gehen wie blinder, also: dunkeler, magerer, dunkeles, mageres, fem. dunkeler, magerer; pl. dunkele, magere; der einzige acc. sg. masc. und dat. pl. kann noch syn- copieren: dunkeln, magern, heitern, neben dunkelen, mageren, heiteren. Lieber werfen die übrigen casus das bildungs -e weg: dunkler, edler, magrer, ebner, dunk- les etc. wodurch dann freilich das flexions -e gerechtfer- tigt wird; im acc. sg. masc. und dat. pl. stehet ungut dunklen, edlen, magren, und beßer dunkeln, edeln, ma- gern; bei denen auf -en gilt jedoch ebnen neben ebe- nen. Hiernach kann man sich leicht paradigmen zus. setzen. Übrigens stimmt die unorg. entfaltung dieser decl. zu dem s. 700. angeführten subst. ebne, bittre oder ebene, bittere. -- 3) der augenschein lehrt, daß viele der angegebenen adj. das ursprüngliche bildungs -e ab- gestoßen haben und vordem zur zweiten decl. gehörten, namentlich: dick, dünn, dürr, feil, früh, grün, hart, klein, kül, lind, mild, gemein, neu, reich, rein, sanft, schoen, still, süß, treu, wild, wüst; ebenso die bildun- gen bieder, edel, behend, albern, nüchtern etc. Um- lautbare verräth meistens der gebliebene umlaut; fehlt auch er (wie in hart, sanft) so geschah der übertritt früher.
Starkes adjectivum. zweite declination.
das bildungs -e erhält sich nur im unflectierten fall we- niger wörter, die sprache hat es, wie so eben gezeigt wurde, in den meisten allmählig verloren, und wird es auch in den folgenden mit der zeit ablegen: bloede. boese. enge. jaehe. irre. kirre (cicur) müde. oede. schnoede. traege. weise. zaehe. -- Alle flexionen gleichen denen er- ster decl.
Schwaches adjectivum.
paradigma wie im mittelh., mit der einzigen wichtigen abweichung, daß der acc. sg. fem. dem nom. gleichlau- tet: die blinde st. die blinden. Das stimmt zwar zum acc. sg. zunge st. zungen, allein der subst. gen. dat. hat ebenfalls zunge, während hier das adj. die schwache form läßt: der blinden. Das unfolgerechte fällt in die augen. -- Die kürzung der mehrsilbigen ist nach anm. 2. zur ersten st. decl. zu beurtheilen, nämlich der nom. sg. aller geschl. sammt dem acc. sg. fem. neutr. kürzen entw. gar nichts: dunkle, ebene, magere, heitere, sauere etc. oder den bildungsvocal: dunkle, ebne, saure etc.
B b b
II. neuhochd. ſchwaches adjectivum.
gehen wie blinder, alſo: dunkeler, mâgerer, dunkeles, mâgeres, fem. dunkeler, magerer; pl. dunkele, mâgere; der einzige acc. ſg. maſc. und dat. pl. kann noch ſyn- copieren: dunkeln, mâgern, heitern, neben dunkelen, mâgeren, heiteren. Lieber werfen die übrigen caſus das bildungs -e weg: dunkler, êdler, mâgrer, êbner, dunk- les etc. wodurch dann freilich das flexions -e gerechtfer- tigt wird; im acc. ſg. maſc. und dat. pl. ſtehet ungut dunklen, êdlen, mâgren, und beßer dunkeln, êdeln, mâ- gern; bei denen auf -en gilt jedoch êbnen neben êbe- nen. Hiernach kann man ſich leicht paradigmen zuſ. ſetzen. Übrigens ſtimmt die unorg. entfaltung dieſer decl. zu dem ſ. 700. angeführten ſubſt. êbne, bittre oder êbene, bittere. — 3) der augenſchein lehrt, daß viele der angegebenen adj. das urſprüngliche bildungs -e ab- geſtoßen haben und vordem zur zweiten decl. gehörten, namentlich: dick, dünn, dürr, feil, fruͤh, gruͤn, hart, klein, kuͤl, lind, mild, gemein, neu, reich, rein, ſanft, ſchœn, ſtill, ſuͤß, treu, wild, wuͤſt; ebenſo die bildun- gen bieder, êdel, behènd, albern, nüchtern etc. Um- lautbare verräth meiſtens der gebliebene umlaut; fehlt auch er (wie in hart, ſanft) ſo geſchah der übertritt früher.
