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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. neuhochdeutsches verbum.
dern auf abeien, occoseien, philosopheien, tovereien 1,
136. 139. 200. 347.) praet. leiede (1, 162. 255.); weien
(consecrare) weiede; neien (hinnire) neiede (1, 195.);
gheroen (quiescere,: doen 2, 209.) roede.
7) bringhen, brochte; denken, diuken (cogitare) dachte
und dochte; dunken (videri) dochte; werken, wrochte,
part. ghewracht (1, 124.); soeken (quaerere) sochte; roe-
ken (curare) rochte; vruchten (timere) vrochte (2, 421.)
duchten (timere) dochte; dochte kann viererlei bedeu-
ten: cogitavit, videbatur, timuit und profuit (von
doghen) vgl. Huyd. op St. 1, 361. 2, 364. 3, 98.
168. 379.


Das mittelenglische verbum übergehe ich diesmahl,
bemerke nur die fortdauer des angels. heht (s. 898.) und
eode (909.), jenes lautet hiht (oder hight, ungut hihte,
highte) z. b. Tristr. 99. 100. sowohl für nominabar als
promisi (Tristr. 105. wo fälschlich bihigh st. bihight) zu-
weilen fürs part. promissus (Tristr. 117.) vgl. Tyrwhit
zu 1016. C. T. Für ivit steht bald yode (: stode, gode
Tristr. 98. 106.) bald yede, gede (: manhede, dede etc.
ibid. 100. 110.). --



Neuhochdeutsches verbum.

Vorbemerkungen: 1) da die kurzsilbigkeit der wur-
zeln verscherzt ist, kann von wegfallendem stummem e
in einfachen wörtern keine rede seyn. 2) das tonlose e
wird (anlehnungen und metrische elisionen abgerechnet)
niemahls apocopiert: ich neme, fare, male (molo) male
(pingo) etc. auch nicht syncopiert vor -n: nemen, fa-
ren, malen; wohl aber vor -st und -t, nämlich a) ohne
ausnahme in II. III. praes. sg. starker form, sobald vo-
calwechsel eintritt, z. b. hältst, hält; faerst, faert; wirfst,
wirft; trittst, tritt; raethst, raeth; nicht: faerest, wirfest,
hältest etc. b) gewöhnlich in denselben personen star-
ker form ohne solchen vocalwechsel: heißt, gießt,
scheint; ausg. nach wurzelhaftem t, d: bietest, bietet;
reitest, reitet; meidest, meidet; und nicht bietst, biet.
g) gleichgültiger darf es in II. III. praes. schwacher form,
so wie II. pl. praes. und praet. starker bald bleiben, bald
wegfallen: lobest, lobet neben lobst, lobt. Fühlbar
wirft man in der III. sg. lieber aus, in II. pl. lieber
nicht, es heißt eher ihr lobet, als er lobet; auch die

II. neuhochdeutſches verbum.
dern auf abîen, occoſîen, philoſophîen, toverîen 1,
136. 139. 200. 347.) praet. lîede (1, 162. 255.); wîen
(conſecrare) wîede; nîen (hinnire) nîede (1, 195.);
gheroen (quieſcere,: doen 2, 209.) roede.
7) bringhen, brochte; dënken, diuken (cogitare) dachte
und dochte; dunken (videri) dochte; wërken, wrochte,
part. ghewracht (1, 124.); ſoeken (quaerere) ſochte; roe-
ken (curare) rochte; vruchten (timere) vrochte (2, 421.)
duchten (timere) dochte; dochte kann viererlei bedeu-
ten: cogitavit, videbatur, timuit und profuit (von
doghen) vgl. Huyd. op St. 1, 361. 2, 364. 3, 98.
168. 379.


Das mittelengliſche verbum übergehe ich diesmahl,
bemerke nur die fortdauer des angelſ. hêht (ſ. 898.) und
ëode (909.), jenes lautet hiht (oder hight, ungut hihte,
highte) z. b. Triſtr. 99. 100. ſowohl für nominabar als
promiſi (Triſtr. 105. wo fälſchlich bihigh ſt. bihight) zu-
weilen fürs part. promiſſus (Triſtr. 117.) vgl. Tyrwhit
zu 1016. C. T. Für ivit ſteht bald yôde (: ſtôde, gôde
Triſtr. 98. 106.) bald yêde, gêde (: manhêde, dêde etc.
ibid. 100. 110.). —



Neuhochdeutſches verbum.

