wegs verlor er aber aus dem Sack ein Körnchen. Der Metzger bezahlt' ihn nun nach dem Handel richtig aus. Wie der Bauer wieder des Wegs zu- rück kam, war aus dem Korn ein Baum gewach- sen, der reichte bis an den Himmel. "Ei, dachte der Bauer, weil die Gelegenheit da ist, mußt du doch sehen, was die Engel da droben machen und ihnen einmal unter die Augen gucken. Also stieg er hinauf und sah, daß die Engel oben Haber droschen und schaute das mit an; wie er so schaute, merkte er, daß der Baum, worauf er stand, an- fing zu wackeln und guckte hinunter da wollt' ihn eben einer umhauen. Wenn du da herab stürzest, das wär' ein böses Ding, dachte er, und in der Noth wußt' er sich nicht besser zu helfen, als daß er die Spreu vom Haber nahm, die haufenweis da lag und daraus einen Strick drehte, auch griff er nach einer Hacke und einem Dreschflegel, die da herum im Himmel lagen und ließ sich an dem Seil herunter. Er kam aber unten auf der Erde gerade in ein tiefes, tiefes Loch, und da war es ein rechtes Glück, daß er die Hacke hatte, denn die nahm er und hackte sich eine Treppe und brachte den Dreschflegel zum Wahrzeichen mit.
27. De beiden Künnigeskinner.
Et was mol en Künig west, de hatte en klei- nen Jungen kregen, in den sin Teiken (Zeichen)
K 2
wegs verlor er aber aus dem Sack ein Koͤrnchen. Der Metzger bezahlt’ ihn nun nach dem Handel richtig aus. Wie der Bauer wieder des Wegs zu- ruͤck kam, war aus dem Korn ein Baum gewach- ſen, der reichte bis an den Himmel. „Ei, dachte der Bauer, weil die Gelegenheit da iſt, mußt du doch ſehen, was die Engel da droben machen und ihnen einmal unter die Augen gucken. Alſo ſtieg er hinauf und ſah, daß die Engel oben Haber droſchen und ſchaute das mit an; wie er ſo ſchaute, merkte er, daß der Baum, worauf er ſtand, an- fing zu wackeln und guckte hinunter da wollt’ ihn eben einer umhauen. Wenn du da herab ſtuͤrzeſt, das waͤr’ ein boͤſes Ding, dachte er, und in der Noth wußt’ er ſich nicht beſſer zu helfen, als daß er die Spreu vom Haber nahm, die haufenweis da lag und daraus einen Strick drehte, auch griff er nach einer Hacke und einem Dreſchflegel, die da herum im Himmel lagen und ließ ſich an dem Seil herunter. Er kam aber unten auf der Erde gerade in ein tiefes, tiefes Loch, und da war es ein rechtes Gluͤck, daß er die Hacke hatte, denn die nahm er und hackte ſich eine Treppe und brachte den Dreſchflegel zum Wahrzeichen mit.
27. De beiden Kuͤnnigeskinner.
Et was mol en Kuͤnig weſt, de hatte en klei- nen Jungen kregen, in den ſin Teiken (Zeichen)
K 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0168"n="147"/>
wegs verlor er aber aus dem Sack ein Koͤrnchen.<lb/>
Der Metzger bezahlt’ ihn nun nach dem Handel<lb/>
richtig aus. Wie der Bauer wieder des Wegs zu-<lb/>
ruͤck kam, war aus dem Korn ein Baum gewach-<lb/>ſen, der reichte bis an den Himmel. „Ei, dachte<lb/>
der Bauer, weil die Gelegenheit da iſt, mußt du<lb/>
doch ſehen, was die Engel da droben machen und<lb/>
ihnen einmal unter die Augen gucken. Alſo ſtieg<lb/>
er hinauf und ſah, daß die Engel oben Haber<lb/>
droſchen und ſchaute das mit an; wie er ſo ſchaute,<lb/>
merkte er, daß der Baum, worauf er ſtand, an-<lb/>
fing zu wackeln und guckte hinunter da wollt’ ihn<lb/>
eben einer umhauen. Wenn du da herab ſtuͤrzeſt,<lb/>
das waͤr’ ein boͤſes Ding, dachte er, und in der<lb/>
Noth wußt’ er ſich nicht beſſer zu helfen, als daß<lb/>
er die Spreu vom Haber nahm, die haufenweis<lb/>
da lag und daraus einen Strick drehte, auch griff<lb/>
er nach einer Hacke und einem Dreſchflegel, die<lb/>
da herum im Himmel lagen und ließ ſich an dem<lb/>
Seil herunter. Er kam aber unten auf der Erde<lb/>
gerade in ein tiefes, tiefes Loch, und da war es<lb/>
ein rechtes Gluͤck, daß er die Hacke hatte, denn<lb/>
die nahm er und hackte ſich eine Treppe und<lb/>
brachte den Dreſchflegel zum Wahrzeichen mit.</p></div><lb/><divn="1"><head>27.<lb/><hirendition="#g">De beiden Kuͤnnigeskinner</hi>.</head><lb/><p>Et was mol en Kuͤnig weſt, de hatte en klei-<lb/>
nen Jungen kregen, in den ſin Teiken (Zeichen)<lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 2</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[147/0168]
wegs verlor er aber aus dem Sack ein Koͤrnchen.
Der Metzger bezahlt’ ihn nun nach dem Handel
richtig aus. Wie der Bauer wieder des Wegs zu-
ruͤck kam, war aus dem Korn ein Baum gewach-
ſen, der reichte bis an den Himmel. „Ei, dachte
der Bauer, weil die Gelegenheit da iſt, mußt du
doch ſehen, was die Engel da droben machen und
ihnen einmal unter die Augen gucken. Alſo ſtieg
er hinauf und ſah, daß die Engel oben Haber
droſchen und ſchaute das mit an; wie er ſo ſchaute,
merkte er, daß der Baum, worauf er ſtand, an-
fing zu wackeln und guckte hinunter da wollt’ ihn
eben einer umhauen. Wenn du da herab ſtuͤrzeſt,
das waͤr’ ein boͤſes Ding, dachte er, und in der
Noth wußt’ er ſich nicht beſſer zu helfen, als daß
er die Spreu vom Haber nahm, die haufenweis
da lag und daraus einen Strick drehte, auch griff
er nach einer Hacke und einem Dreſchflegel, die
da herum im Himmel lagen und ließ ſich an dem
Seil herunter. Er kam aber unten auf der Erde
gerade in ein tiefes, tiefes Loch, und da war es
ein rechtes Gluͤck, daß er die Hacke hatte, denn
die nahm er und hackte ſich eine Treppe und
brachte den Dreſchflegel zum Wahrzeichen mit.
27.
De beiden Kuͤnnigeskinner.
Et was mol en Kuͤnig weſt, de hatte en klei-
nen Jungen kregen, in den ſin Teiken (Zeichen)
K 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/168>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.