Hier bestätiget wieder das runen alphabet eine wich- tige abweichung von der labial- und lingualordnung, in welchen beiden die asp. ph und th herausgehoben wurde; wie aber dem Gothen der aspirierte kehllaut mangelt, so fehlt auch den alten runen das zeichen da- für; es gab ihrer folglich nur zwei in dieser reihe, eine für die spirans (hagal, grando) eine für ten. und med. zusammen, nach der ten. kaun *) benannt. Die sächs. runen unterscheiden ten. welche den alten namen cen (ist diese lautbezeichnung richtig? die analogie von laun, lean erforderte cean) beibehält, von der med. g und nennen letztere gifu (donum, gratia). In den marko- mann. runen bleibt diese med. gibu, sie und hagal lei- den keinen zweifel; hingegen wird der name der ten. aspiriert in chen und daneben noch ein unterschiedenes chon aufgeführt. Befriedigenden aufschluß vermag ich hierüber nicht zu geben und aus dem dunkeln sinn der wörter nicht zu rathen, welches von beiden die ten. und was dann das andere bedeute? vielleicht ein q. in- sofern man etwas auf die ähnlichkeit des zeichens chon mit dem goth. Ch (qv) geben wollte; das zeichen chen ist ein umgekehrtes chon, nämlich [ - 1 Zeichen fehlt], wie denn auffal- lend auch das nord. kaun ebenso, das sächs. cen um- gedreht [] bezeichnet wird. So viel erhellt, daß die zeichen [ - 1 Zeichen fehlt], Ch, [] graphisch, vermuthlich also auch im laut, wo nicht eins sind, doch einander sehr nahe lie- gen. Die alth. form des namens chon stimmte völlig zu kaun.
Unabhängig von dieser noch nicht ganz aufgeklär- ten bestätigung durch das allmählig veränderte runen- system lautet der grundsatz für die alth. gutturales so: die organische ten. ist zur asp. geworden, die organische
*) Die auslegung durch ulcus, eiter scheint bedenklich, wie- wohl der dunkele angels. spruch von cen des seuers und brandes erwähnt. Die gewöhnliche bedeutung von cene (acer, audax) past nicht hierher und überhaupt kein adj.
Hier beſtätiget wieder das runen alphabet eine wich- tige abweichung von der labial- und lingualordnung, in welchen beiden die aſp. ph und th herausgehoben wurde; wie aber dem Gothen der aſpirierte kehllaut mangelt, ſo fehlt auch den alten runen das zeichen da- für; es gab ihrer folglich nur zwei in dieſer reihe, eine für die ſpirans (hagal, grando) eine für ten. und med. zuſammen, nach der ten. kaun *) benannt. Die ſächſ. runen unterſcheiden ten. welche den alten namen cèn (iſt dieſe lautbezeichnung richtig? die analogie von laun, leán erforderte ceán) beibehält, von der med. g und nennen letztere gifu (donum, gratia). In den marko- mann. runen bleibt dieſe med. gibu, ſie und hagal lei- den keinen zweifel; hingegen wird der name der ten. aſpiriert in chèn und daneben noch ein unterſchiedenes chòn aufgeführt. Befriedigenden aufſchluß vermag ich hierüber nicht zu geben und aus dem dunkeln ſinn der wörter nicht zu rathen, welches von beiden die ten. und was dann das andere bedeute? vielleicht ein q. in- ſofern man etwas auf die ähnlichkeit des zeichens chôn mit dem goth. Ч (qv) geben wollte; das zeichen chên iſt ein umgekehrtes chôn, nämlich [ – 1 Zeichen fehlt], wie denn auffal- lend auch das nord. kaun ebenſo, das ſächſ. cèn um- gedreht [𐌷] bezeichnet wird. So viel erhellt, daß die zeichen [ – 1 Zeichen fehlt], Ч, [𐌷] graphiſch, vermuthlich alſo auch im laut, wo nicht eins ſind, doch einander ſehr nahe lie- gen. Die alth. form des namens chôn ſtimmte völlig zu kaun.
Unabhängig von dieſer noch nicht ganz aufgeklär- ten beſtätigung durch das allmählig veränderte runen- ſyſtem lautet der grundſatz für die alth. gutturales ſo: die organiſche ten. iſt zur aſp. geworden, die organiſche
*) Die auslegung durch ulcus, eiter ſcheint bedenklich, wie- wohl der dunkele angelſ. ſpruch von cên des ſeuers und brandes erwähnt. Die gewöhnliche bedeutung von cêne (acer, audax) paſt nicht hierher und überhaupt kein adj.
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[176/0202]
I. althochdeutſche conſonanten. gutturales.
ruſti (inſtrumentum) eidbuſt (iuramentum) ruſtagî (bar-
baries) trôſt, ôſtar, rôſt (craticula) fùſt (pugnus) pluoſtar
(ſacriſicium). Die formen nſi, lſt, rſt oben ſ. 124. 125.
(K. G. GH. CH. Q. J. H.) gutturales.
Hier beſtätiget wieder das runen alphabet eine wich-
tige abweichung von der labial- und lingualordnung,
in welchen beiden die aſp. ph und th herausgehoben
wurde; wie aber dem Gothen der aſpirierte kehllaut
mangelt, ſo fehlt auch den alten runen das zeichen da-
für; es gab ihrer folglich nur zwei in dieſer reihe, eine
für die ſpirans (hagal, grando) eine für ten. und med.
zuſammen, nach der ten. kaun *) benannt. Die ſächſ.
runen unterſcheiden ten. welche den alten namen cèn
(iſt dieſe lautbezeichnung richtig? die analogie von laun,
leán erforderte ceán) beibehält, von der med. g und
nennen letztere gifu (donum, gratia). In den marko-
mann. runen bleibt dieſe med. gibu, ſie und hagal lei-
den keinen zweifel; hingegen wird der name der ten.
aſpiriert in chèn und daneben noch ein unterſchiedenes
chòn aufgeführt. Befriedigenden aufſchluß vermag ich
hierüber nicht zu geben und aus dem dunkeln ſinn der
wörter nicht zu rathen, welches von beiden die ten.
und was dann das andere bedeute? vielleicht ein q. in-
ſofern man etwas auf die ähnlichkeit des zeichens chôn
mit dem goth. Ч (qv) geben wollte; das zeichen chên
iſt ein umgekehrtes chôn, nämlich _, wie denn auffal-
lend auch das nord. kaun ebenſo, das ſächſ. cèn um-
gedreht 𐌷 bezeichnet wird. So viel erhellt, daß die
zeichen _, Ч, 𐌷 graphiſch, vermuthlich alſo auch im
laut, wo nicht eins ſind, doch einander ſehr nahe lie-
gen. Die alth. form des namens chôn ſtimmte völlig
zu kaun.
Unabhängig von dieſer noch nicht ganz aufgeklär-
ten beſtätigung durch das allmählig veränderte runen-
ſyſtem lautet der grundſatz für die alth. gutturales ſo:
die organiſche ten. iſt zur aſp. geworden, die organiſche
*) Die auslegung durch ulcus, eiter ſcheint bedenklich, wie-
wohl der dunkele angelſ. ſpruch von cên des ſeuers und
brandes erwähnt. Die gewöhnliche bedeutung von cêne
(acer, audax) paſt nicht hierher und überhaupt kein adj.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/202>, abgerufen am 21.11.2024.
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