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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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wachsen können, während die andern Glieder noch zart, schwach, und zum Dienst der Erde ungeschickt sind. Das ist der Grund, warum wir durch unsere Sammlung nicht bloß der Geschichte der Poesie und Mythologie einen Dienst erweisen wollten, sondern es zugleich Absicht war, daß die Poesie selbst, die darin lebendig ist, wirke und erfreue, wen sie erfreuen kann, also auch, daß es als ein Erziehungsbuch diene. Wir suchen für ein solches nicht jene Reinheit, die durch ein ängstliches Ausscheiden alles dessen, was Bezug auf gewisse Zustände und Verhältnisse hat, wie sie täglich vorkommen, und auf keine Weise unverborgen bleiben können und sollen, erlangt wird, und wobei man in der Täuschung ist, daß was in einem gedruckten Buche ausführbar, es auch im wirklichen Leben sey. Wir suchen die Reinheit in der Wahrheit, und geraden nichts Unrechtes im Rückhalt bergenden Erzählung. Dabei haben wir jeden für das Kindesalter nicht passenden Ausdruck in dieser neuen Auflage sorgfältig gelöscht. Sollte man dennoch einzuwenden haben daß Eltern eins und das andere in Verlegenheit setze, und ihnen anstößig vorkomme, so daß sie das Buch Kindern nicht geradezu in die Hände geben wollten, so mag für einzelne Fälle die Sorge begründet

wachsen koͤnnen, waͤhrend die andern Glieder noch zart, schwach, und zum Dienst der Erde ungeschickt sind. Das ist der Grund, warum wir durch unsere Sammlung nicht bloß der Geschichte der Poesie und Mythologie einen Dienst erweisen wollten, sondern es zugleich Absicht war, daß die Poesie selbst, die darin lebendig ist, wirke und erfreue, wen sie erfreuen kann, also auch, daß es als ein Erziehungsbuch diene. Wir suchen fuͤr ein solches nicht jene Reinheit, die durch ein aͤngstliches Ausscheiden alles dessen, was Bezug auf gewisse Zustaͤnde und Verhaͤltnisse hat, wie sie taͤglich vorkommen, und auf keine Weise unverborgen bleiben koͤnnen und sollen, erlangt wird, und wobei man in der Taͤuschung ist, daß was in einem gedruckten Buche ausfuͤhrbar, es auch im wirklichen Leben sey. Wir suchen die Reinheit in der Wahrheit, und geraden nichts Unrechtes im Ruͤckhalt bergenden Erzaͤhlung. Dabei haben wir jeden fuͤr das Kindesalter nicht passenden Ausdruck in dieser neuen Auflage sorgfaͤltig geloͤscht. Sollte man dennoch einzuwenden haben daß Eltern eins und das andere in Verlegenheit setze, und ihnen anstoͤßig vorkomme, so daß sie das Buch Kindern nicht geradezu in die Haͤnde geben wollten, so mag fuͤr einzelne Faͤlle die Sorge begruͤndet

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[X/0013] wachsen koͤnnen, waͤhrend die andern Glieder noch zart, schwach, und zum Dienst der Erde ungeschickt sind. Das ist der Grund, warum wir durch unsere Sammlung nicht bloß der Geschichte der Poesie und Mythologie einen Dienst erweisen wollten, sondern es zugleich Absicht war, daß die Poesie selbst, die darin lebendig ist, wirke und erfreue, wen sie erfreuen kann, also auch, daß es als ein Erziehungsbuch diene. Wir suchen fuͤr ein solches nicht jene Reinheit, die durch ein aͤngstliches Ausscheiden alles dessen, was Bezug auf gewisse Zustaͤnde und Verhaͤltnisse hat, wie sie taͤglich vorkommen, und auf keine Weise unverborgen bleiben koͤnnen und sollen, erlangt wird, und wobei man in der Taͤuschung ist, daß was in einem gedruckten Buche ausfuͤhrbar, es auch im wirklichen Leben sey. Wir suchen die Reinheit in der Wahrheit, und geraden nichts Unrechtes im Ruͤckhalt bergenden Erzaͤhlung. Dabei haben wir jeden fuͤr das Kindesalter nicht passenden Ausdruck in dieser neuen Auflage sorgfaͤltig geloͤscht. Sollte man dennoch einzuwenden haben daß Eltern eins und das andere in Verlegenheit setze, und ihnen anstoͤßig vorkomme, so daß sie das Buch Kindern nicht geradezu in die Haͤnde geben wollten, so mag fuͤr einzelne Faͤlle die Sorge begruͤndet

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/13>, abgerufen am 26.04.2024.