Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.III. consonantische ableitungen. N. sita: ost-sundr-oni, sund-ostr-oni etc. vgl. auch gl. mons.367. westiordronun (l. west-nordronun) chorum; gl. blas. 76a ostrono-wint (l. ostroni-wint), sundroni-wint, westro- no-wint (l. -oni), nordroni-wint. Volle form wäre: osta- roni, westaroni, sundaroni, nordaroni, nämlich die adv. ostar, westar, sundar, nordar zum grund gelegt, die aber eigentlich bedeuten: versus orientem etc., denn ab oriente heißt: ostana, ab occidente: westana, wie bei den adv. ausgeführt werden wird. Inzwischen kommt mhd. ost- ern, west-ern (für oster-en, wester-en?) statt osten, we- sten vor, vgl. Wig. 10882. MS. 2, 10a. Alts. gilt noch voll ostroni, northroni etc. die heil. drei könige keißen erlos ostronie (viri orientales). Die ags. adj. lau- ten schon sämmtlich -ern (für -er-en, er-on, er-ene?): eastern, western, saudern, nordern und ebenso engl. ea- stern, western, southern, northern. Alterthümlicher das altn. austr-oenn, vestr-oenn, sudr-oenn, norr-oenn (f. nordr- oenn), welches oe umlaut des o (folgl. nicht ae zu schrei- ben) mithin -oenn dem ahd. oni völlig parallel ist. Al- lein aus dem altn. entsteht ein anderes bedenken gegen die adj. ableitung -oni, es scheint gar keine ableitung, sondern eine zus. setzung mit -roni (-ruoni?) -roenn im spiel, nämlich nach analogie von ald-roenn, al-roenn (humanus) ein-roenn (difficilis) haf-roenn (pelagicus) fiall- roenn (montanus) anzunehmen aust-roenn etc. also ahd. osta-roni oder ost-roni? vgl. Rask §. 375. Damit ver- schwände auch der anstoß, daß ostroni die richtung her, und nicht hin, bezeichnet, Gleichwohl gestehe ich, daß ich das ableitende -oni noch nicht für ganz wider- legt halte. Das ahd. -roni gewährt keinen sinn und selbst das von Biörn aufgestellte altn. roenn (similis) scheint mir bloß aus eben jenen adj. abstrahiert. Und will man undroenn (absurdus) nicht lieber aus undr-oenn deuten als durch und-roenn? Das r in fiallroenn, hafroenn ließe sich vielleicht auch anders erklären oder für unorganisch? Uebrigens bildet die altn. sprache aus diesen adj. die fe- minina: austroena (aura orientalis) norroena (aura bo- realis, auch: lingua borealis); hafroena (aura pelagica) fiallroena (aura montana). Anmerkungen zu den N-ableitungen: a) die verbindung rn ist theoretisch immer in r-an III. conſonantiſche ableitungen. N. ſita: ôſt-ſundr-ôni, ſund-ôſtr-ôni etc. vgl. auch gl. monſ.367. wëſtiordrônun (l. wëſt-nordrônun) chorum; gl. blaſ. 76a ôſtrôno-wint (l. ôſtrôni-wint), ſundrôni-wint, wëſtrô- no-wint (l. -ôni), nordrôni-wint. Volle form wäre: ôſta- rôni, wêſtarôni, ſundarôni, nordarôni, nämlich die adv. ôſtar, wëſtar, ſundar, nordar zum grund gelegt, die aber eigentlich bedeuten: verſus orientem etc., denn ab oriente heißt: oſtana, ab occidente: wëſtana, wie bei den adv. ausgeführt werden wird. Inzwiſchen kommt mhd. oſt- ern, wëſt-ern (für oſter-en, wëſter-en?) ſtatt oſten, wë- ſten vor, vgl. Wig. 10882. MS. 2, 10a. Altſ. gilt noch voll ôſtrôni, northrôni etc. die heil. drei könige keißen ërlos ôſtrôniê (viri orientales). Die agſ. adj. lau- ten ſchon ſämmtlich -ern (für -er-en, er-ôn, er-êne?): eáſtern, wëſtern, ſûðern, norðern und ebenſo engl. ea- ſtern, weſtern, ſouthern, northern. Alterthümlicher das altn. auſtr-œnn, vëſtr-œnn, ſuðr-œnn, norr-œnn (f. norðr- œnn), welches œ umlaut des ô (folgl. nicht æ zu ſchrei- ben) mithin -œnn dem ahd. ôni völlig parallel iſt. Al- lein aus dem altn. entſteht ein anderes bedenken gegen die adj. ableitung -ôni, es ſcheint gar keine ableitung, ſondern eine zuſ. ſetzung mit -rôni (-ruoni?) -rœnn im ſpiel, nämlich nach analogie von ald-rœnn, al-rœnn (humanus) ein-rœnn (difficilis) haf-rœnn (pelagicus) fiall- rœnn (montanus) anzunehmen auſt-rœnn etc. alſo ahd. ôſta-rôni oder ôſt-rôni? vgl. Raſk §. 