a) masculina; aus dem goth. acc. pl. viduv-airnans orphanous) Joh. 14, 18. ein subst. viduv-airns oder viduv-airna zu folgern, ist unsicher, man brauchte cin bloßes adj. viduv-airns (orbus) anzunehmen? Masc. scheint mir das ahd. pil-arn (gingiva) pl. pil-arna (gingivae) mons. 342. (wo die worte tres ordines nicht das deutsche wort angehen können) flor. 988b, der sg. pil-ern, pil-ren stehet gl. vind. und trev. 8b, pil-ari (?) doc. 228b, die heutige oberdeutsche volkssprache hat noch: bild-ern, bilg-ern, bill-er, vgl. Frisch 1, 97a Stald. 1, 171. Fischart pill-er-lein Garg. mihi 46a 112a. Ferner ahd. zuit-arn (hermaphroditus, spurius) jun. 228. doc. 220a, nhd. zwitt-er, in mundarten aber zwid-arn, zwied-orn, zwied- arm. Da in der ersten hälfte des wortes offenbar zui- (lat. bi-) steckt und das folgende t schwer zu deuten ist, so fragt sich, ob nicht statt zuit-arn ein compos. zui-tarn anzunehmen sei? das mir jedoch ebenfalls dunkel bleibt. Das altn. tvei-toli (hermaphroditus) dän. tve-tulle ist in der that mit tol (instrumentum) ags. tol, engl. tool zu- sammengesetzt, doch kann in dem hochd. ausdrucke nicht dasselbe wort liegen, da sonst z stehen müste. Zeiz- arn, ein eigenname bei Neugart kann auch mit arn (aquila) componiert sein. Auf -orn weiß ich nur ah- orn (platanus) trev. 17a blas. 52a, das lat. acer; in andorn marrubium) blas. 56a jun. 330. lindebr. 997b depandorn (rhamnus) hrab. 973a steckt dorn?
b) feminina, das ahd. diorna, (puerpera) jun. 246. traga-diorna (gerula) jun. 208. thiorna (virgo) O. dierena (puella) W. 6, 5, 8. scheint aus dem einfachen diu, thiu (ancilla) T. 3, 9. O. I. 5, 129. fortgebildet und eigentlich: deiuw-arna, dio-arna *). Gleichergestalt erwuchs aus dem altn. thy (mancipium, ancilla prolifera) therna (famula) schwed. tärna, dän. tärne. Die bedeutungen virgo, an- cilla fließen in diesem und ähnlichen wörtern (z. b. ma- gad) untereinander. Bald wurde die form durch elision des vocals weiter verkürzt, schon trev. 10a blas. 24a dirna (puella) und mhd. reimt dirne: gestirne; doch stehet Parc. 62b dieren; mnl. dieren Rein. 1875. Die Angelsachsen haben in dem worte nicht die ableitung -rn, sondern -n:
*) dionon, mhd. dienen (servire) ist verkürzt aus diuw-inon; dionust, dienest aus diuw-inust. Ags. theovjan, theovode (servire) ohne ableitendes -n; das wäre ahd. diuwon.
III. conſonantiſche ableitungen. RN.
ableitungen mit RN.
1) ſubſtantiva, meiſt neutra.
α) maſculina; aus dem goth. acc. pl. viduv-aírnans ὀρφανούς) Joh. 14, 18. ein ſubſt. viduv-aírns oder viduv-aírna zu folgern, iſt unſicher, man brauchte cin bloßes adj. viduv-aírns (orbus) anzunehmen? Maſc. ſcheint mir das ahd. pil-arn (gingiva) pl. pil-arnâ (gingivae) monſ. 342. (wo die worte tres ordines nicht das deutſche wort angehen können) flor. 988b, der ſg. pil-ern, pil-ren ſtehet gl. vind. und trev. 8b, pil-ari (?) doc. 228b, die heutige oberdeutſche volksſprache hat noch: bild-ern, bilg-ern, bill-er, vgl. Friſch 1, 97a Stald. 1, 171. Fiſchart pill-er-lein Garg. mihi 46a 112a. Ferner ahd. zuit-arn (hermaphroditus, ſpurius) jun. 228. doc. 220a, nhd. zwitt-er, in mundarten aber zwid-arn, zwied-orn, zwied- arm. Da in der erſten hälfte des wortes offenbar zui- (lat. bi-) ſteckt und das folgende t ſchwer zu deuten iſt, ſo fragt ſich, ob nicht ſtatt zuit-arn ein compoſ. zui-tarn anzunehmen ſei? das mir jedoch ebenfalls dunkel bleibt. Das altn. tvî-tôli (hermaphroditus) dän. tve-tulle iſt in der that mit tôl (inſtrumentum) agſ. tôl, engl. tool zu- ſammengeſetzt, doch kann in dem hochd. ausdrucke nicht daſſelbe wort liegen, da ſonſt z ſtehen müſte. Zeiz- arn, ein eigenname bei Neugart kann auch mit arn (aquila) componiert ſein. Auf -orn weiß ich nur ah- orn (platanus) trev. 17a blaſ. 52a, das lat. acer; in andorn marrubium) blaſ. 56a jun. 330. lindebr. 997b depandorn (rhamnus) hrab. 973a ſteckt dorn?
