Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

III. consonantische ableitungen. SS. LF.
verba: antrigan-n., intlohhan-n., farlaßan-n., farwaßan-n.
farprohhan-n. und im ags. vorzüglich oft zu part. praet.
schw. verba: forgymed-n., forhogedn., tvaemed-n., wovon
ich kein anderes ahd. beispiel weiß als gidaht-n., mhd.
bekant-n., nhd. bekent-n., gedächt-n., vermächt-n., be-
wandtn. d) nicht wenige scheinen aber auch herzurüh-
ren aus einer verbalform, die verkürzt worden ist: gi-
hor-n., arlos-n., farstant-n., irwart-n., gisaz-n. (ags. ge-
set-n.), gihruor-n., gihalt-n., gifanc-n., infleisc-n., ar-
suoh-n., untarfuor-n., etc. Ist hier das -an des inf. aus-
geworfen? gihoran-n., etc., oder liegen zum theil ver-
lorne verba -inon zu grunde? z. b. infleiscinon bei in-
fleisc-nissa f. infleiscin-issa? Möglichkeit der verkürzung
thut das nhd. verzeichnis dar, welches sicher f. verzei-
chennis, verzeichnenis stehet.

6) bei fast keiner ableitung scheinen die vorausgehen-
den vocale so gleichgültig und verwechselbar, als hier
vor dem ss die a, i, u. Größere fülle alter beispiele
würde uns erst lehren ihre wahre unterscheidung zu be-
obachten.


ableitungen mit LF.

vorstehender vocal ist hier bloß u, das sich nach der re-
gel in o wandelt, also die formel -olf, womit die alt-
deutsche sprache eine menge eigennamen bildet. Bei-
spiele aus ahd. urkunden: agil-olf; aman-olf; ar-olf; ast-
olf; diot-olf; fagin-olf; far-olf; fast-olf; floß-olf; frehh-
olf; fruohhan-olf; gaman-olf; gra-olf; gund-olf; hamar-
olf; horfk-olf; hruod-olf; hun-olf; irmin-olf; madal-olf;
mor-olf; neri-olf; nord-olf; pleid-olf; rand-olf; ring-
olf; sand-olf; scerpf-olf; stahal-olf; stang-olf; suntar-olf;
tal-olf; tuom-olf; wag-olf; war-olf; wern-olf; zeit-olf;
zeiß-olf. Noch frühere, zumahl lat. schriftsteller gothi-
scher, fränkischer, lombard. herkunft gebrauchen lieber
-ulsus, z. b. ata-ulfus; baud-ulfus; ebar-ulfus; frec-ulfus;
gang-ulfus; gib-ulfus; hild-ulfus; marc-ulfus; rad-ulfus;
sig-ulfus; sunni-ulfus u. a. m. Im mhd. zeitraum sind
diese mannsnamen viel seltner geworden, doch findet sich:
biter-olf, in dem bekannten heldenliede; auch-olf (?) MS.
2, 83b; ruod-olf; heute haben wir nur ad-olf, raud-olf
übrig, einige dauern entstellt fort, z. b. aus agil-olf wurde
egel-olf, egl-olf (mon. boica XXIV, 172.) endlich egl-of.
Bei dieser ableitung ist unverkennbar, daß sie aus einer

III. conſonantiſche ableitungen. SS. LF.
verba: antrigan-n., intlohhan-n., farlâƷan-n., farwâƷan-n.
farprohhan-n. und im agſ. vorzüglich oft zu part. praet.
ſchw. verba: forgŷmed-n., forhogedn., tvæmed-n., wovon
ich kein anderes ahd. beiſpiel weiß als gidâht-n., mhd.
bekant-n., nhd. bekent-n., gedächt-n., vermächt-n., be-
wandtn. d) nicht wenige ſcheinen aber auch herzurüh-
ren aus einer verbalform, die verkürzt worden iſt: gi-
hôr-n., arlôſ-n., farſtant-n., irwart-n., giſaz-n. (agſ. ge-
ſet-n.), gihruor-n., gihalt-n., gifanc-n., infleiſc-n., ar-
ſuoh-n., untarfuor-n., etc. Iſt hier das -an des inf. aus-
geworfen? gihôran-n., etc., oder liegen zum theil ver-
lorne verba -inôn zu grunde? z. b. infleiſcinôn bei in-
fleiſc-niſſa f. infleiſcin-iſſa? Möglichkeit der verkürzung
thut das nhd. verzeichnis dar, welches ſicher f. verzei-
chennis, verzeichnenis ſtehet.

