iſt es auch, daß es angewendet wird, um die unſchuldige Mutter, die im Kerker ſaß, wieder geſund zu machen. — Zum Ganzen vgl. das folgen- de Maͤrchen.
11. Das Waſſer des Lebens.
Nach einer heſſiſchen und paderboͤrn. Recenſion. Nach der heſſiſchen kommt die erloͤſte Prinzeſſin gar nicht vor und ſie ſchließt damit, daß der Koͤnig, um den Schuldigen aus ſeinen drey Soͤhnen zu erfor- ſchen, drei Decken machen laͤßt, eine goldene, eine ſilberne und eine gewoͤhnliche: wer uͤber die goldene reiten werde, ſey der unſchuldige und das iſt dann der juͤngſte. In der paderboͤrn. abweichend, und uͤberhaupt viel unvollkommener, gibt den drei Prin- zen, die zuſammen reiſen, ſtatt des Zwergs ein Fiſcher Auskunft. Sie koͤnnen in das verzauberte Schloß nicht eher gelangen, bis jeder drei Federn von einem Falken hat, der alle drei Tage dreimal
*) Dieſer Vers geht auch in andere Volkslieder der dor- tigen Gegend über.
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ziehen ſich auch die Worte im Vers *) „zum Lilien-
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aber iſt es gerettet; die Lilie lebt noch, denn die Li-
lie iſt auch der unſterbliche Geiſt (ſ. das Maͤrchen
von den drei Bruͤdern I. 9. S. 28. wo ſtatt der Lilie
die ihr gleichſtehende weiße Studentenblume: Nar-
ciſſe, verwandelter Juͤngling, vorkommt; und das
Volkslied im Wunderhorn, wo aus dem Grab, dar-
in Vater, Mutter und Kind liegen, drei Lilien auf-
ſprieſſen). Das Goldwaſſer und tanzende Waſſer iſt
hier richtiger Waſſer des Lebens, dieſes wird
oͤfter in den Mythen geſucht (auch in rabbiniſchen
findet es ſich) und daß es in der 1001 Nacht nicht an-
ders ſeyn ſoll, iſt daraus klar, daß die Princeſſin
durch Waſſer, das ſie gleichfalls oben bei dem Vogel
gewinnt, die ſchwarzen Steine zu Prinzen wie-
der belebt, wie hier den ſchwarzen Hund; viel
natuͤrlicher iſt es auch, daß es angewendet wird, um
die unſchuldige Mutter, die im Kerker ſaß, wieder
geſund zu machen. — Zum Ganzen vgl. das folgen-
de Maͤrchen.
11.
Das Waſſer des Lebens.
Nach einer heſſiſchen und paderboͤrn. Recenſion.
Nach der heſſiſchen kommt die erloͤſte Prinzeſſin gar
nicht vor und ſie ſchließt damit, daß der Koͤnig, um
den Schuldigen aus ſeinen drey Soͤhnen zu erfor-
ſchen, drei Decken machen laͤßt, eine goldene, eine
ſilberne und eine gewoͤhnliche: wer uͤber die goldene
reiten werde, ſey der unſchuldige und das iſt dann
der juͤngſte. In der paderboͤrn. abweichend, und
uͤberhaupt viel unvollkommener, gibt den drei Prin-
zen, die zuſammen reiſen, ſtatt des Zwergs ein
Fiſcher Auskunft. Sie koͤnnen in das verzauberte
Schloß nicht eher gelangen, bis jeder drei Federn
von einem Falken hat, der alle drei Tage dreimal
*) Dieſer Vers geht auch in andere Volkslieder der dor-
tigen Gegend über.
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. XIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/338>, abgerufen am 22.02.2025.
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