Vorbemerkungen: 1) da die kurzſilbigkeit der wur-
zeln verſcherzt iſt, kann von wegfallendem ſtummem e
in einfachen wörtern keine rede ſeyn. 2) das tonloſe e
wird (anlehnungen und metriſche eliſionen abgerechnet)
niemahls apocopiert: ìch nême, fâre, mâle (molo) mâle
(pingo) etc. auch nicht ſyncopiert vor -n: nêmen, fâ-
ren, mâlen; wohl aber vor -ſt und -t, nämlich α) ohne
ausnahme in II. III. praeſ. ſg. ſtarker form, ſobald vo-
calwechſel eintritt, z. b. hältſt, hält; færſt, fært; wirfſt,
wirft; trittſt, tritt; ræthſt, ræth; nicht: færeſt, wirfeſt,
hälteſt etc. β) gewöhnlich in denſelben perſonen ſtar-
ker form ohne ſolchen vocalwechſel: heißt, gießt,
ſcheint; ausg. nach wurzelhaftem t, d: bieteſt, bietet;
reiteſt, reitet; meideſt, meidet; und nicht bietſt, biet.
γ) gleichgültiger darf es in II. III. praeſ. ſchwacher form,
ſo wie II. pl. praeſ. und praet. ſtarker bald bleiben, bald
wegfallen: lôbeſt, lôbet neben lôbſt, lôbt. Fühlbar
wirft man in der III. ſg. lieber aus, in II. pl. lieber
nicht, es heißt eher ihr lôbet, als er lôbet; auch die

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[981/1007] II. neuhochdeutſches verbum. dern auf abîen, occoſîen, philoſophîen, toverîen 1, 136. 139. 200. 347.) praet. lîede (1, 162. 255.); wîen (conſecrare) wîede; nîen (hinnire) nîede (1, 195.); gheroen (quieſcere,: doen 2, 209.) roede. 7) bringhen, brochte; dënken, diuken (cogitare) dachte und dochte; dunken (videri) dochte; wërken, wrochte, part. ghewracht (1, 124.); ſoeken (quaerere) ſochte; roe- ken (curare) rochte; vruchten (timere) vrochte (2, 421.) duchten (timere) dochte; dochte kann viererlei bedeu- ten: cogitavit, videbatur, timuit und profuit (von doghen) vgl. Huyd. op St. 1, 361. 2, 364. 3, 98. 168. 379. Das mittelengliſche verbum übergehe ich diesmahl, bemerke nur die fortdauer des angelſ. hêht (ſ. 898.) und ëode (909.), jenes lautet hiht (oder hight, ungut hihte, highte) z. b. Triſtr. 99. 100. ſowohl für nominabar als promiſi (Triſtr. 105. wo fälſchlich bihigh ſt. bihight) zu- weilen fürs part. promiſſus (Triſtr. 117.) vgl. Tyrwhit zu 1016. C. T. Für ivit ſteht bald yôde (: ſtôde, gôde Triſtr. 98. 106.) bald yêde, gêde (: manhêde, dêde etc. ibid. 100. 110.). — Neuhochdeutſches verbum. Vorbemerkungen: 1) da die kurzſilbigkeit der wur- zeln verſcherzt iſt, kann von wegfallendem ſtummem e in einfachen wörtern keine rede ſeyn. 2) das tonloſe e wird (anlehnungen und metriſche eliſionen abgerechnet) niemahls apocopiert: ìch nême, fâre, mâle (molo) mâle (pingo) etc. auch nicht ſyncopiert vor -n: nêmen, fâ- ren, mâlen; wohl aber vor -ſt und -t, nämlich α) ohne ausnahme in II. III. praeſ. ſg. ſtarker form, ſobald vo- calwechſel eintritt, z. b. hältſt, hält; færſt, fært; wirfſt, wirft; trittſt, tritt; ræthſt, ræth; nicht: færeſt, wirfeſt, hälteſt etc. β) gewöhnlich in denſelben perſonen ſtar- ker form ohne ſolchen vocalwechſel: heißt, gießt, ſcheint; ausg. nach wurzelhaftem t, d: bieteſt, bietet; reiteſt, reitet; meideſt, meidet; und nicht bietſt, biet. γ) gleichgültiger darf es in II. III. praeſ. ſchwacher form, ſo wie II. pl. praeſ. und praet. ſtarker bald bleiben, bald wegfallen: lôbeſt, lôbet neben lôbſt, lôbt. Fühlbar wirft man in der III. ſg. lieber aus, in II. pl. lieber nicht, es heißt eher ihr lôbet, als er lôbet; auch die

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 981. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/1007>, abgerufen am 21.11.2024.