6) bei faſt keiner ableitung ſcheinen die vorausgehen-
den vocale ſo gleichgültig und verwechſelbar, als hier
vor dem ſſ die a, i, u. Größere fülle alter beiſpiele
würde uns erſt lehren ihre wahre unterſcheidung zu be-
obachten.


ableitungen mit LF.

vorſtehender vocal iſt hier bloß u, das ſich nach der re-
gel in o wandelt, alſo die formel -olf, womit die alt-
deutſche ſprache eine menge eigennamen bildet. Bei-
ſpiele aus ahd. urkunden: agil-olf; aman-olf; ar-olf; aſt-
olf; diot-olf; fagin-olf; far-olf; faſt-olf; flôƷ-olf; frëhh-
olf; fruohhan-olf; gaman-olf; grâ-olf; gund-olf; hamar-
olf; horfk-olf; hruod-olf; hun-olf; irmin-olf; madal-olf;
môr-olf; neri-olf; nord-olf; plîd-olf; rand-olf; ring-
olf; ſand-olf; ſcerpf-olf; ſtahal-olf; ſtang-olf; ſuntar-olf;
tal-olf; tuom-olf; wâg-olf; war-olf; wërn-olf; zît-olf;
zeiƷ-olf. Noch frühere, zumahl lat. ſchriftſteller gothi-
ſcher, fränkiſcher, lombard. herkunft gebrauchen lieber
-ulſus, z. b. ata-ulfus; baud-ulfus; ëbar-ulfus; frec-ulfus;
gang-ulfus; gib-ulfus; hild-ulfus; marc-ulfus; râd-ulfus;
ſig-ulfus; ſunni-ulfus u. a. m. Im mhd. zeitraum ſind
dieſe mannsnamen viel ſeltner geworden, doch findet ſich:
biter-olf, in dem bekannten heldenliede; auch-olf (?) MS.
2, 83b; ruod-olf; heute haben wir nur ad-olf, rûd-olf
übrig, einige dauern entſtellt fort, z. b. aus agil-olf wurde
egel-olf, egl-olf (mon. boica XXIV, 172.) endlich egl-of.
Bei dieſer ableitung iſt unverkennbar, daß ſie aus einer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0348" n="330"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">III. <hi rendition="#i">con&#x017F;onanti&#x017F;che ableitungen. SS. LF.</hi></hi></fw><lb/>
verba: antrigan-n., intlohhan-n., farlâ&#x01B7;an-n., farwâ&#x01B7;an-n.<lb/>
farprohhan-n. und im ag&#x017F;. vorzüglich oft zu part. praet.<lb/>
&#x017F;chw. verba: forg&#x0177;med-n., forhogedn., tvæmed-n., wovon<lb/>
ich kein anderes ahd. bei&#x017F;piel weiß als gidâht-n., mhd.<lb/>
bekant-n., nhd. bekent-n., gedächt-n., vermächt-n., be-<lb/>
wandtn. d) nicht wenige &#x017F;cheinen aber auch herzurüh-<lb/>
ren aus einer verbalform, die verkürzt worden i&#x017F;t: gi-<lb/>
hôr-n., arlô&#x017F;-n., far&#x017F;tant-n., irwart-n., gi&#x017F;az-n. (ag&#x017F;. ge-<lb/>
&#x017F;et-n.), gihruor-n., gihalt-n., gifanc-n., inflei&#x017F;c-n., ar-<lb/>
&#x017F;uoh-n., untarfuor-n., etc. I&#x017F;t hier das -an des inf. aus-<lb/>
geworfen? gihôran-n., etc., oder liegen zum theil ver-<lb/>
lorne verba -inôn zu grunde? z. b. inflei&#x017F;cinôn bei in-<lb/>
flei&#x017F;c-ni&#x017F;&#x017F;a f. inflei&#x017F;cin-i&#x017F;&#x017F;a? Möglichkeit der verkürzung<lb/>
thut das nhd. verzeichnis dar, welches &#x017F;icher f. verzei-<lb/>
chennis, verzeichnenis &#x017F;tehet.</p><lb/>
                <p>6) bei fa&#x017F;t keiner ableitung &#x017F;cheinen die vorausgehen-<lb/>
den vocale &#x017F;o gleichgültig und verwech&#x017F;elbar, als hier<lb/>
vor dem &#x017F;&#x017F; die a, i, u. Größere fülle alter bei&#x017F;piele<lb/>
würde uns er&#x017F;t lehren ihre wahre unter&#x017F;cheidung zu be-<lb/>
obachten.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#i">ableitungen mit LF.</hi> </head><lb/>
              <p>vor&#x017F;tehender vocal i&#x017F;t hier bloß u, das &#x017F;ich nach der re-<lb/>
gel in o wandelt, al&#x017F;o die formel <hi rendition="#i">-olf</hi>, womit die alt-<lb/>
deut&#x017F;che &#x017F;prache eine menge eigennamen bildet. Bei-<lb/>
&#x017F;piele aus ahd. urkunden: agil-olf; aman-olf; ar-olf; a&#x017F;t-<lb/>
olf; diot-olf; fagin-olf; far-olf; fa&#x017F;t-olf; flô&#x01B7;-olf; frëhh-<lb/>
olf; fruohhan-olf; gaman-olf; grâ-olf; gund-olf; hamar-<lb/>