β) feminina, das ahd. diorna, (puerpera) jun. 246. traga-diorna (gerula) jun. 208. thiorna (virgo) O. dierena (puella) W. 6, 5, 8. ſcheint aus dem einfachen diu, thiu (ancilla) T. 3, 9. O. I. 5, 129. fortgebildet und eigentlich: dîuw-arna, dio-arna *). Gleichergeſtalt erwuchs aus dem altn. þŷ (mancipium, ancilla prolifera) þërna (famula) ſchwed. tärna, dän. tärne. Die bedeutungen virgo, an- cilla fließen in dieſem und ähnlichen wörtern (z. b. ma- gad) untereinander. Bald wurde die form durch eliſion des vocals weiter verkürzt, ſchon trev. 10a blaſ. 24a dirna (puella) und mhd. reimt dirne: geſtirne; doch ſtehet Parc. 62b dieren; mnl. dieren Rein. 1875. Die Angelſachſen haben in dem worte nicht die ableitung -rn, ſondern -n:
*) dionôn, mhd. dienen (ſervire) iſt verkürzt aus diuw-inôn; dionuſt, dieneſt aus diuw-inuſt. Agſ. þëóvjan, þëóvôde (ſervire) ohne ableitendes -n; das wäre ahd. diuwôn.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0354"n="336"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">III. <hirendition="#i">conſonantiſche ableitungen. RN.</hi></hi></fw><lb/><divn="4"><head><hirendition="#i">ableitungen mit RN.</hi></head><lb/><p>1) <hirendition="#i">ſubſtantiva</hi>, meiſt neutra.</p><lb/><p><hirendition="#i">α</hi>) <hirendition="#i">maſculina;</hi> aus dem goth. acc. pl. viduv-aírnans<lb/><hirendition="#i">ὀρφανούς</hi>) Joh. 14, 18. ein ſubſt. viduv-aírns oder<lb/>
viduv-aírna zu folgern, iſt unſicher, man brauchte<lb/>
cin bloßes adj. viduv-aírns (orbus) anzunehmen?<lb/>
Maſc. ſcheint mir das ahd. pil-arn (gingiva) pl. pil-arnâ<lb/>
(gingivae) monſ. 342. (wo die worte tres ordines nicht<lb/>
das deutſche wort angehen können) flor. 988<hirendition="#sup">b</hi>, der ſg.<lb/>
pil-ern, pil-ren ſtehet gl. vind. und trev. 8<hirendition="#sup">b</hi>, pil-ari (?)<lb/>
doc. 228<hirendition="#sup">b</hi>, die heutige oberdeutſche volksſprache hat noch:<lb/>
bild-ern, bilg-ern, bill-er, vgl. Friſch 1, 97<hirendition="#sup">a</hi> Stald. 1, 171.<lb/>
Fiſchart pill-er-lein Garg. mihi 46<hirendition="#sup">a</hi> 112<hirendition="#sup">a</hi>. Ferner ahd.<lb/>
zuit-arn (hermaphroditus, ſpurius) jun. 228. doc. 220<hirendition="#sup">a</hi>, nhd.<lb/>
zwitt-er, in mundarten aber zwid-arn, zwied-orn, zwied-<lb/>
arm. Da in der erſten hälfte des wortes offenbar zui-<lb/>
(lat. bi-) ſteckt und das folgende t ſchwer zu deuten iſt,<lb/>ſo fragt ſich, ob nicht ſtatt zuit-arn ein compoſ. zui-tarn<lb/>
anzunehmen ſei? das mir jedoch ebenfalls dunkel bleibt.<lb/>
Das altn. tvî-tôli (hermaphroditus) dän. tve-tulle iſt in<lb/>
der that mit tôl (inſtrumentum) agſ. tôl, engl. tool zu-<lb/>ſammengeſetzt, doch kann in dem hochd. ausdrucke<lb/>
nicht daſſelbe wort liegen, da ſonſt z ſtehen müſte. Zeiz-<lb/>
arn, ein eigenname bei Neugart kann auch mit arn<lb/>
(aquila) componiert ſein. Auf -orn weiß ich nur ah-<lb/>
orn (platanus) trev. 17<hirendition="#sup">a</hi> blaſ. 52<hirendition="#sup">a</hi>, das lat. acer; in andorn<lb/>
marrubium) blaſ. 56<hirendition="#sup">a</hi> jun. 330. lindebr. 997<hirendition="#sup">b</hi> depandorn<lb/>
(rhamnus) hrab. 973<hirendition="#sup">a</hi>ſteckt dorn?</p><lb/><p><hirendition="#i">β</hi>) <hirendition="#i">feminina</hi>, das ahd. diorna, (puerpera) jun. 246.<lb/>
traga-diorna (gerula) jun. 208. thiorna (virgo) O. dierena<lb/>
(puella) W. 6, 5, 8. ſcheint aus dem einfachen diu, thiu<lb/>
(ancilla) T. 3, 9. O. I. 5, 129. fortgebildet und eigentlich:<lb/>