375. Damit ver- ſchwände auch der anſtoß, daß oſtrôni die richtung her, und nicht hin, bezeichnet, Gleichwohl geſtehe ich, daß ich das ableitende -ôni noch nicht für ganz wider- legt halte. Das ahd. -rôni gewährt keinen ſinn und ſelbſt das von Biörn aufgeſtellte altn. rœnn (ſimilis) ſcheint mir bloß aus eben jenen adj. abſtrahiert. Und will man undrœnn (abſurdus) nicht lieber aus undr-œnn deuten als durch und-rœnn? Das r in fiallrœnn, hafrœnn ließe ſich vielleicht auch anders erklären oder für unorganiſch? Uebrigens bildet die altn. ſprache aus dieſen adj. die fe- minina: auſtrœna (aura orientalis) norrœna (aura bo- realis, auch: lingua borealis); hafrœna (aura pelagica) fiallrœna (aura montana). Anmerkungen zu den N-ableitungen: a) die verbindung rn iſt theoretiſch immer in r-an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0199" n="181"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">III. <hi rendition="#i">conſonantiſche ableitungen. N.</hi></hi></fw><lb/> ſita: ôſt-ſundr-ôni, ſund-ôſtr-ôni etc. vgl. auch gl. monſ.<lb/> 367. wëſtiordrônun (l. wëſt-nordrônun) chorum; gl. blaſ.<lb/> 76<hi rendition="#sup">a</hi> ôſtrôno-wint (l. ôſtrôni-wint), ſundrôni-wint, wëſtrô-<lb/> no-wint (l. -ôni), nordrôni-wint. Volle form wäre: ôſta-<lb/> rôni, wêſtarôni, ſundarôni, nordarôni, nämlich die adv.<lb/> ôſtar, wëſtar, ſundar, nordar zum grund gelegt, die aber<lb/> eigentlich bedeuten: verſus orientem etc., denn ab oriente<lb/> heißt: oſtana, ab occidente: wëſtana, wie bei den adv.<lb/> ausgeführt werden wird. Inzwiſchen kommt mhd. oſt-<lb/> ern, wëſt-ern (für oſter-en, wëſter-en?) ſtatt oſten, wë-<lb/> ſten vor, vgl. Wig. 10882. MS. 2, 10<hi rendition="#sup">a</hi>. Altſ. gilt<lb/> noch voll ôſtrôni, northrôni etc. die heil. drei könige<lb/> keißen ërlos ôſtrôniê (viri orientales). Die agſ. adj. lau-<lb/> ten ſchon ſämmtlich -ern (für -er-en, er-ôn, er-êne?):<lb/> eáſtern, wëſtern, ſûðern, norðern und ebenſo engl. ea-<lb/> ſtern, weſtern, ſouthern, northern. Alterthümlicher das<lb/> altn. auſtr-œnn, vëſtr-œnn, ſuðr-œnn, norr-œnn (f. norðr-<lb/> œnn), welches œ umlaut des ô (folgl. nicht æ zu ſchrei-<lb/> ben) mithin -œnn dem ahd. ôni völlig parallel iſt. Al-<lb/> lein aus dem altn. entſteht ein anderes bedenken gegen<lb/> die adj. ableitung -ôni, es ſcheint gar keine ableitung,<lb/> ſondern eine zuſ. ſetzung mit -rôni (-ruoni?) -rœnn im<lb/> ſpiel, nämlich nach analogie von ald-rœnn, al-rœnn<lb/> (humanus) ein-rœnn (difficilis) haf-rœnn (pelagicus) fiall-<lb/> rœnn (montanus) anzunehmen auſt-rœnn etc. alſo ahd.<lb/> ôſta-rôni oder ôſt-rôni? vgl. Raſk §. 375. Damit ver-<lb/> ſchwände auch der anſtoß, daß oſtrôni die richtung her,<lb/> und nicht hin, bezeichnet, Gleichwohl geſtehe ich, daß<lb/> ich das ableitende -ôni noch nicht für ganz wider-<lb/> legt halte. Das ahd. -rôni gewährt keinen ſinn und<lb/> ſelbſt das von Biörn aufgeſtellte altn. rœnn (ſimilis) ſcheint<lb/> mir bloß aus eben jenen adj. abſtrahiert. Und will man<lb/> undrœnn (abſurdus) nicht lieber aus undr-œnn deuten<lb/> als durch und-rœnn? Das r in fiallrœnn, hafrœnn ließe<lb/> ſich vielleicht auch anders erklären oder für unorganiſch?<lb/> Uebrigens bildet die altn. ſprache aus dieſen adj. die fe-<lb/> minina: auſtrœna (aura orientalis) norrœna (aura bo-<lb/> realis, auch: lingua borealis); hafrœna (aura pelagica)<lb/> fiallrœna (aura montana).</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="5"> <head><hi rendition="#i">Anmerkungen</hi> zu den N-ableitungen:</head><lb/> <p>a) die verbindung <hi rendition="#i">rn</hi> iſt theoretiſch immer in r-<hi rendition="#i">an</hi><lb/> aufzulöſen. Aber -n nach langem vocal auf früheres<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0199]
