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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. althochdeutsche consonanten. gutturales.
magan mahta (st. magida) und mahts, wovon nach-
her umständlicher bei ht. In allen solchen formen
scheint die spirans jünger als ten. oder media, die
ten. aber überbleibsel einer uralten ten. die noch zu
der lat. ten. stimmte (oben s. 177.) daher auch ver-
gleichbare wörter im lat. c zeigen, z. b. nahts, nox
(nocts) noctis; raihts, rectus. --
gemination inlautender gutturales.

gemination des k oder c, im sinne des goth. kk,
ist in sofern unmöglich, als die alth. mundart nach oben
s. 185. kein inlautendes einfaches k (für das goth. k)
kennt, sondern es stets in ch wandelt, ein geminiertes
chch aber aller aussprache widersteht. Dafür begegnen
wir einem componierten cch, ja bei solchen, die das
organische k im anlaute dulden, obgleich sie es inlau-
tend in ch wandeln, im fall der gemination, dem alten
ck oder kk. Ferner: strengalth. quellen, die inlautend
k oder c für das goth. g gebrauchen, können dieses al-
lerdings geminieren, welches kk oder cc für gg steht
und von ersterem cch gänzlich unterschieden ist. Alle
diese formen müßen besonders betrachtet werden.

(CCH) dick aus der gurgel c-ch, wie wenn wir
flok-che aussprechen sollten, beide kehllaute unterschie-
den und doch in einer silbe verbunden *). Diese streng-
alth. gemination entspricht dem goth. kk in sakkau
(sacco) alth. sacche, wie tts (tz) dem goth. tt entspricht
und pph dem goth. pp entsprechen würde, käme letz-
tere gemination überhaupt vor. Vermuthlich gab es
mehrere goth. tt, pp, kk, als wir jetzt belegen können;
offenbar aber genügte dem Gothen in den meisten fäl-
len, wo im alth. verdoppelt wird, der einfache laut.
Die bedingungen und veranlaßungen zu dem cch sind
dieselben, welche ich bei allen andern geminationen
angeführt habe, nämlich vorausgehender kurzer vocal **)

*) Das alter der schreibung erhellt aus Greg. tur. 9, 28. bac-
chinon (pateras). -- Tadel verdient aber hch f. cch, wie
gl. mons. 413. tohcha (mima); kch wäre richtig, ist je-
doch höchst selten, allein in den gl. ker. habe ich nakchut
(nudus) gefunden; schlechter scheint ckh, gl. doc. 208.
dickhi.
**) Fehlerhaft gl. jun. 221. racchin (punirent) st. rahhin und
noch fehlerhafter 222. rinccha (proceres) st. rincha oder
rinka.
I. althochdeutſche conſonanten. gutturales.
magan mahta (ſt. magida) und mahts, wovon nach-
her umſtändlicher bei ht. In allen ſolchen formen
ſcheint die ſpirans jünger als ten. oder media, die
ten. aber überbleibſel einer uralten ten. die noch zu
der lat. ten. ſtimmte (oben ſ. 177.) daher auch ver-
gleichbare wörter im lat. c zeigen, z. b. nahts, nox
(nocts) noctis; raíhts, rectus. —
gemination inlautender gutturales.

gemination des k oder c, im ſinne des goth. kk,
iſt in ſofern unmöglich, als die alth. mundart nach oben
ſ. 185. kein inlautendes einfaches k (für das goth. k)
kennt, ſondern es ſtets in ch wandelt, ein geminiertes
chch aber aller ausſprache widerſteht. Dafür begegnen
wir einem componierten cch, ja bei ſolchen, die das
organiſche k im anlaute dulden, obgleich ſie es inlau-
tend in ch wandeln, im fall der gemination, dem alten
ck oder kk. Ferner: ſtrengalth. quellen, die inlautend
k oder c für das goth. g gebrauchen, können dieſes al-
lerdings geminieren, welches kk oder cc für gg ſteht
und von erſterem cch gänzlich unterſchieden iſt. Alle
dieſe formen müßen beſonders betrachtet werden.