dîuw-arna, dio-arna <noteplace="foot"n="*)">dionôn, mhd. dienen (ſervire) iſt verkürzt aus diuw-inôn;<lb/>
dionuſt, dieneſt aus diuw-inuſt. Agſ. þëóvjan, þëóvôde (ſervire)<lb/>
ohne ableitendes -n; das wäre ahd. diuwôn.</note>. Gleichergeſtalt erwuchs aus dem<lb/>
altn. þŷ (mancipium, ancilla prolifera) þërna (famula)<lb/>ſchwed. tärna, dän. tärne. Die bedeutungen virgo, an-<lb/>
cilla fließen in dieſem und ähnlichen wörtern (z. b. ma-<lb/>
gad) untereinander. Bald wurde die form durch eliſion<lb/>
des vocals weiter verkürzt, ſchon trev. 10<hirendition="#sup">a</hi> blaſ. 24<hirendition="#sup">a</hi> dirna<lb/>
(puella) und mhd. reimt dirne: geſtirne; doch ſtehet Parc.<lb/>
62<hirendition="#sup">b</hi> dieren; mnl. dieren Rein. 1875. Die Angelſachſen<lb/>
haben in dem worte nicht die ableitung -rn, ſondern -n:<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[336/0354]
III. conſonantiſche ableitungen. RN.
ableitungen mit RN.
1) ſubſtantiva, meiſt neutra.
α) maſculina; aus dem goth. acc. pl. viduv-aírnans
ὀρφανούς) Joh. 14, 18. ein ſubſt. viduv-aírns oder
viduv-aírna zu folgern, iſt unſicher, man brauchte
cin bloßes adj. viduv-aírns (orbus) anzunehmen?
Maſc. ſcheint mir das ahd. pil-arn (gingiva) pl. pil-arnâ
(gingivae) monſ. 342. (wo die worte tres ordines nicht
das deutſche wort angehen können) flor. 988b, der ſg.
pil-ern, pil-ren ſtehet gl. vind. und trev. 8b, pil-ari (?)
doc. 228b, die heutige oberdeutſche volksſprache hat noch:
bild-ern, bilg-ern, bill-er, vgl. Friſch 1, 97a Stald. 1, 171.
Fiſchart pill-er-lein Garg. mihi 46a 112a. Ferner ahd.
zuit-arn (hermaphroditus, ſpurius) jun. 228. doc. 220a, nhd.
zwitt-er, in mundarten aber zwid-arn, zwied-orn, zwied-
arm. Da in der erſten hälfte des wortes offenbar zui-
(lat. bi-) ſteckt und das folgende t ſchwer zu deuten iſt,
ſo fragt ſich, ob nicht ſtatt zuit-arn ein compoſ. zui-tarn
anzunehmen ſei? das mir jedoch ebenfalls dunkel bleibt.
Das altn. tvî-tôli (hermaphroditus) dän. tve-tulle iſt in
der that mit tôl (inſtrumentum) agſ. tôl, engl. tool zu-
ſammengeſetzt, doch kann in dem hochd. ausdrucke
nicht daſſelbe wort liegen, da ſonſt z ſtehen müſte. Zeiz-
arn, ein eigenname bei Neugart kann auch mit arn
(aquila) componiert ſein. Auf -orn weiß ich nur ah-
orn (platanus) trev. 17a blaſ. 52a, das lat. acer; in andorn
marrubium) blaſ. 56a jun. 330. lindebr. 997b depandorn
(rhamnus) hrab. 973a ſteckt dorn?
β) feminina, das ahd. diorna, (puerpera) jun. 246.
traga-diorna (gerula) jun. 208. thiorna (virgo) O. dierena
(puella) W. 6, 5, 8. ſcheint aus dem einfachen diu, thiu
(ancilla) T. 3, 9. O. I. 5, 129. fortgebildet und eigentlich:
dîuw-arna, dio-arna *). Gleichergeſtalt erwuchs aus dem
altn. þŷ (mancipium, ancilla prolifera) þërna (famula)
ſchwed. tärna, dän. tärne. Die bedeutungen virgo, an-
cilla fließen in dieſem und ähnlichen wörtern (z. b. ma-
gad) untereinander. Bald wurde die form durch eliſion
des vocals weiter verkürzt, ſchon trev. 10a blaſ. 24a dirna
(puella) und mhd. reimt dirne: geſtirne; doch ſtehet Parc.
62b dieren; mnl. dieren Rein. 1875. Die Angelſachſen
haben in dem worte nicht die ableitung -rn, ſondern -n:
*) dionôn, mhd. dienen (ſervire) iſt verkürzt aus diuw-inôn;
dionuſt, dieneſt aus diuw-inuſt. Agſ. þëóvjan, þëóvôde (ſervire)
ohne ableitendes -n; das wäre ahd. diuwôn.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/354>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.