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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. partikelcomposition. -- part. mit nom.
vidr-eign (commercium); vidr-leifi (substentatio vitae);
vidr-maeli (colloquium); vidr-nefni (cognomen); vidr-sia
(cautela); vidr-vist (praesentia). Mhd. wider-bot Wigal.;
wider-brühtee MS. 2, 128a; wider-doß Wh. 1, 98a; wider-
drieß Bert. 247; wider-glast Barl.; wider-ker Nib. Trist.;
wider-muete Bert. 247; wider-rede Nib.; wider-ruoft Parc.
177b; wider-saz (inimicus) Parc. 194a Barl.; wider-saeße
MS. 2, 228b; wider-schein Vrih. Trist.; wider-slac Wigal.;
wider-spaenic troj. 121c 133b; wider-spel Nib.; wider-sprache
Karl 14a; wider-stendic Bert. 172; wider-streit MS. 2, 171a Wi-
gal.; wider-traz Vrib. Trist.; wider-vart Wh. 2, 136a Karl 90b
Nib.; wider-vehte (inimicus) Karl 71a; wider-wanc c. p. 361,
70b Parc. 101a 114a; wider-warte (hostis) c. p. 361, 73b Trist.;
wider-winne (adversarius) Nib.; wider-zaeme (indecorus,
horridus) c. p. 361, 52d Parc. 60a Wigal. Bert. 284. u. a. m.
Nhd. haben die grammatiker des verfloßnen jahrh. einen
unbegründeten, dem ohr unvernehmbaren unterschied
zwischen wider und wieder eingeführt, um die bedeu-
tungen contra und rursus damit zu faßen. Da diese natür-
lich in einander streifen, z. b. wider-schein sowohl abprall
und gegenwirkung, als wiederhohlung des lichts bezeich-
net, ohnehin der mehrfache sinn vieler anderer partikeln
nicht durch die schreibung hervorgehoben wird; so könnte
man die unterscheidung getrost aufgeben. Ich will ste
hier noch beibehalten: wieder-geburt; wieder-hall; wi-
der-halt; wieder-kehr; wieder-klage: wieder-kunft; wi-
der-rede; wider-ruf; wider-sacher; wieder-schall; wie-
der-schein; wider-sinn, -sinnig; wider-spenstig; wider-
spiel; wider-spruch; widerstand; wieder-tause; -täuser;
wider-wärtig; wider-wille u. m. a. -- Außer dem vori-
gen vid sind verwandt ab, aber, after, gegen, id, uo.


Parteikel mit verbum (s. 703.).

Vorbemerkungen: 1) da jedwede partikelcomposition
eine uneigentliche ist, d. h. weniger aus dem bedürfnis
zwei wörter miteinander zu verbinden hervorgeht, als
aus einer verhärtung der wortstellung; so muß, weil die
partikel (das adverbium) neben verbis ihre freie stellung
länger behauptet, als neben nomeinibus, zusammensetzung
mit jenen später und seltner eingetreten sein. 2) sie tritt
ein hauptsächlich und in der regel nur bei solchen par-
tikeln, deren echte gestalt durch schwächung des vocals
oder entziehung des tons gelitten hat. Diese vermögen
gleichsam nicht mehr auf eignen füßen zu stehen, dauern

III. partikelcompoſition. — part. mit nom.
viðr-eign (commercium); viðr-lîfi (ſubſtentatio vitae);
viðr-mæli (colloquium); viðr-nefni (cognomen); viðr-ſiâ
(cautela); viðr-viſt (praeſentia). Mhd. wider-bot Wigal.;
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drieƷ Bert. 247; wider-glaſt Barl.; wider-kêr Nib. Triſt.;
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177b; wider-ſaz (inimicus) Parc. 194a Barl.; wider-ſæƷe
MS. 2, 228b; wider-ſchîn Vrih. Triſt.; wider-ſlac Wigal.;
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Karl 14a; wider-ſtendic Bert. 172; wider-ſtrît MS. 2, 171a Wi-
gal.; wider-traz Vrib. Triſt.; wider-vart Wh. 2, 136a Karl 90b
Nib.; wider-vëhte (inimicus) Karl 71a; wider-wanc c. p. 361,
70b Parc. 101a 114a; wider-warte (hoſtis) c. p. 361, 73b Triſt.;
wider-winne (adverſarius) Nib.; wider-zæme (indecorus,
horridus) c. p. 361, 52d Parc. 60a Wigal. Bert. 284. u. a. m.
Nhd. haben die grammatiker des verfloßnen jahrh. einen
unbegründeten, dem ohr unvernehmbaren unterſchied
zwiſchen wider und wieder eingeführt, um die bedeu-
tungen contra und rurſus damit zu faßen. Da dieſe natür-
lich in einander ſtreifen, z. b. wider-ſchein ſowohl abprall
und gegenwirkung, als wiederhohlung des lichts bezeich-
net, ohnehin der mehrfache ſinn vieler anderer partikeln
nicht durch die ſchreibung hervorgehoben wird; ſo könnte
man die unterſcheidung getroſt aufgeben. Ich will ſte
hier noch beibehalten: wieder-geburt; wieder-hall; wi-
der-halt; wieder-kehr; wieder-klage: wieder-kunft; wi-
der-rede; wider-ruf; wider-ſacher; wieder-ſchall; wie-
der-ſchein; wider-ſinn, -ſinnig; wider-ſpenſtig; wider-
ſpiel; wider-ſpruch; widerſtand; wieder-tauſe; -täuſer;
wider-wärtig; wider-wille u. m. a. — Außer dem vori-
gen við ſind verwandt ab, aber, after, gegen, ïd, uo.


