sonst zu verrichten. Es war aber unferne da- von ein Geizhals, der trachtete bei Nachts auf seinem Lager, wie er doch mehr Geld und Gut zusammenbringen mögte, den führte der Tod zu dem großen Wasser und stieß ihn hinein. Weil er aber nicht schwimmen konnte, ist er zu Grunde gesunken, bevor er an das Ufer kom- men. Seine Hunde und Katzen, so ihm nach- gelaufen, sind auch mit ihm ersoffen. Etliche Tage hernach kam der Tod auch zu dem Gäns- hirten, fand ihn fröhlich singen und sprach zu ihm: "willst du nun mit?" Er war willig und kam mit seinen weißen Gänsen wohl hinüber, welche alle in weiße Schafe verwandelt worden. Der Gänshirt betrachtete das schöne Land und hörte, daß die Hirten der Orten zu Königen würden, und indem er sich recht umsahe, ka- men ihm die Erzhirten Abraham, Isaac und Jacob entgegen, setzten ihm eine königliche Kro- ne auf, und führten ihn in der Hirten Schloß, allda er noch zu finden.
28. Der singende Knochen.
Ein Wildschwein thät großen Schaden in dem ganzen Land, kein Mensch getraute sich in den Wald, wo es herum lief, und wer so kühn war und auf es einging und es tödten wollte,
ſonſt zu verrichten. Es war aber unferne da- von ein Geizhals, der trachtete bei Nachts auf ſeinem Lager, wie er doch mehr Geld und Gut zuſammenbringen moͤgte, den fuͤhrte der Tod zu dem großen Waſſer und ſtieß ihn hinein. Weil er aber nicht ſchwimmen konnte, iſt er zu Grunde geſunken, bevor er an das Ufer kom- men. Seine Hunde und Katzen, ſo ihm nach- gelaufen, ſind auch mit ihm erſoffen. Etliche Tage hernach kam der Tod auch zu dem Gaͤns- hirten, fand ihn froͤhlich ſingen und ſprach zu ihm: „willſt du nun mit?“ Er war willig und kam mit ſeinen weißen Gaͤnſen wohl hinuͤber, welche alle in weiße Schafe verwandelt worden. Der Gaͤnshirt betrachtete das ſchoͤne Land und hoͤrte, daß die Hirten der Orten zu Koͤnigen wuͤrden, und indem er ſich recht umſahe, ka- men ihm die Erzhirten Abraham, Iſaac und Jacob entgegen, ſetzten ihm eine koͤnigliche Kro- ne auf, und fuͤhrten ihn in der Hirten Schloß, allda er noch zu finden.
28. Der ſingende Knochen.
Ein Wildſchwein thaͤt großen Schaden in dem ganzen Land, kein Menſch getraute ſich in den Wald, wo es herum lief, und wer ſo kuͤhn war und auf es einging und es toͤdten wollte,
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ſonſt zu verrichten. Es war aber unferne da-
von ein Geizhals, der trachtete bei Nachts auf
ſeinem Lager, wie er doch mehr Geld und Gut
zuſammenbringen moͤgte, den fuͤhrte der Tod
zu dem großen Waſſer und ſtieß ihn hinein.
Weil er aber nicht ſchwimmen konnte, iſt er zu
Grunde geſunken, bevor er an das Ufer kom-
men. Seine Hunde und Katzen, ſo ihm nach-
gelaufen, ſind auch mit ihm erſoffen. Etliche
Tage hernach kam der Tod auch zu dem Gaͤns-
hirten, fand ihn froͤhlich ſingen und ſprach zu
ihm: „willſt du nun mit?“ Er war willig und
kam mit ſeinen weißen Gaͤnſen wohl hinuͤber,
welche alle in weiße Schafe verwandelt worden.
Der Gaͤnshirt betrachtete das ſchoͤne Land und
hoͤrte, daß die Hirten der Orten zu Koͤnigen
wuͤrden, und indem er ſich recht umſahe, ka-
men ihm die Erzhirten Abraham, Iſaac und
Jacob entgegen, ſetzten ihm eine koͤnigliche Kro-
ne auf, und fuͤhrten ihn in der Hirten Schloß,
allda er noch zu finden.
28.
Der ſingende Knochen.
Ein Wildſchwein thaͤt großen Schaden in
dem ganzen Land, kein Menſch getraute ſich in
den Wald, wo es herum lief, und wer ſo kuͤhn
war und auf es einging und es toͤdten wollte,
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/153>, abgerufen am 18.11.2024.
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