Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.war gestorben. Nun brachten die Kinder Reichthümer genug mit und sie brauchten für Essen und Trinken nicht mehr zu sorgen. 16.
Die drei Schlangenblätter. Es war einmal ein armer Mann, der hatte einen einzigen Sohn, er konnte ihn aber nicht mehr ernähren. Da sprach der Sohn: "lieber Vater, es geht euch so kümmerlich, ihr könnt mir das Brot nicht mehr geben, ich will fort und sehen, wie ich mir durch die Welt helfe." Da gab ihm der Vater seinen Segen und nahm mit großer Trauer Abschied, der Sohn aber ward Soldat und zog mit ins Feld. Als er vor den Feind kam, da gings scharf her und regnete blaue Bohnen, daß seine Kammeraden von allen Seiten niederstürzten. Endlich fiel auch ihr Anführer, da wollten die übrigen fliehen, aber der Jüngling trat heraus, sprach ihnen Muth ein und rief: "unser Vaterland wollen wir nicht lassen!" Da folgten sie ihm und er drang ein und schlug den Feind. Wie die Nachricht zum König kam, daß dieser allein die Schlacht gewonnen hätte, erhob er ihn, machte ihn zu einem mächtigen und angesehenen Manne und gab ihm große Schätze. Dieser König hatte eine schöne aber wunderliche Tochter, die einen seltsamen Schwur gethan. Wer nämlich ihr Herr und Gemahl werden wolle, müsse versprechen, sie nicht zu überleben, also daß wenn sie zuerst stürbe, er sich lebendig mit ihr müße begraben lassen; dagegen wollte sie ein gleiches thun, wenn er zuerst stürbe. war gestorben. Nun brachten die Kinder Reichthuͤmer genug mit und sie brauchten fuͤr Essen und Trinken nicht mehr zu sorgen. 16.
Die drei Schlangenblaͤtter. Es war einmal ein armer Mann, der hatte einen einzigen Sohn, er konnte ihn aber nicht mehr ernaͤhren. Da sprach der Sohn: „lieber Vater, es geht euch so kuͤmmerlich, ihr koͤnnt mir das Brot nicht mehr geben, ich will fort und sehen, wie ich mir durch die Welt helfe.“ Da gab ihm der Vater seinen Segen und nahm mit großer Trauer Abschied, der Sohn aber ward Soldat und zog mit ins Feld. Als er vor den Feind kam, da gings scharf her und regnete blaue Bohnen, daß seine Kammeraden von allen Seiten niederstuͤrzten. Endlich fiel auch ihr Anfuͤhrer, da wollten die uͤbrigen fliehen, aber der Juͤngling trat heraus, sprach ihnen Muth ein und rief: „unser Vaterland wollen wir nicht lassen!“ Da folgten sie ihm und er drang ein und schlug den Feind. Wie die Nachricht zum Koͤnig kam, daß dieser allein die Schlacht gewonnen haͤtte, erhob er ihn, machte ihn zu einem maͤchtigen und angesehenen Manne und gab ihm große Schaͤtze. Dieser Koͤnig hatte eine schoͤne aber wunderliche Tochter, die einen seltsamen Schwur gethan. Wer naͤmlich ihr Herr und Gemahl werden wolle, muͤsse versprechen, sie nicht zu uͤberleben, also daß wenn sie zuerst stuͤrbe, er sich lebendig mit ihr muͤße begraben lassen; dagegen wollte sie ein gleiches thun, wenn er zuerst stuͤrbe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0152" n="88"/> war gestorben. Nun brachten die Kinder Reichthuͤmer genug mit und sie brauchten fuͤr Essen und Trinken nicht mehr zu sorgen.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">16.<lb/> Die drei Schlangenblaͤtter.</hi> </head><lb/> <p>Es war einmal ein armer Mann, der hatte einen einzigen Sohn, er konnte ihn aber nicht mehr ernaͤhren. Da sprach der Sohn: „lieber Vater, es geht euch so kuͤmmerlich, ihr koͤnnt mir das Brot nicht mehr geben, ich will fort und sehen, wie ich mir durch die Welt helfe.“ Da gab ihm der Vater seinen Segen und nahm mit großer Trauer Abschied, der Sohn aber ward Soldat und zog mit ins Feld. Als er vor den Feind kam, da gings scharf her und regnete blaue Bohnen, daß seine Kammeraden von allen Seiten niederstuͤrzten. Endlich fiel auch ihr Anfuͤhrer, da wollten die uͤbrigen fliehen, aber der Juͤngling trat heraus, sprach ihnen Muth ein und rief: „unser Vaterland wollen wir nicht lassen!“ Da folgten sie ihm und er drang ein und schlug den Feind. Wie die Nachricht zum Koͤnig kam, daß dieser allein die Schlacht gewonnen haͤtte, erhob er ihn, machte ihn zu einem maͤchtigen und angesehenen Manne und gab ihm große Schaͤtze.</p><lb/> <p>Dieser Koͤnig hatte eine schoͤne aber wunderliche Tochter, die einen seltsamen Schwur gethan. Wer naͤmlich ihr Herr und Gemahl werden wolle, muͤsse versprechen, sie nicht zu uͤberleben, also daß wenn sie zuerst stuͤrbe, er sich lebendig mit ihr muͤße begraben lassen; dagegen wollte sie ein gleiches thun, wenn er zuerst stuͤrbe. </p> </div> </body> </text> </TEI> [88/0152]
war gestorben. Nun brachten die Kinder Reichthuͤmer genug mit und sie brauchten fuͤr Essen und Trinken nicht mehr zu sorgen.
16.
Die drei Schlangenblaͤtter.
Es war einmal ein armer Mann, der hatte einen einzigen Sohn, er konnte ihn aber nicht mehr ernaͤhren. Da sprach der Sohn: „lieber Vater, es geht euch so kuͤmmerlich, ihr koͤnnt mir das Brot nicht mehr geben, ich will fort und sehen, wie ich mir durch die Welt helfe.“ Da gab ihm der Vater seinen Segen und nahm mit großer Trauer Abschied, der Sohn aber ward Soldat und zog mit ins Feld. Als er vor den Feind kam, da gings scharf her und regnete blaue Bohnen, daß seine Kammeraden von allen Seiten niederstuͤrzten. Endlich fiel auch ihr Anfuͤhrer, da wollten die uͤbrigen fliehen, aber der Juͤngling trat heraus, sprach ihnen Muth ein und rief: „unser Vaterland wollen wir nicht lassen!“ Da folgten sie ihm und er drang ein und schlug den Feind. Wie die Nachricht zum Koͤnig kam, daß dieser allein die Schlacht gewonnen haͤtte, erhob er ihn, machte ihn zu einem maͤchtigen und angesehenen Manne und gab ihm große Schaͤtze.
Dieser Koͤnig hatte eine schoͤne aber wunderliche Tochter, die einen seltsamen Schwur gethan. Wer naͤmlich ihr Herr und Gemahl werden wolle, muͤsse versprechen, sie nicht zu uͤberleben, also daß wenn sie zuerst stuͤrbe, er sich lebendig mit ihr muͤße begraben lassen; dagegen wollte sie ein gleiches thun, wenn er zuerst stuͤrbe.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/152 |
Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/152>, abgerufen am 22.02.2025. |