Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

"Wohin Hans?" -- "Zur Grethel." --
"Machs gut, Hans." -- "Schon gut machen,
Adies Mutter." -- "Guten Tag, Grethel." --
"Guten Tag, Hans: was bringst du Gutes?"
-- "Bring nichts, gegeben han."

Grethel sagt: "ich will mit dir gehen."
Hans bindet die Grethel an ein Seil, leitet
sie, führt sie vor die Raufe und knüpft sie fest.
"Guten Abend, Mutter." -- "Guten Abend,
Hans: wo bist du gewesen?" -- "Bei der
Grethel." -- "Was hast du ihr gebracht." --
"Nichts gebracht, gegeben hat." -- "Was hat
sie dir gegeben." -- "Grethel mitgegangen."
-- "Wo hast du die Grethel." -- "Geleitet,
vor die Raufe geknüpft, Gras vorgeworfen."
-- "Das hast du dumm gemacht, mußt ihr die
Augen freundlich zuwerfen." -- "Thut nichts,
besser machen."

Hans geht in den Stall, sticht allen Käl-
bern und Schafen die Augen aus und wirft
sie der Grethel ins Gesicht; da wird Grethel
bös, reißt sich los, und läuft fort und ist Han-
sens Braut gewesen.

II.

Im Geslinger Thal, da wohnt eine sehr
reiche Wittfrau, die hätt' einen einigen Sohn,
der war einer groben und tollen Verständniß:
er war auch der allernärrischte Mensch unter al-

„Wohin Hans?“ — „Zur Grethel.“ —
„Machs gut, Hans.“ — „Schon gut machen,
Adies Mutter.“ — „Guten Tag, Grethel.“ —
„Guten Tag, Hans: was bringſt du Gutes?“
— „Bring nichts, gegeben han.“

Grethel ſagt: „ich will mit dir gehen.“
Hans bindet die Grethel an ein Seil, leitet
ſie, fuͤhrt ſie vor die Raufe und knuͤpft ſie feſt.
„Guten Abend, Mutter.“ — „Guten Abend,
Hans: wo biſt du geweſen?“ — „Bei der
Grethel.“ — „Was haſt du ihr gebracht.“ —
„Nichts gebracht, gegeben hat.“ — „Was hat
ſie dir gegeben.“ — „Grethel mitgegangen.“
— „Wo haſt du die Grethel.“ — „Geleitet,
vor die Raufe geknuͤpft, Gras vorgeworfen.“
— „Das haſt du dumm gemacht, mußt ihr die
Augen freundlich zuwerfen.“ — „Thut nichts,
beſſer machen.“

Hans geht in den Stall, ſticht allen Kaͤl-
bern und Schafen die Augen aus und wirft
ſie der Grethel ins Geſicht; da wird Grethel
boͤs, reißt ſich los, und laͤuft fort und iſt Han-
ſens Braut geweſen.

II.

Im Geslinger Thal, da wohnt eine ſehr
reiche Wittfrau, die haͤtt' einen einigen Sohn,
der war einer groben und tollen Verſtaͤndniß:
er war auch der allernaͤrriſchte Menſch unter al-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0176" n="142"/>
          <p>&#x201E;Wohin Hans?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Zur Grethel.&#x201C; &#x2014;<lb/>
&#x201E;Machs gut, Hans.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Schon gut machen,<lb/>
Adies Mutter.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Guten Tag, Grethel.&#x201C; &#x2014;<lb/>
&#x201E;Guten Tag, Hans: was bring&#x017F;t du Gutes?&#x201C;<lb/>
&#x2014; &#x201E;Bring nichts, gegeben han.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Grethel &#x017F;agt: &#x201E;ich will mit dir gehen.&#x201C;<lb/>
Hans bindet die Grethel an ein Seil, leitet<lb/>
&#x017F;ie, fu&#x0364;hrt &#x017F;ie vor die Raufe und knu&#x0364;pft &#x017F;ie fe&#x017F;t.<lb/>
&#x201E;Guten Abend, Mutter.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Guten Abend,<lb/>
Hans: wo bi&#x017F;t du gewe&#x017F;en?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Bei der<lb/>
Grethel.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Was ha&#x017F;t du ihr gebracht.&#x201C; &#x2014;<lb/>
&#x201E;Nichts gebracht, gegeben hat.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Was hat<lb/>
&#x017F;ie dir gegeben.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Grethel mitgegangen.&#x201C;<lb/>
&#x2014; &#x201E;Wo ha&#x017F;t du die Grethel.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Geleitet,<lb/>
vor die Raufe geknu&#x0364;pft, Gras vorgeworfen.&#x201C;<lb/>
&#x2014; &#x201E;Das ha&#x017F;t du dumm gemacht, mußt ihr die<lb/>
Augen freundlich zuwerfen.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Thut nichts,<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er machen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Hans geht in den Stall, &#x017F;ticht allen Ka&#x0364;l-<lb/>
bern und Schafen die Augen aus und wirft<lb/>
&#x017F;ie der Grethel ins Ge&#x017F;icht; da wird Grethel<lb/>
bo&#x0364;s, reißt &#x017F;ich los, und la&#x0364;uft fort und i&#x017F;t Han-<lb/>
&#x017F;ens Braut gewe&#x017F;en.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">II.</hi> </head><lb/>
          <p>Im Geslinger Thal, da wohnt eine &#x017F;ehr<lb/>
reiche Wittfrau, die ha&#x0364;tt' einen einigen Sohn,<lb/>
der war einer groben und tollen Ver&#x017F;ta&#x0364;ndniß:<lb/>
er war auch der allerna&#x0364;rri&#x017F;chte Men&#x017F;ch unter al-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0176] „Wohin Hans?“ — „Zur Grethel.“ — „Machs gut, Hans.“ — „Schon gut machen, Adies Mutter.“ — „Guten Tag, Grethel.“ — „Guten Tag, Hans: was bringſt du Gutes?“ — „Bring nichts, gegeben han.“ Grethel ſagt: „ich will mit dir gehen.“ Hans bindet die Grethel an ein Seil, leitet ſie, fuͤhrt ſie vor die Raufe und knuͤpft ſie feſt. „Guten Abend, Mutter.“ — „Guten Abend, Hans: wo biſt du geweſen?“ — „Bei der Grethel.“ — „Was haſt du ihr gebracht.“ — „Nichts gebracht, gegeben hat.“ — „Was hat ſie dir gegeben.“ — „Grethel mitgegangen.“ — „Wo haſt du die Grethel.“ — „Geleitet, vor die Raufe geknuͤpft, Gras vorgeworfen.“ — „Das haſt du dumm gemacht, mußt ihr die Augen freundlich zuwerfen.“ — „Thut nichts, beſſer machen.“ Hans geht in den Stall, ſticht allen Kaͤl- bern und Schafen die Augen aus und wirft ſie der Grethel ins Geſicht; da wird Grethel boͤs, reißt ſich los, und laͤuft fort und iſt Han- ſens Braut geweſen. II. Im Geslinger Thal, da wohnt eine ſehr reiche Wittfrau, die haͤtt' einen einigen Sohn, der war einer groben und tollen Verſtaͤndniß: er war auch der allernaͤrriſchte Menſch unter al-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/176
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/176>, abgerufen am 18.12.2024.