Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.27. Die Bremer Stadmusikanten. Es hatte ein Mann einen Esel, der ihm schon lange Jahre treu gedient hatte, dessen Kräfte aber nun zu Ende giengen, so daß er zur Arbeit immer untauglicher ward. Da wollt ihn der Herr aus dem Futter schaffen, aber der Esel merkte daß kein guter Wind wehte, lief fort, und machte sich auf den Weg nach Bremen, 'dort,' dachte er, 'kannst du ja Stadtmusikant werden.' Als er ein Weilchen fortgegangen war, fand er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der jappte wie einer, der sich müde gelaufen. 'Nun, was jappst du so?' sprach der Esel. 'Ach,' sagte der Hund, 'weil ich alt bin, und jeden Tag schwächer werde, und auf der Jagd nicht mehr fort kann, hat mich mein Herr wollen todtschlagen, da hab ich Reißaus genommen; aber womit soll ich nun mein Brot verdienen?' 'Weißt du was,' spach der Esel, 'ich gehe nach Bremen, dort Stadtmusikant zu werden, geh mit und laß dich auch bei der Musik annehmen.' Der Hund wars zufrieden, und sie giengen weiter. Es dauerte nicht lange, so saß da eine Katze an dem Weg, und machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. 'Nun, was ist dir denn in die Queere gekommen?' sprach der Esel. 'Wer kann 27. Die Bremer Stadmusikanten. Es hatte ein Mann einen Esel, der ihm schon lange Jahre treu gedient hatte, dessen Kraͤfte aber nun zu Ende giengen, so daß er zur Arbeit immer untauglicher ward. Da wollt ihn der Herr aus dem Futter schaffen, aber der Esel merkte daß kein guter Wind wehte, lief fort, und machte sich auf den Weg nach Bremen, ‘dort,’ dachte er, ‘kannst du ja Stadtmusikant werden.’ Als er ein Weilchen fortgegangen war, fand er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der jappte wie einer, der sich muͤde gelaufen. ‘Nun, was jappst du so?’ sprach der Esel. ‘Ach,’ sagte der Hund, ‘weil ich alt bin, und jeden Tag schwaͤcher werde, und auf der Jagd nicht mehr fort kann, hat mich mein Herr wollen todtschlagen, da hab ich Reißaus genommen; aber womit soll ich nun mein Brot verdienen?’ ‘Weißt du was,’ spach der Esel, ‘ich gehe nach Bremen, dort Stadtmusikant zu werden, geh mit und laß dich auch bei der Musik annehmen.’ Der Hund wars zufrieden, und sie giengen weiter. Es dauerte nicht lange, so saß da eine Katze an dem Weg, und machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. ‘Nun, was ist dir denn in die Queere gekommen?’ sprach der Esel. ‘Wer kann <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0199" n="166"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">27.<lb/> Die Bremer Stadmusikanten.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s hatte ein Mann einen Esel, der ihm schon lange Jahre treu gedient hatte, dessen Kraͤfte aber nun zu Ende giengen, so daß er zur Arbeit immer untauglicher ward. Da wollt ihn der Herr aus dem Futter schaffen, aber der Esel merkte daß kein guter Wind wehte, lief fort, und machte sich auf den Weg nach Bremen, ‘dort,’ dachte er, ‘kannst du ja Stadtmusikant werden.’ Als er ein Weilchen fortgegangen war, fand er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der jappte wie einer, der sich muͤde gelaufen. ‘Nun, was jappst du so?’ sprach der Esel. ‘Ach,’ sagte der Hund, ‘weil ich alt bin, und jeden Tag schwaͤcher werde, und auf der Jagd nicht mehr fort kann, hat mich mein Herr wollen todtschlagen, da hab ich Reißaus genommen; aber womit soll ich nun mein Brot verdienen?’ ‘Weißt du was,’ spach der Esel, ‘ich gehe nach Bremen, dort Stadtmusikant zu werden, geh mit und laß dich auch bei der Musik annehmen.’ Der Hund wars zufrieden, und sie giengen weiter. Es dauerte nicht lange, so saß da eine Katze an dem Weg, und machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. ‘Nun, was ist dir denn in die Queere gekommen?’ sprach der Esel. ‘Wer kann </p> </div> </body> </text> </TEI> [166/0199]
27.
Die Bremer Stadmusikanten.
Es hatte ein Mann einen Esel, der ihm schon lange Jahre treu gedient hatte, dessen Kraͤfte aber nun zu Ende giengen, so daß er zur Arbeit immer untauglicher ward. Da wollt ihn der Herr aus dem Futter schaffen, aber der Esel merkte daß kein guter Wind wehte, lief fort, und machte sich auf den Weg nach Bremen, ‘dort,’ dachte er, ‘kannst du ja Stadtmusikant werden.’ Als er ein Weilchen fortgegangen war, fand er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der jappte wie einer, der sich muͤde gelaufen. ‘Nun, was jappst du so?’ sprach der Esel. ‘Ach,’ sagte der Hund, ‘weil ich alt bin, und jeden Tag schwaͤcher werde, und auf der Jagd nicht mehr fort kann, hat mich mein Herr wollen todtschlagen, da hab ich Reißaus genommen; aber womit soll ich nun mein Brot verdienen?’ ‘Weißt du was,’ spach der Esel, ‘ich gehe nach Bremen, dort Stadtmusikant zu werden, geh mit und laß dich auch bei der Musik annehmen.’ Der Hund wars zufrieden, und sie giengen weiter. Es dauerte nicht lange, so saß da eine Katze an dem Weg, und machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. ‘Nun, was ist dir denn in die Queere gekommen?’ sprach der Esel. ‘Wer kann
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |