Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

mit dem andern die beiden Regimenter an, da fuhren sie aus einander und in die Luft über die Berge fort, der eine hierhin der andere dorthin. Ein Feldwebel rief um Gnade: "er hätte neun Wunden und wäre ein braver Kerl, der den Schimpf nicht verdiene." Da ließ der Bläser ein wenig nach, so daß er ohne Schaden wieder herab kam, dann sprach er zu ihm: "nun geh heim zum König und sag ihm, er sollt nur noch mehr Reiterei schicken, ich wollte sie alle in die Luft hineinblasen." Der König, als er den Bescheid vernahm, sprach: "laßt sie gehen, sie haben etwas an sich!" Da brachten die sechs den Reichthum heim, theilten ihn unter sich und lebten vergnügt bis an ihr Ende.

72.
Der Wolf und der Mensch.

Der Fuchs erzählte einmal dem Wolf von der Stärke des Menschen, kein Thier könnte ihm widerstehen und sie müßten List gebrauchen, um sich vor ihm zu erhalten. Da antwortete der Wolf: "wenn ich nur einmal einen zu sehen bekäme, ich wollte doch auf ihn losgehen." "Dazu kann ich dir helfen, sprach der Fuchs, komm nur morgen früh zu mir so will ich dir einen zeigen." Der Wolf stellte sich frühzeitig ein, und der Fuchs ging mit ihm an den Weg, wo der Jäger alle Tage herkam. Zuerst kam ein alter, abgedankter Soldat. "Jst das ein Mensch?" fragte der Wolf. "Nein, antwortete der Fuchs, das ist einer gewesen." Darnach kam ein kleiner Knabe, der zur Schule

mit dem andern die beiden Regimenter an, da fuhren sie aus einander und in die Luft uͤber die Berge fort, der eine hierhin der andere dorthin. Ein Feldwebel rief um Gnade: „er haͤtte neun Wunden und waͤre ein braver Kerl, der den Schimpf nicht verdiene.“ Da ließ der Blaͤser ein wenig nach, so daß er ohne Schaden wieder herab kam, dann sprach er zu ihm: „nun geh heim zum Koͤnig und sag ihm, er sollt nur noch mehr Reiterei schicken, ich wollte sie alle in die Luft hineinblasen.“ Der Koͤnig, als er den Bescheid vernahm, sprach: „laßt sie gehen, sie haben etwas an sich!“ Da brachten die sechs den Reichthum heim, theilten ihn unter sich und lebten vergnuͤgt bis an ihr Ende.

72.
Der Wolf und der Mensch.

Der Fuchs erzaͤhlte einmal dem Wolf von der Staͤrke des Menschen, kein Thier koͤnnte ihm widerstehen und sie muͤßten List gebrauchen, um sich vor ihm zu erhalten. Da antwortete der Wolf: „wenn ich nur einmal einen zu sehen bekaͤme, ich wollte doch auf ihn losgehen.“ „Dazu kann ich dir helfen, sprach der Fuchs, komm nur morgen fruͤh zu mir so will ich dir einen zeigen.“ Der Wolf stellte sich fruͤhzeitig ein, und der Fuchs ging mit ihm an den Weg, wo der Jaͤger alle Tage herkam. Zuerst kam ein alter, abgedankter Soldat. „Jst das ein Mensch?“ fragte der Wolf. „Nein, antwortete der Fuchs, das ist einer gewesen.“ Darnach kam ein kleiner Knabe, der zur Schule

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0449" n="385"/>
mit dem andern die beiden Regimenter an, da fuhren sie aus einander und in die Luft u&#x0364;ber die Berge fort, der eine hierhin der andere dorthin. Ein Feldwebel rief um Gnade: &#x201E;er ha&#x0364;tte neun Wunden und wa&#x0364;re ein braver Kerl, der den Schimpf nicht verdiene.&#x201C; Da ließ der Bla&#x0364;ser ein wenig nach, so daß er ohne Schaden wieder herab kam, dann sprach er zu ihm: &#x201E;nun geh heim zum Ko&#x0364;nig und sag ihm, er sollt nur noch mehr Reiterei schicken, ich wollte sie alle in die Luft hineinblasen.&#x201C; Der Ko&#x0364;nig, als er den Bescheid vernahm, sprach: &#x201E;laßt sie gehen, sie haben etwas an sich!&#x201C; Da brachten die sechs den Reichthum heim, theilten ihn unter sich und lebten vergnu&#x0364;gt bis an ihr Ende.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">72.<lb/>
Der Wolf und der Mensch.</hi> </head><lb/>
        <p>Der Fuchs erza&#x0364;hlte einmal dem Wolf von der Sta&#x0364;rke des Menschen, kein Thier ko&#x0364;nnte ihm widerstehen und sie mu&#x0364;ßten List gebrauchen, um sich vor ihm zu erhalten. Da antwortete der Wolf: &#x201E;wenn ich nur einmal einen zu sehen beka&#x0364;me, ich wollte doch auf ihn losgehen.&#x201C; &#x201E;Dazu kann ich dir helfen, sprach der Fuchs, komm nur morgen fru&#x0364;h zu mir so will ich dir einen zeigen.&#x201C; Der Wolf stellte sich fru&#x0364;hzeitig ein, und der Fuchs ging mit ihm an den Weg, wo der Ja&#x0364;ger alle Tage herkam. Zuerst kam ein alter, abgedankter Soldat. &#x201E;Jst das ein Mensch?&#x201C; fragte der Wolf. &#x201E;Nein, antwortete der Fuchs, das ist einer gewesen.&#x201C; Darnach kam ein kleiner Knabe, der zur Schule
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[385/0449] mit dem andern die beiden Regimenter an, da fuhren sie aus einander und in die Luft uͤber die Berge fort, der eine hierhin der andere dorthin. Ein Feldwebel rief um Gnade: „er haͤtte neun Wunden und waͤre ein braver Kerl, der den Schimpf nicht verdiene.“ Da ließ der Blaͤser ein wenig nach, so daß er ohne Schaden wieder herab kam, dann sprach er zu ihm: „nun geh heim zum Koͤnig und sag ihm, er sollt nur noch mehr Reiterei schicken, ich wollte sie alle in die Luft hineinblasen.“ Der Koͤnig, als er den Bescheid vernahm, sprach: „laßt sie gehen, sie haben etwas an sich!“ Da brachten die sechs den Reichthum heim, theilten ihn unter sich und lebten vergnuͤgt bis an ihr Ende. 72. Der Wolf und der Mensch. Der Fuchs erzaͤhlte einmal dem Wolf von der Staͤrke des Menschen, kein Thier koͤnnte ihm widerstehen und sie muͤßten List gebrauchen, um sich vor ihm zu erhalten. Da antwortete der Wolf: „wenn ich nur einmal einen zu sehen bekaͤme, ich wollte doch auf ihn losgehen.“ „Dazu kann ich dir helfen, sprach der Fuchs, komm nur morgen fruͤh zu mir so will ich dir einen zeigen.“ Der Wolf stellte sich fruͤhzeitig ein, und der Fuchs ging mit ihm an den Weg, wo der Jaͤger alle Tage herkam. Zuerst kam ein alter, abgedankter Soldat. „Jst das ein Mensch?“ fragte der Wolf. „Nein, antwortete der Fuchs, das ist einer gewesen.“ Darnach kam ein kleiner Knabe, der zur Schule

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/449
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/449>, abgerufen am 03.12.2024.