Starkes adjectivum. zweite declination.
das bildungs -e erhält ſich nur im unflectierten fall we- niger wörter, die ſprache hat es, wie ſo eben gezeigt wurde, in den meiſten allmählig verloren, und wird es auch in den folgenden mit der zeit ablegen: blœde. bœſe. enge. jæhe. irre. kirre (cicur) muͤde. œde. ſchnœde. træge. weiſe. zæhe. — Alle flexionen gleichen denen er- ſter decl.
Schwaches adjectivum.
paradigma wie im mittelh., mit der einzigen wichtigen abweichung, daß der acc. ſg. fem. dem nom. gleichlau- tet: die blinde ſt. die blinden. Das ſtimmt zwar zum acc. ſg. zunge ſt. zungen, allein der ſubſt. gen. dat. hat ebenfalls zunge, während hier das adj. die ſchwache form läßt: der blinden. Das unfolgerechte fällt in die augen. — Die kürzung der mehrſilbigen iſt nach anm. 2. zur erſten ſt. decl. zu beurtheilen, nämlich der nom. ſg. aller geſchl. ſammt dem acc. ſg. fem. neutr. kürzen entw. gar nichts: dunkle, êbene, mâgere, heitere, ſauere etc. oder den bildungsvocal: dunkle, êbne, ſaure etc.
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[753/0779]
II. neuhochd. ſchwaches adjectivum.
gehen wie blinder, alſo: dunkeler, mâgerer, dunkeles,
mâgeres, fem. dunkeler, magerer; pl. dunkele, mâgere;
der einzige acc. ſg. maſc. und dat. pl. kann noch ſyn-
copieren: dunkeln, mâgern, heitern, neben dunkelen,
mâgeren, heiteren. Lieber werfen die übrigen caſus das
bildungs -e weg: dunkler, êdler, mâgrer, êbner, dunk-
les etc. wodurch dann freilich das flexions -e gerechtfer-
tigt wird; im acc. ſg. maſc. und dat. pl. ſtehet ungut
dunklen, êdlen, mâgren, und beßer dunkeln, êdeln, mâ-
gern; bei denen auf -en gilt jedoch êbnen neben êbe-
nen. Hiernach kann man ſich leicht paradigmen zuſ.
ſetzen. Übrigens ſtimmt die unorg. entfaltung dieſer
decl. zu dem ſ. 700. angeführten ſubſt. êbne, bittre oder
êbene, bittere. — 3) der augenſchein lehrt, daß viele
der angegebenen adj. das urſprüngliche bildungs -e ab-
geſtoßen haben und vordem zur zweiten decl. gehörten,
namentlich: dick, dünn, dürr, feil, fruͤh, gruͤn, hart,
klein, kuͤl, lind, mild, gemein, neu, reich, rein, ſanft,
ſchœn, ſtill, ſuͤß, treu, wild, wuͤſt; ebenſo die bildun-
gen bieder, êdel, behènd, albern, nüchtern etc. Um-
lautbare verräth meiſtens der gebliebene umlaut; fehlt
auch er (wie in hart, ſanft) ſo geſchah der übertritt
früher.
Starkes adjectivum. zweite declination.
das bildungs -e erhält ſich nur im unflectierten fall we-
niger wörter, die ſprache hat es, wie ſo eben gezeigt
wurde, in den meiſten allmählig verloren, und wird es
auch in den folgenden mit der zeit ablegen: blœde. bœſe.
enge. jæhe. irre. kirre (cicur) muͤde. œde. ſchnœde.
træge. weiſe. zæhe. — Alle flexionen gleichen denen er-
ſter decl.
Schwaches adjectivum.
paradigma wie im mittelh., mit der einzigen wichtigen
abweichung, daß der acc. ſg. fem. dem nom. gleichlau-
tet: die blinde ſt. die blinden. Das ſtimmt zwar zum
acc. ſg. zunge ſt. zungen, allein der ſubſt. gen. dat. hat
ebenfalls zunge, während hier das adj. die ſchwache
form läßt: der blinden. Das unfolgerechte fällt in die
augen. — Die kürzung der mehrſilbigen iſt nach anm. 2.
zur erſten ſt. decl. zu beurtheilen, nämlich der nom. ſg.
aller geſchl. ſammt dem acc. ſg. fem. neutr. kürzen
entw. gar nichts: dunkle, êbene, mâgere, heitere,
ſauere etc. oder den bildungsvocal: dunkle, êbne, ſaure etc.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 753. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/779>, abgerufen am 03.12.2024.
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