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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. goth. subst. stark. fem. erste u. zweite decl.
4) mit der bildung r: hleithra (tabernaculum).
5) mit der bildung s: gaitsa (caper).
6) mit der bildung v: ahva (fluvius) salithva (mansio)
triggva (pactio) ubizva (porticus).
7) mit der bildung ith: airzitha (seductio) diupitha (pro-
funditas) und alle ähnlichen.
8) mit der bildung i: sunja (veritas) vrakja (persequutio)
Marc. 4, 17. neben dem dat. pl. vrakom Marc. 10, 30.
Vielleicht noch andere, s. anm. zur folg. decl. --

Anmerkung: einige wenige wörter, die bloß im dat.
sg. vorkommen, können zwar dieser, aber auch der
vierten decl. zufallen, als: jundai (juventute) Luc. 18, 21.
motai (telonio) Matth. 9, 9. Marc. 2, 14. -- Wiederum
solche, von denen bloß der nom. pl. vorkommt, dürften
auch masc. 1. decl. seyn.

Starkes femininum. zweite declination.

beispiel: thiv-ipl. thiu-jos
thiu-josthiu-jo
thiu-jaithiu-jom
thiu-jathiu-jos
thiv-i

auch diese decl. muß gleich der zweiten männl. untheo-
retisch aufgestellt werden. An sich und ursprünglich
war ihr paradigma völlig das von giba, gibos, folglich
thivi (st. thiuj-a) thiuj-os, thiuj-ai, thiuj-a etc. Der be-
weis liegt in den unter 8. der vorigen decl. angeführ-
ten vollständigen formen sunja und vrakja. Andere wör-
ter haben das-a des nom. abgeworfen, wie einige masc.
das -s des nom. Dem masc. war dieses abwerfen nach-
theilig, weil es nom. und acc. mengte; dem fem. bringt
es vortheil, weil es umgekehrt nom. und acc. unter-
scheidet. Vielleicht verursachte der das -a ablegende
voc. (mavi Luc. 8, 54.) den nom. -i statt -ja. Aus-
nahmsweise legt es auch der acc. ab (kunthi, notitiam
Luc, 1, 77.).

Das kennzeichen dieser decl. d. h. den nom. auf -i,
haben nun beleglich folgende wörter:

1) einfache: thivi (ancilla) mavi (virgo) [maujos, mau-
jai etc.] bandi (vinculum) kunthi (cognitio) thiudangardi
(regnum).
2) bildungen: aihvatundi (rubus) hulundi (spelunca) thau-
sundi (mille) lauhmoni (fulgur) aquizi (securis). Ver-
II. goth. ſubſt. ſtark. fem. erſte u. zweite decl.
4) mit der bildung r: hleiþra (tabernaculum).
5) mit der bildung ſ: gáitſa (caper).
6) mit der bildung v: ahva (fluvius) ſaliþva (manſio)
triggva (pactio) ubizva (porticus).
7) mit der bildung : aírziþa (ſeductio) diupiþa (pro-
funditas) und alle ähnlichen.
8) mit der bildung i: ſunja (veritas) vrakja (perſequutio)
Marc. 4, 17. neben dem dat. pl. vrakôm Marc. 10, 30.
Vielleicht noch andere, ſ. anm. zur folg. decl. —

Anmerkung: einige wenige wörter, die bloß im dat.
ſg. vorkommen, können zwar dieſer, aber auch der
vierten decl. zufallen, als: jundai (juventute) Luc. 18, 21.
môtai (telonio) Matth. 9, 9. Marc. 2, 14. — Wiederum
ſolche, von denen bloß der nom. pl. vorkommt, dürften
auch maſc. 1. decl. ſeyn.

