Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.und Mutter essen, wenn ich groß bin." Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu weinen, holten alsofort den alten Großvater an den Tisch, und ließen ihn von nun an immer mit essen; sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschüttete. 79.
Die Wassernix. Ein Brüderchen und ein Schwesterchen spielten an einem Brunnen und wie sie so spielten, plumpten sie beide hinein. Da war eine Wassernix, die sprach: "jetzt hab ich euch, jetzt sollt ihr mir brav arbeiten!" und dem Mädchen gab sie verwirrten, garstigen Flachs zu spinnen, und Wasser mußte es in ein hohles Faß schleppen, der Jung aber sollte einen Baum mit einer stumpfen Axt hauen, und nichts zu essen bekamen sie, als steinharte Klöße. Da wurden zuletzt die Kinder so ungeduldig, daß sie warteten, bis eines Sonntags die Nixe in der Kirche war, da entflohen sie. Und als die Kirche vorbei war, sah die Nix, daß die Vögel ausgeflogen waren, und setzte ihnen mit großen Sprüngen nach. Die Kinder erblickten sie aber von weitem, und das Mädchen warf eine Bürste hinter sich, das gab einen großen Bürstenberg, mit tausend und tausend Stacheln, über den die Nix mit großer Müh klettern mußte, endlich aber kam sie doch hinüber. Wie das die Kinder sahen, warf der Knabe einen Kamm hinter sich, das gab einen großen Kammberg, mit tausend mal tausend Zinken, aber und Mutter essen, wenn ich groß bin.“ Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu weinen, holten alsofort den alten Großvater an den Tisch, und ließen ihn von nun an immer mit essen; sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschuͤttete. 79.
Die Wassernix. Ein Bruͤderchen und ein Schwesterchen spielten an einem Brunnen und wie sie so spielten, plumpten sie beide hinein. Da war eine Wassernix, die sprach: „jetzt hab ich euch, jetzt sollt ihr mir brav arbeiten!“ und dem Maͤdchen gab sie verwirrten, garstigen Flachs zu spinnen, und Wasser mußte es in ein hohles Faß schleppen, der Jung aber sollte einen Baum mit einer stumpfen Axt hauen, und nichts zu essen bekamen sie, als steinharte Kloͤße. Da wurden zuletzt die Kinder so ungeduldig, daß sie warteten, bis eines Sonntags die Nixe in der Kirche war, da entflohen sie. Und als die Kirche vorbei war, sah die Nix, daß die Voͤgel ausgeflogen waren, und setzte ihnen mit großen Spruͤngen nach. Die Kinder erblickten sie aber von weitem, und das Maͤdchen warf eine Buͤrste hinter sich, das gab einen großen Buͤrstenberg, mit tausend und tausend Stacheln, uͤber den die Nix mit großer Muͤh klettern mußte, endlich aber kam sie doch hinuͤber. Wie das die Kinder sahen, warf der Knabe einen Kamm hinter sich, das gab einen großen Kammberg, mit tausend mal tausend Zinken, aber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0466" n="402"/> und Mutter essen, wenn ich groß bin.“ Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu weinen, holten alsofort den alten Großvater an den Tisch, und ließen ihn von nun an immer mit essen; sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschuͤttete.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">79.<lb/> Die Wassernix.</hi> </head><lb/> <p>Ein Bruͤderchen und ein Schwesterchen spielten an einem Brunnen und wie sie so spielten, plumpten sie beide hinein. Da war eine Wassernix, die sprach: „jetzt hab ich euch, jetzt sollt ihr mir brav arbeiten!“ und dem Maͤdchen gab sie verwirrten, garstigen Flachs zu spinnen, und Wasser mußte es in ein hohles Faß schleppen, der Jung aber sollte einen Baum mit einer stumpfen Axt hauen, und nichts zu essen bekamen sie, als steinharte Kloͤße. Da wurden zuletzt die Kinder so ungeduldig, daß sie warteten, bis eines Sonntags die Nixe in der Kirche war, da entflohen sie. Und als die Kirche vorbei war, sah die Nix, daß die Voͤgel ausgeflogen waren, und setzte ihnen mit großen Spruͤngen nach. Die Kinder erblickten sie aber von weitem, und das Maͤdchen warf eine Buͤrste hinter sich, das gab einen großen Buͤrstenberg, mit tausend und tausend Stacheln, uͤber den die Nix mit großer Muͤh klettern mußte, endlich aber kam sie doch hinuͤber. Wie das die Kinder sahen, warf der Knabe einen Kamm hinter sich, das gab einen großen Kammberg, mit tausend mal tausend Zinken, aber </p> </div> </body> </text> </TEI> [402/0466]
und Mutter essen, wenn ich groß bin.“ Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu weinen, holten alsofort den alten Großvater an den Tisch, und ließen ihn von nun an immer mit essen; sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschuͤttete.
79.
Die Wassernix.
Ein Bruͤderchen und ein Schwesterchen spielten an einem Brunnen und wie sie so spielten, plumpten sie beide hinein. Da war eine Wassernix, die sprach: „jetzt hab ich euch, jetzt sollt ihr mir brav arbeiten!“ und dem Maͤdchen gab sie verwirrten, garstigen Flachs zu spinnen, und Wasser mußte es in ein hohles Faß schleppen, der Jung aber sollte einen Baum mit einer stumpfen Axt hauen, und nichts zu essen bekamen sie, als steinharte Kloͤße. Da wurden zuletzt die Kinder so ungeduldig, daß sie warteten, bis eines Sonntags die Nixe in der Kirche war, da entflohen sie. Und als die Kirche vorbei war, sah die Nix, daß die Voͤgel ausgeflogen waren, und setzte ihnen mit großen Spruͤngen nach. Die Kinder erblickten sie aber von weitem, und das Maͤdchen warf eine Buͤrste hinter sich, das gab einen großen Buͤrstenberg, mit tausend und tausend Stacheln, uͤber den die Nix mit großer Muͤh klettern mußte, endlich aber kam sie doch hinuͤber. Wie das die Kinder sahen, warf der Knabe einen Kamm hinter sich, das gab einen großen Kammberg, mit tausend mal tausend Zinken, aber
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
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