(CCH) dick aus der gurgel c-ch, wie wenn wir
flok-che ausſprechen ſollten, beide kehllaute unterſchie-
den und doch in einer ſilbe verbunden *). Dieſe ſtreng-
alth. gemination entſpricht dem goth. kk in ſakkáu
(ſacco) alth. ſacche, wie ttſ (tz) dem goth. tt entſpricht
und pph dem goth. pp entſprechen würde, käme letz-
tere gemination überhaupt vor. Vermuthlich gab es
mehrere goth. tt, pp, kk, als wir jetzt belegen können;
offenbar aber genügte dem Gothen in den meiſten fäl-
len, wo im alth. verdoppelt wird, der einfache laut.
Die bedingungen und veranlaßungen zu dem cch ſind
dieſelben, welche ich bei allen andern geminationen
angeführt habe, nämlich vorausgehender kurzer vocal **)

*) Das alter der ſchreibung erhellt aus Greg. tur. 9, 28. bac-
chinon (pateras). — Tadel verdient aber hch f. cch, wie
gl. monſ. 413. tohcha (mima); kch wäre richtig, iſt je-
doch höchſt ſelten, allein in den gl. ker. habe ich nakchut
(nudus) gefunden; ſchlechter ſcheint ckh, gl. doc. 208.
dickhi.
**) Fehlerhaft gl. jun. 221. râcchin (punirent) ſt. râhhin und
noch fehlerhafter 222. rincchâ (proceres) ſt. rinchâ oder
rinkâ.
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[191/0217] I. althochdeutſche conſonanten. gutturales. magan mahta (ſt. magida) und mahts, wovon nach- her umſtändlicher bei ht. In allen ſolchen formen ſcheint die ſpirans jünger als ten. oder media, die ten. aber überbleibſel einer uralten ten. die noch zu der lat. ten. ſtimmte (oben ſ. 177.) daher auch ver- gleichbare wörter im lat. c zeigen, z. b. nahts, nox (nocts) noctis; raíhts, rectus. — gemination inlautender gutturales. gemination des k oder c, im ſinne des goth. kk, iſt in ſofern unmöglich, als die alth. mundart nach oben ſ. 185. kein inlautendes einfaches k (für das goth. k) kennt, ſondern es ſtets in ch wandelt, ein geminiertes chch aber aller ausſprache widerſteht. Dafür begegnen wir einem componierten cch, ja bei ſolchen, die das organiſche k im anlaute dulden, obgleich ſie es inlau- tend in ch wandeln, im fall der gemination, dem alten ck oder kk. Ferner: ſtrengalth. quellen, die inlautend k oder c für das goth. g gebrauchen, können dieſes al- lerdings geminieren, welches kk oder cc für gg ſteht und von erſterem cch gänzlich unterſchieden iſt. Alle dieſe formen müßen beſonders betrachtet werden. (CCH) dick aus der gurgel c-ch, wie wenn wir flok-che ausſprechen ſollten, beide kehllaute unterſchie- den und doch in einer ſilbe verbunden *). Dieſe ſtreng- alth. gemination entſpricht dem goth. kk in ſakkáu (ſacco) alth. ſacche, wie ttſ (tz) dem goth. tt entſpricht und pph dem goth. pp entſprechen würde, käme letz- tere gemination überhaupt vor. Vermuthlich gab es mehrere goth. tt, pp, kk, als wir jetzt belegen können; offenbar aber genügte dem Gothen in den meiſten fäl- len, wo im alth. verdoppelt wird, der einfache laut. Die bedingungen und veranlaßungen zu dem cch ſind dieſelben, welche ich bei allen andern geminationen angeführt habe, nämlich vorausgehender kurzer vocal **) *) Das alter der ſchreibung erhellt aus Greg. tur. 9, 28. bac- chinon (pateras). — Tadel verdient aber hch f. cch, wie gl. monſ. 413. tohcha (mima); kch wäre richtig, iſt je- doch höchſt ſelten, allein in den gl. ker. habe ich nakchut (nudus) gefunden; ſchlechter ſcheint ckh, gl. doc. 208. dickhi. **) Fehlerhaft gl. jun. 221. râcchin (punirent) ſt. râhhin und noch fehlerhafter 222. rincchâ (proceres) ſt. rinchâ oder rinkâ.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/217>, abgerufen am 21.11.2024.