Starkes femininum. zweite declination.

beiſpiel: þiv-ipl. þiu-jôs
þiu-jôsþiu-jô
þiu-jaiþiu-jôm
þiu-jaþiu-jôs
þiv-i

auch dieſe decl. muß gleich der zweiten männl. untheo-
retiſch aufgeſtellt werden. An ſich und urſprünglich
war ihr paradigma völlig das von giba, gibôs, folglich
þivi (ſt. þiuj-a) þiuj-ôs, þiuj-ai, þiuj-a etc. Der be-
weis liegt in den unter 8. der vorigen decl. angeführ-
ten vollſtändigen formen ſunja und vrakja. Andere wör-
ter haben das-a des nom. abgeworfen, wie einige maſc.
das -s des nom. Dem maſc. war dieſes abwerfen nach-
theilig, weil es nom. und acc. mengte; dem fem. bringt
es vortheil, weil es umgekehrt nom. und acc. unter-
ſcheidet. Vielleicht verurſachte der das -a ablegende
voc. (mavi Luc. 8, 54.) den nom. -i ſtatt -ja. Aus-
nahmsweiſe legt es auch der acc. ab (kunþi, notitiam
Luc, 1, 77.).

Das kennzeichen dieſer decl. d. h. den nom. auf -i,
haben nun beleglich folgende wörter:

1) einfache: þivi (ancilla) mavi (virgo) [maujôs, mau-
jai etc.] bandi (vinculum) kunþi (cognitio) þiudangardi
(regnum).
2) bildungen: aíhvatundi (rubus) hulundi (ſpelunca) þû-
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[603/0629] II. goth. ſubſt. ſtark. fem. erſte u. zweite decl. 4) mit der bildung r: hleiþra (tabernaculum). 5) mit der bildung ſ: gáitſa (caper). 6) mit der bildung v: ahva (fluvius) ſaliþva (manſio) triggva (pactio) ubizva (porticus). 7) mit der bildung iþ: aírziþa (ſeductio) diupiþa (pro- funditas) und alle ähnlichen. 8) mit der bildung i: ſunja (veritas) vrakja (perſequutio) Marc. 4, 17. neben dem dat. pl. vrakôm Marc. 10, 30. Vielleicht noch andere, ſ. anm. zur folg. decl. — Anmerkung: einige wenige wörter, die bloß im dat. ſg. vorkommen, können zwar dieſer, aber auch der vierten decl. zufallen, als: jundai (juventute) Luc. 18, 21. môtai (telonio) Matth. 9, 9. Marc. 2, 14. — Wiederum ſolche, von denen bloß der nom. pl. vorkommt, dürften auch maſc. 1. decl. ſeyn. Starkes femininum. zweite declination. beiſpiel: þiv-i pl. þiu-jôs þiu-jôs þiu-jô þiu-jai þiu-jôm þiu-ja þiu-jôs þiv-i auch dieſe decl. muß gleich der zweiten männl. untheo- retiſch aufgeſtellt werden. An ſich und urſprünglich war ihr paradigma völlig das von giba, gibôs, folglich þivi (ſt. þiuj-a) þiuj-ôs, þiuj-ai, þiuj-a etc. Der be- weis liegt in den unter 8. der vorigen decl. angeführ- ten vollſtändigen formen ſunja und vrakja. Andere wör- ter haben das-a des nom. abgeworfen, wie einige maſc. das -s des nom. Dem maſc. war dieſes abwerfen nach- theilig, weil es nom. und acc. mengte; dem fem. bringt es vortheil, weil es umgekehrt nom. und acc. unter- ſcheidet. Vielleicht verurſachte der das -a ablegende voc. (mavi Luc. 8, 54.) den nom. -i ſtatt -ja. Aus- nahmsweiſe legt es auch der acc. ab (kunþi, notitiam Luc, 1, 77.). Das kennzeichen dieſer decl. d. h. den nom. auf -i, haben nun beleglich folgende wörter: 1) einfache: þivi (ancilla) mavi (virgo) [maujôs, mau- jai etc.] bandi (vinculum) kunþi (cognitio) þiudangardi (regnum). 2) bildungen: aíhvatundi (rubus) hulundi (ſpelunca) þû- ſundi (mille) laúhmôni (fulgur) aquizi (ſecuris). Ver-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/629>, abgerufen am 22.12.2024.