III. conſonantiſche ableitungen. N.
ſita: ôſt-ſundr-ôni, ſund-ôſtr-ôni etc. vgl. auch gl. monſ.
367. wëſtiordrônun (l. wëſt-nordrônun) chorum; gl. blaſ.
76a ôſtrôno-wint (l. ôſtrôni-wint), ſundrôni-wint, wëſtrô-
no-wint (l. -ôni), nordrôni-wint. Volle form wäre: ôſta-
rôni, wêſtarôni, ſundarôni, nordarôni, nämlich die adv.
ôſtar, wëſtar, ſundar, nordar zum grund gelegt, die aber
eigentlich bedeuten: verſus orientem etc., denn ab oriente
heißt: oſtana, ab occidente: wëſtana, wie bei den adv.
ausgeführt werden wird. Inzwiſchen kommt mhd. oſt-
ern, wëſt-ern (für oſter-en, wëſter-en?) ſtatt oſten, wë-
ſten vor, vgl. Wig. 10882. MS. 2, 10a. Altſ. gilt
noch voll ôſtrôni, northrôni etc. die heil. drei könige
keißen ërlos ôſtrôniê (viri orientales). Die agſ. adj. lau-
ten ſchon ſämmtlich -ern (für -er-en, er-ôn, er-êne?):
eáſtern, wëſtern, ſûðern, norðern und ebenſo engl. ea-
ſtern, weſtern, ſouthern, northern. Alterthümlicher das
altn. auſtr-œnn, vëſtr-œnn, ſuðr-œnn, norr-œnn (f. norðr-
œnn), welches œ umlaut des ô (folgl. nicht æ zu ſchrei-
ben) mithin -œnn dem ahd. ôni völlig parallel iſt. Al-
lein aus dem altn. entſteht ein anderes bedenken gegen
die adj. ableitung -ôni, es ſcheint gar keine ableitung,
ſondern eine zuſ. ſetzung mit -rôni (-ruoni?) -rœnn im
ſpiel, nämlich nach analogie von ald-rœnn, al-rœnn
(humanus) ein-rœnn (difficilis) haf-rœnn (pelagicus) fiall-
rœnn (montanus) anzunehmen auſt-rœnn etc. alſo ahd.
ôſta-rôni oder ôſt-rôni? vgl. Raſk §. 375. Damit ver-
ſchwände auch der anſtoß, daß oſtrôni die richtung her,
und nicht hin, bezeichnet, Gleichwohl geſtehe ich, daß
ich das ableitende -ôni noch nicht für ganz wider-
legt halte. Das ahd. -rôni gewährt keinen ſinn und
ſelbſt das von Biörn aufgeſtellte altn. rœnn (ſimilis) ſcheint
mir bloß aus eben jenen adj. abſtrahiert. Und will man
undrœnn (abſurdus) nicht lieber aus undr-œnn deuten
als durch und-rœnn? Das r in fiallrœnn, hafrœnn ließe
ſich vielleicht auch anders erklären oder für unorganiſch?
Uebrigens bildet die altn. ſprache aus dieſen adj. die fe-
minina: auſtrœna (aura orientalis) norrœna (aura bo-
realis, auch: lingua borealis); hafrœna (aura pelagica)
fiallrœna (aura montana).
Anmerkungen zu den N-ableitungen:
a) die verbindung rn iſt theoretiſch immer in r-an
aufzulöſen. Aber -n nach langem vocal auf früheres
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |