Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

hörte in der Luft ein Geräusch, und es kamen
zwölf Raben hergeflogen und ließen sich nieder.
Wie sie die Erde berührten, waren es zwölf
schöne Prinzen, die rissen das Feuer von ein-
ander und führten ihre Schwester heraus. Da
sprach sie ihr erstes Wort wieder und sagte
dem König alles, wie es zugegangen und sie
die zwölf Brüder habe erlösen müssen; und sie
waren alle vergnügt, daß es so wohl gewor-
den war.

Was sollten sie mit der bösen Stiefmutter
anfangen; sie ward in ein Faß gesteckt von sie-
dendem Oehl und von giftigen Schlangen an-
gefüllt, und starb da eines bösen Todes.

10.
Das Lumpengesindel.

Hähnchen sprach zum Hühnchen: "die
Nüsse sind reif, da wollen wir mit einander
auf den Berg gehen, und uns einmal recht satt
daran essen, eh sie das Eichhorn alle wegholt."
Ja, antwortete das Hühnchen, "komm da wol-
len wir uns eine Lust miteinander machen."
Sie gingen zusammen fort, und weil es ein hel-
ler Tag war, blieben sie bis zum Abend; nun
weiß ich nicht, ob sie sich so dick gegessen oder
ob sie so übermüthig geworden waren, sie woll-
ten nicht zu Fuß nach Haus gehen, und das

hoͤrte in der Luft ein Geraͤuſch, und es kamen
zwoͤlf Raben hergeflogen und ließen ſich nieder.
Wie ſie die Erde beruͤhrten, waren es zwoͤlf
ſchoͤne Prinzen, die riſſen das Feuer von ein-
ander und fuͤhrten ihre Schweſter heraus. Da
ſprach ſie ihr erſtes Wort wieder und ſagte
dem Koͤnig alles, wie es zugegangen und ſie
die zwoͤlf Bruͤder habe erloͤſen muͤſſen; und ſie
waren alle vergnuͤgt, daß es ſo wohl gewor-
den war.

Was ſollten ſie mit der boͤſen Stiefmutter
anfangen; ſie ward in ein Faß geſteckt von ſie-
dendem Oehl und von giftigen Schlangen an-
gefuͤllt, und ſtarb da eines boͤſen Todes.

10.
Das Lumpengeſindel.

Haͤhnchen ſprach zum Huͤhnchen: „die
Nuͤſſe ſind reif, da wollen wir mit einander
auf den Berg gehen, und uns einmal recht ſatt
daran eſſen, eh ſie das Eichhorn alle wegholt.“
Ja, antwortete das Huͤhnchen, „komm da wol-
len wir uns eine Luſt miteinander machen.“
Sie gingen zuſammen fort, und weil es ein hel-
ler Tag war, blieben ſie bis zum Abend; nun
weiß ich nicht, ob ſie ſich ſo dick gegeſſen oder
ob ſie ſo uͤbermuͤthig geworden waren, ſie woll-
ten nicht zu Fuß nach Haus gehen, und das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="30"/>
ho&#x0364;rte in der Luft ein Gera&#x0364;u&#x017F;ch, und es kamen<lb/>
zwo&#x0364;lf Raben hergeflogen und ließen &#x017F;ich nieder.<lb/>
Wie &#x017F;ie die Erde beru&#x0364;hrten, waren es zwo&#x0364;lf<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Prinzen, die ri&#x017F;&#x017F;en das Feuer von ein-<lb/>
ander und fu&#x0364;hrten ihre Schwe&#x017F;ter heraus. Da<lb/>
&#x017F;prach &#x017F;ie ihr er&#x017F;tes Wort wieder und &#x017F;agte<lb/>
dem Ko&#x0364;nig alles, wie es zugegangen und &#x017F;ie<lb/>
die zwo&#x0364;lf Bru&#x0364;der habe erlo&#x0364;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; und &#x017F;ie<lb/>
waren alle vergnu&#x0364;gt, daß es &#x017F;o wohl gewor-<lb/>
den war.</p><lb/>
        <p>Was &#x017F;ollten &#x017F;ie mit der bo&#x0364;&#x017F;en Stiefmutter<lb/>
anfangen; &#x017F;ie ward in ein Faß ge&#x017F;teckt von &#x017F;ie-<lb/>
dendem Oehl und von giftigen Schlangen an-<lb/>
gefu&#x0364;llt, und &#x017F;tarb da eines bo&#x0364;&#x017F;en Todes.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>10.<lb/><hi rendition="#g">Das Lumpenge&#x017F;indel</hi>.</head><lb/>
        <p>Ha&#x0364;hnchen &#x017F;prach zum Hu&#x0364;hnchen: &#x201E;die<lb/>
Nu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind reif, da wollen wir mit einander<lb/>
auf den Berg gehen, und uns einmal recht &#x017F;att<lb/>
daran e&#x017F;&#x017F;en, eh &#x017F;ie das Eichhorn alle wegholt.&#x201C;<lb/>
Ja, antwortete das Hu&#x0364;hnchen, &#x201E;komm da wol-<lb/>
len wir uns eine Lu&#x017F;t miteinander machen.&#x201C;<lb/>
Sie gingen zu&#x017F;ammen fort, und weil es ein hel-<lb/>
ler Tag war, blieben &#x017F;ie bis zum Abend; nun<lb/>
weiß ich nicht, ob &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;o dick gege&#x017F;&#x017F;en oder<lb/>
ob &#x017F;ie &#x017F;o u&#x0364;bermu&#x0364;thig geworden waren, &#x017F;ie woll-<lb/>
ten nicht zu Fuß nach Haus gehen, und das<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0064] hoͤrte in der Luft ein Geraͤuſch, und es kamen zwoͤlf Raben hergeflogen und ließen ſich nieder. Wie ſie die Erde beruͤhrten, waren es zwoͤlf ſchoͤne Prinzen, die riſſen das Feuer von ein- ander und fuͤhrten ihre Schweſter heraus. Da ſprach ſie ihr erſtes Wort wieder und ſagte dem Koͤnig alles, wie es zugegangen und ſie die zwoͤlf Bruͤder habe erloͤſen muͤſſen; und ſie waren alle vergnuͤgt, daß es ſo wohl gewor- den war. Was ſollten ſie mit der boͤſen Stiefmutter anfangen; ſie ward in ein Faß geſteckt von ſie- dendem Oehl und von giftigen Schlangen an- gefuͤllt, und ſtarb da eines boͤſen Todes. 10. Das Lumpengeſindel. Haͤhnchen ſprach zum Huͤhnchen: „die Nuͤſſe ſind reif, da wollen wir mit einander auf den Berg gehen, und uns einmal recht ſatt daran eſſen, eh ſie das Eichhorn alle wegholt.“ Ja, antwortete das Huͤhnchen, „komm da wol- len wir uns eine Luſt miteinander machen.“ Sie gingen zuſammen fort, und weil es ein hel- ler Tag war, blieben ſie bis zum Abend; nun weiß ich nicht, ob ſie ſich ſo dick gegeſſen oder ob ſie ſo uͤbermuͤthig geworden waren, ſie woll- ten nicht zu Fuß nach Haus gehen, und das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/64
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/64>, abgerufen am 18.12.2024.