olf; horfk-olf; hruod-olf; hun-olf; irmin-olf; madal-olf;<lb/>
môr-olf; neri-olf; nord-olf; plîd-olf; rand-olf; ring-<lb/>
olf; &#x017F;and-olf; &#x017F;cerpf-olf; &#x017F;tahal-olf; &#x017F;tang-olf; &#x017F;untar-olf;<lb/>
tal-olf; tuom-olf; wâg-olf; war-olf; wërn-olf; zît-olf;<lb/>
zei&#x01B7;-olf. Noch frühere, zumahl lat. &#x017F;chrift&#x017F;teller gothi-<lb/>
&#x017F;cher, fränki&#x017F;cher, lombard. herkunft gebrauchen lieber<lb/>
-ul&#x017F;us, z. b. ata-ulfus; baud-ulfus; ëbar-ulfus; frec-ulfus;<lb/>
gang-ulfus; gib-ulfus; hild-ulfus; marc-ulfus; râd-ulfus;<lb/>
&#x017F;ig-ulfus; &#x017F;unni-ulfus u. a. m. Im mhd. zeitraum &#x017F;ind<lb/>
die&#x017F;e mannsnamen viel &#x017F;eltner geworden, doch findet &#x017F;ich:<lb/>
biter-olf, in dem bekannten heldenliede; auch-olf (?) MS.<lb/>
2, 83<hi rendition="#sup">b</hi>; ruod-olf; heute haben wir nur ad-olf, rûd-olf<lb/>
übrig, einige dauern ent&#x017F;tellt fort, z. b. aus agil-olf wurde<lb/>
egel-olf, egl-olf (mon. boica XXIV, 172.) endlich egl-of.<lb/>
Bei die&#x017F;er ableitung i&#x017F;t unverkennbar, daß &#x017F;ie aus einer<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0348] III. conſonantiſche ableitungen. SS. LF. verba: antrigan-n., intlohhan-n., farlâƷan-n., farwâƷan-n. farprohhan-n. und im agſ. vorzüglich oft zu part. praet. ſchw. verba: forgŷmed-n., forhogedn., tvæmed-n., wovon ich kein anderes ahd. beiſpiel weiß als gidâht-n., mhd. bekant-n., nhd. bekent-n., gedächt-n., vermächt-n., be- wandtn. d) nicht wenige ſcheinen aber auch herzurüh- ren aus einer verbalform, die verkürzt worden iſt: gi- hôr-n., arlôſ-n., farſtant-n., irwart-n., giſaz-n. (agſ. ge- ſet-n.), gihruor-n., gihalt-n., gifanc-n., infleiſc-n., ar- ſuoh-n., untarfuor-n., etc. Iſt hier das -an des inf. aus- geworfen? gihôran-n., etc., oder liegen zum theil ver- lorne verba -inôn zu grunde? z. b. infleiſcinôn bei in- fleiſc-niſſa f. infleiſcin-iſſa? Möglichkeit der verkürzung thut das nhd. verzeichnis dar, welches ſicher f. verzei- chennis, verzeichnenis ſtehet. 6) bei faſt keiner ableitung ſcheinen die vorausgehen- den vocale ſo gleichgültig und verwechſelbar, als hier vor dem ſſ die a, i, u. Größere fülle alter beiſpiele würde uns erſt lehren ihre wahre unterſcheidung zu be- obachten. ableitungen mit LF. vorſtehender vocal iſt hier bloß u, das ſich nach der re- gel in o wandelt, alſo die formel -olf, womit die alt- deutſche ſprache eine menge eigennamen bildet. Bei- ſpiele aus ahd. urkunden: agil-olf; aman-olf; ar-olf; aſt- olf; diot-olf; fagin-olf; far-olf; faſt-olf; flôƷ-olf; frëhh- olf; fruohhan-olf; gaman-olf; grâ-olf; gund-olf; hamar- olf; horfk-olf; hruod-olf; hun-olf; irmin-olf; madal-olf; môr-olf; neri-olf; nord-olf; plîd-olf; rand-olf; ring- olf; ſand-olf; ſcerpf-olf; ſtahal-olf; ſtang-olf; ſuntar-olf; tal-olf; tuom-olf; wâg-olf; war-olf; wërn-olf; zît-olf; zeiƷ-olf. Noch frühere, zumahl lat. ſchriftſteller gothi- ſcher, fränkiſcher, lombard. herkunft gebrauchen lieber -ulſus, z. b. ata-ulfus; baud-ulfus; ëbar-ulfus; frec-ulfus; gang-ulfus; gib-ulfus; hild-ulfus; marc-ulfus; râd-ulfus; ſig-ulfus; ſunni-ulfus u. a. m. Im mhd. zeitraum ſind dieſe mannsnamen viel ſeltner geworden, doch findet ſich: biter-olf, in dem bekannten heldenliede; auch-olf (?) MS. 2, 83b; ruod-olf; heute haben wir nur ad-olf, rûd-olf übrig, einige dauern entſtellt fort, z. b. aus agil-olf wurde egel-olf, egl-olf (mon. boica XXIV, 172.) endlich egl-of. Bei dieſer ableitung iſt unverkennbar, daß ſie aus einer

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/348
Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/348>, abgerufen am 30.12.2024.