Partîkel mit verbum (ſ. 703.).

Vorbemerkungen: 1) da jedwede partikelcompoſition
eine uneigentliche iſt, d. h. weniger aus dem bedürfnis
zwei wörter miteinander zu verbinden hervorgeht, als
aus einer verhärtung der wortſtellung; ſo muß, weil die
partikel (das adverbium) neben verbis ihre freie ſtellung
länger behauptet, als neben nomînibus, zuſammenſetzung
mit jenen ſpäter und ſeltner eingetreten ſein. 2) ſie tritt
ein hauptſächlich und in der regel nur bei ſolchen par-
tikeln, deren echte geſtalt durch ſchwächung des vocals
oder entziehung des tons gelitten hat. Dieſe vermögen
gleichſam nicht mehr auf eignen füßen zu ſtehen, dauern

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[796/0814] III. partikelcompoſition. — part. mit nom. viðr-eign (commercium); viðr-lîfi (ſubſtentatio vitae); viðr-mæli (colloquium); viðr-nefni (cognomen); viðr-ſiâ (cautela); viðr-viſt (praeſentia). Mhd. wider-bot Wigal.; wider-brühtee MS. 2, 128a; wider-dôƷ Wh. 1, 98a; wider- drieƷ Bert. 247; wider-glaſt Barl.; wider-kêr Nib. Triſt.; wider-muete Bert. 247; wider-rede Nib.; wider-ruoft Parc. 177b; wider-ſaz (inimicus) Parc. 194a Barl.; wider-ſæƷe MS. 2, 228b; wider-ſchîn Vrih. Triſt.; wider-ſlac Wigal.; wider-ſpænic troj. 121c 133b; wider-ſpël Nib.; wider-ſprâche Karl 14a; wider-ſtendic Bert. 172; wider-ſtrît MS. 2, 171a Wi- gal.; wider-traz Vrib. Triſt.; wider-vart Wh. 2, 136a Karl 90b Nib.; wider-vëhte (inimicus) Karl 71a; wider-wanc c. p. 361, 70b Parc. 101a 114a; wider-warte (hoſtis) c. p. 361, 73b Triſt.; wider-winne (adverſarius) Nib.; wider-zæme (indecorus, horridus) c. p. 361, 52d Parc. 60a Wigal. Bert. 284. u. a. m. Nhd. haben die grammatiker des verfloßnen jahrh. einen unbegründeten, dem ohr unvernehmbaren unterſchied zwiſchen wider und wieder eingeführt, um die bedeu- tungen contra und rurſus damit zu faßen. Da dieſe natür- lich in einander ſtreifen, z. b. wider-ſchein ſowohl abprall und gegenwirkung, als wiederhohlung des lichts bezeich- net, ohnehin der mehrfache ſinn vieler anderer partikeln nicht durch die ſchreibung hervorgehoben wird; ſo könnte man die unterſcheidung getroſt aufgeben. Ich will ſte hier noch beibehalten: wieder-geburt; wieder-hall; wi- der-halt; wieder-kehr; wieder-klage: wieder-kunft; wi- der-rede; wider-ruf; wider-ſacher; wieder-ſchall; wie- der-ſchein; wider-ſinn, -ſinnig; wider-ſpenſtig; wider- ſpiel; wider-ſpruch; widerſtand; wieder-tauſe; -täuſer; wider-wärtig; wider-wille u. m. a. — Außer dem vori- gen við ſind verwandt ab, aber, after, gegen, ïd, uo. Partîkel mit verbum (ſ. 703.). Vorbemerkungen: 1) da jedwede partikelcompoſition eine uneigentliche iſt, d. h. weniger aus dem bedürfnis zwei wörter miteinander zu verbinden hervorgeht, als aus einer verhärtung der wortſtellung; ſo muß, weil die partikel (das adverbium) neben verbis ihre freie ſtellung länger behauptet, als neben nomînibus, zuſammenſetzung mit jenen ſpäter und ſeltner eingetreten ſein. 2) ſie tritt ein hauptſächlich und in der regel nur bei ſolchen par- tikeln, deren echte geſtalt durch ſchwächung des vocals oder entziehung des tons gelitten hat. Dieſe vermögen gleichſam nicht mehr auf eignen füßen zu ſtehen, dauern

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 796. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/814>, abgerufen am 21.12.2024.