mit wieder alle individualität, woran das suffixum er- faßt werden könnte. Die casuszeichen bleiben mir ein geheimnisvolles element, das ich lieber jedem worte zuerkennen will, als es von einem auf alle übrigen leiten.
ZWEITES CAPITEL. VON DER CONJUGATION.
In der conjugation erfährt ein wort vielfältigere und bedeutendere bestimmungen, als in der declination. Außer dem verhältnis der person und des numerus muß auch das des tempus, modus und genus ausgedrückt werden. Die flexionsfähigkeit des deutschen verbums er- scheint inzwischen sehr gesunken. Vom genus passivum vergehen mit der goth. sprache die letzten reste; das me- dium mangelt überall, wenn man eine altnord. einiger- maßen analoge reflexivform abrechnet. Vier modi sind vorhanden: infinitiv, imperativ, indicativ, conjunctiv; kein optativ. Das empfindlichste ist der verlust mancher tempusflexionen; nur das praesens und ein praeteritum sind uns verblieben, kein futurum und keine abstufung der vergangenheit kann durch bloße innere abänderung des wortes mehr erreicht werden.
Die art und weise, wie sich abgegangene oder ab- gestumpfte flexionen ersetzen und ergänzen, gehört eben so wenig in eine darstellung der conjugation, als der gewisse flexionen nach allgemeinem gesetz beglei- tende umlaut; wiewohl einige bestimmungen des letz- tern bei den einzelnen flexionen am schicklichsten zur sprache kommen.
Bei der abhandlung deutscher conjug. sind (außer jenen überbleibseln verlorener flexionen) folgende vier puncte zu erörtern:
A) kennzeichen der person und des numerus; im allg. läßt sich angeben, daß die erste pers. sg. ein häufig abgefallenes, später in n geschwächtes m habe; die zweite s (r); die dritte th; die erste pl. ursprünglich dem m sg. ein s (r) zufüge, welches doch allmählich apocopiert wird; die zweite, gleich der dritten sg. th, vermuthlich mit dahinter abgeworfnem s besitze, end- lich die dritte nd, wovon das d wiederum in vielen
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II. von der conjugation im allgemeinen.
mit wieder alle individualität, woran das ſuffixum er- faßt werden könnte. Die caſuszeichen bleiben mir ein geheimnisvolles element, das ich lieber jedem worte zuerkennen will, als es von einem auf alle übrigen leiten.
ZWEITES CAPITEL. VON DER CONJUGATION.
In der conjugation erfährt ein wort vielfältigere und bedeutendere beſtimmungen, als in der declination. Außer dem verhältnis der perſon und des numerus muß auch das des tempus, modus und genus ausgedrückt werden. Die flexionsfähigkeit des deutſchen verbums er- ſcheint inzwiſchen ſehr geſunken. Vom genus paſſivum vergehen mit der goth. ſprache die letzten reſte; das me- dium mangelt überall, wenn man eine altnord. einiger- maßen analoge reflexivform abrechnet. Vier modi ſind vorhanden: infinitiv, imperativ, indicativ, conjunctiv; kein optativ. Das empfindlichſte iſt der verluſt mancher tempusflexionen; nur das praeſens und ein praeteritum ſind uns verblieben, kein futurum und keine abſtufung der vergangenheit kann durch bloße innere abänderung des wortes mehr erreicht werden.
Die art und weiſe, wie ſich abgegangene oder ab- geſtumpfte flexionen erſetzen und ergänzen, gehört eben ſo wenig in eine darſtellung der conjugation, als der gewiſſe flexionen nach allgemeinem geſetz beglei- tende umlaut; wiewohl einige beſtimmungen des letz- tern bei den einzelnen flexionen am ſchicklichſten zur ſprache kommen.
Bei der abhandlung deutſcher conjug. ſind (außer jenen überbleibſeln verlorener flexionen) folgende vier puncte zu erörtern:
A) kennzeichen der perſon und des numerus; im allg. läßt ſich angeben, daß die erſte perſ. ſg. ein häufig abgefallenes, ſpäter in n geſchwächtes m habe; die zweite ſ (r); die dritte þ; die erſte pl. urſprünglich dem m ſg. ein ſ (r) zufüge, welches doch allmählich apocopiert wird; die zweite, gleich der dritten ſg. þ, vermuthlich mit dahinter abgeworfnem ſ beſitze, end- lich die dritte nd, wovon das d wiederum in vielen
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II. von der conjugation im allgemeinen.
mit wieder alle individualität, woran das ſuffixum er-
faßt werden könnte. Die caſuszeichen bleiben mir
ein geheimnisvolles element, das ich lieber jedem worte
zuerkennen will, als es von einem auf alle übrigen
leiten.
ZWEITES CAPITEL.
VON DER CONJUGATION.
In der conjugation erfährt ein wort vielfältigere
und bedeutendere beſtimmungen, als in der declination.
Außer dem verhältnis der perſon und des numerus muß
auch das des tempus, modus und genus ausgedrückt
werden. Die flexionsfähigkeit des deutſchen verbums er-
ſcheint inzwiſchen ſehr geſunken. Vom genus paſſivum
vergehen mit der goth. ſprache die letzten reſte; das me-
dium mangelt überall, wenn man eine altnord. einiger-
maßen analoge reflexivform abrechnet. Vier modi ſind
vorhanden: infinitiv, imperativ, indicativ, conjunctiv;
kein optativ. Das empfindlichſte iſt der verluſt mancher
tempusflexionen; nur das praeſens und ein praeteritum
ſind uns verblieben, kein futurum und keine abſtufung
der vergangenheit kann durch bloße innere abänderung
des wortes mehr erreicht werden.
Die art und weiſe, wie ſich abgegangene oder ab-
geſtumpfte flexionen erſetzen und ergänzen, gehört
eben ſo wenig in eine darſtellung der conjugation, als
der gewiſſe flexionen nach allgemeinem geſetz beglei-
tende umlaut; wiewohl einige beſtimmungen des letz-
tern bei den einzelnen flexionen am ſchicklichſten zur
ſprache kommen.
Bei der abhandlung deutſcher conjug. ſind (außer
jenen überbleibſeln verlorener flexionen) folgende vier
puncte zu erörtern:
A) kennzeichen der perſon und des numerus; im allg.
läßt ſich angeben, daß die erſte perſ. ſg. ein häufig
abgefallenes, ſpäter in n geſchwächtes m habe; die
zweite ſ (r); die dritte þ; die erſte pl. urſprünglich
dem m ſg. ein ſ (r) zufüge, welches doch allmählich
apocopiert wird; die zweite, gleich der dritten ſg. þ,
vermuthlich mit dahinter abgeworfnem ſ beſitze, end-
lich die dritte nd, wovon das d wiederum in vielen
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 835. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/861>, abgerufen am 22.12.2024.
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