Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

lich verbrannt, und sie durfte nicht aufhören bis
sie sich zu todt getanzt hatte.

54.
Hans Dumm.

Es war ein König, der lebte mit seiner
Tochter, die sein einziges Kind war, vergnügt:
auf einmal aber brachte die Prinzessin ein Kind
zur Welt, und niemand wußte, wer der Vater
war; der König wußte lang nicht, was er an-
fangen sollte, am Ende befahl er, die Prinzes-
sin solle mit dem Kind in die Kirche gehen, da
sollte ihm eine Citrone in die Hand gegeben
werden, und wem es die reiche, solle der Va-
ter des Kinds und Gemahl der Prinzessin seyn.
Das geschah nun, doch war der Befehl gege-
ben, daß niemand als schöne Leute in die Kir-
che sollten eingelassen werden. Es war aber in
der Stadt ein kleiner, schiefer und buckelichter
Bursch, der nicht recht klug war, und darum
der Hans Dumm hieß, der drängte sich unge-
sehen zwischen den andern auch in die Kirche,
und wie das Kind die Citrone austheilen soll-
te, so reichte es sie dem Hans Dumm. Die
Prinzessin war erschrocken, der König war so
aufgebracht, daß er sie und das Kind mit dem
Hans Dumm in eine Tonne stecken und aufs
Meer setzen ließ. Die Tonne schwamm bald

lich verbrannt, und ſie durfte nicht aufhoͤren bis
ſie ſich zu todt getanzt hatte.

54.
Hans Dumm.

Es war ein Koͤnig, der lebte mit ſeiner
Tochter, die ſein einziges Kind war, vergnuͤgt:
auf einmal aber brachte die Prinzeſſin ein Kind
zur Welt, und niemand wußte, wer der Vater
war; der Koͤnig wußte lang nicht, was er an-
fangen ſollte, am Ende befahl er, die Prinzeſ-
ſin ſolle mit dem Kind in die Kirche gehen, da
ſollte ihm eine Citrone in die Hand gegeben
werden, und wem es die reiche, ſolle der Va-
ter des Kinds und Gemahl der Prinzeſſin ſeyn.
Das geſchah nun, doch war der Befehl gege-
ben, daß niemand als ſchoͤne Leute in die Kir-
che ſollten eingelaſſen werden. Es war aber in
der Stadt ein kleiner, ſchiefer und buckelichter
Burſch, der nicht recht klug war, und darum
der Hans Dumm hieß, der draͤngte ſich unge-
ſehen zwiſchen den andern auch in die Kirche,
und wie das Kind die Citrone austheilen ſoll-
te, ſo reichte es ſie dem Hans Dumm. Die
Prinzeſſin war erſchrocken, der Koͤnig war ſo
aufgebracht, daß er ſie und das Kind mit dem
Hans Dumm in eine Tonne ſtecken und aufs
Meer ſetzen ließ. Die Tonne ſchwamm bald

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0284" n="250"/>
lich verbrannt, und &#x017F;ie durfte nicht aufho&#x0364;ren bis<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich zu todt getanzt hatte.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>54.<lb/><hi rendition="#g">Hans Dumm</hi>.</head><lb/>
        <p>Es war ein Ko&#x0364;nig, der lebte mit &#x017F;einer<lb/>
Tochter, die &#x017F;ein einziges Kind war, vergnu&#x0364;gt:<lb/>
auf einmal aber brachte die Prinze&#x017F;&#x017F;in ein Kind<lb/>
zur Welt, und niemand wußte, wer der Vater<lb/>
war; der Ko&#x0364;nig wußte lang nicht, was er an-<lb/>
fangen &#x017F;ollte, am Ende befahl er, die Prinze&#x017F;-<lb/>
&#x017F;in &#x017F;olle mit dem Kind in die Kirche gehen, da<lb/>
&#x017F;ollte ihm eine Citrone in die Hand gegeben<lb/>
werden, und wem es die reiche, &#x017F;olle der Va-<lb/>
ter des Kinds und Gemahl der Prinze&#x017F;&#x017F;in &#x017F;eyn.<lb/>
Das ge&#x017F;chah nun, doch war der Befehl gege-<lb/>
ben, daß niemand als &#x017F;cho&#x0364;ne Leute in die Kir-<lb/>
che &#x017F;ollten eingela&#x017F;&#x017F;en werden. Es war aber in<lb/>
der Stadt ein kleiner, &#x017F;chiefer und buckelichter<lb/>
Bur&#x017F;ch, der nicht recht klug war, und darum<lb/>
der Hans Dumm hieß, der dra&#x0364;ngte &#x017F;ich unge-<lb/>
&#x017F;ehen zwi&#x017F;chen den andern auch in die Kirche,<lb/>
und wie das Kind die Citrone austheilen &#x017F;oll-<lb/>
te, &#x017F;o reichte es &#x017F;ie dem Hans Dumm. Die<lb/>
Prinze&#x017F;&#x017F;in war er&#x017F;chrocken, der Ko&#x0364;nig war &#x017F;o<lb/>
aufgebracht, daß er &#x017F;ie und das Kind mit dem<lb/>
Hans Dumm in eine Tonne &#x017F;tecken und aufs<lb/>
Meer &#x017F;etzen ließ. Die Tonne &#x017F;chwamm bald<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0284] lich verbrannt, und ſie durfte nicht aufhoͤren bis ſie ſich zu todt getanzt hatte. 54. Hans Dumm. Es war ein Koͤnig, der lebte mit ſeiner Tochter, die ſein einziges Kind war, vergnuͤgt: auf einmal aber brachte die Prinzeſſin ein Kind zur Welt, und niemand wußte, wer der Vater war; der Koͤnig wußte lang nicht, was er an- fangen ſollte, am Ende befahl er, die Prinzeſ- ſin ſolle mit dem Kind in die Kirche gehen, da ſollte ihm eine Citrone in die Hand gegeben werden, und wem es die reiche, ſolle der Va- ter des Kinds und Gemahl der Prinzeſſin ſeyn. Das geſchah nun, doch war der Befehl gege- ben, daß niemand als ſchoͤne Leute in die Kir- che ſollten eingelaſſen werden. Es war aber in der Stadt ein kleiner, ſchiefer und buckelichter Burſch, der nicht recht klug war, und darum der Hans Dumm hieß, der draͤngte ſich unge- ſehen zwiſchen den andern auch in die Kirche, und wie das Kind die Citrone austheilen ſoll- te, ſo reichte es ſie dem Hans Dumm. Die Prinzeſſin war erſchrocken, der Koͤnig war ſo aufgebracht, daß er ſie und das Kind mit dem Hans Dumm in eine Tonne ſtecken und aufs Meer ſetzen ließ. Die Tonne ſchwamm bald

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/284
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/284>, abgerufen am 18.12.2024.