Häusern, wo das No-Restraint eingeführt war, berichtet werden *), indem ferner (nach Julius) die Zahl der Heilungen entschieden in keiner dieser Anstalten vermehrt wurde. So können wir uns bis jetzt dem Urtheile bedeutender vaterländischer Autoritäten im Anstaltswesen anschliessen, welche sich ebensowohl im Interesse der Kranken selbst, als im Interesse der Aufrechterhaltung von Ordnung, Ruhe und Zucht in den Anstalten nachdrücklich gegen die vollständige Abschaffung der mechanischen Beschränkungsmittel erklärt haben.
Es versteht sich, dass immer nur der Arzt, niemals der Wärter auf eigene Autorität mechanische Repression über den Kranken ver- hängen darf, dass sie immer auf's Genaueste überwacht werden muss, und dass diese Mittel nur für Nothfälle, wenn das mildere Verfahren erschöpft ist, aufzusparen sind. Ihre Anwendung darf auch nicht den Character einer Strafe, sondern immer den einer therapeutischen Mass- regel haben. Als eigentliche Strafmittel dagegen, deren man bei ein- zelnen widerspenstigen Kranken je und je bedarf, dient die Entziehung gewohnter Genüsse, die Versetzung auf eine andere Abtheilung des Hauses, und beim Bedürfniss einer noch stärkeren Einwirkung mit bestem Erfolg die kalte Douche, wenn sie in dem sonstigen Gesund- heitszustande durchaus keine Contraindication findet, als ein das Ehr- gefühl des Kranken durchaus nicht verletzendes, und doch höchst empfindliches und sehr gefürchtetes Mittel. --
Viertes Capitel. Einzelne Modificationen der Therapie.
§. 182.
Die Anwendung der bisher erörterten Mittel und Methoden wird zwar durch die verschiedene Form des Irreseins, an welcher der Kranke leidet, zum Theil wesentlich modificirt; doch hat sich sowohl die psychische als die somatische Behandlung ebensosehr, als nach diesen Formen, nach der verschiedenen Individualität der Kranken, nach den aufgefundenen sonstigen leiblichen Erkrankungen, die bei allen Formen dieselben sein können, und wieder besonders nach der Verschiedenheit der Stände, Charactere und geistigen Eigenthümlich- keiten zu richten. -- Für letzteres lassen sich kaum allgemeine Re- geln aufstellen; was aber die Behandlung der verschiedenen Stadien
*) S. Battelle, rapport etc. Annal. med.-psych. Novbr. 1844. p. 457 seqq.
Strafmittel.
Häusern, wo das No-Restraint eingeführt war, berichtet werden *), indem ferner (nach Julius) die Zahl der Heilungen entschieden in keiner dieser Anstalten vermehrt wurde. So können wir uns bis jetzt dem Urtheile bedeutender vaterländischer Autoritäten im Anstaltswesen anschliessen, welche sich ebensowohl im Interesse der Kranken selbst, als im Interesse der Aufrechterhaltung von Ordnung, Ruhe und Zucht in den Anstalten nachdrücklich gegen die vollständige Abschaffung der mechanischen Beschränkungsmittel erklärt haben.
Es versteht sich, dass immer nur der Arzt, niemals der Wärter auf eigene Autorität mechanische Repression über den Kranken ver- hängen darf, dass sie immer auf’s Genaueste überwacht werden muss, und dass diese Mittel nur für Nothfälle, wenn das mildere Verfahren erschöpft ist, aufzusparen sind. Ihre Anwendung darf auch nicht den Character einer Strafe, sondern immer den einer therapeutischen Mass- regel haben. Als eigentliche Strafmittel dagegen, deren man bei ein- zelnen widerspenstigen Kranken je und je bedarf, dient die Entziehung gewohnter Genüsse, die Versetzung auf eine andere Abtheilung des Hauses, und beim Bedürfniss einer noch stärkeren Einwirkung mit bestem Erfolg die kalte Douche, wenn sie in dem sonstigen Gesund- heitszustande durchaus keine Contraindication findet, als ein das Ehr- gefühl des Kranken durchaus nicht verletzendes, und doch höchst empfindliches und sehr gefürchtetes Mittel. —
Viertes Capitel. Einzelne Modificationen der Therapie.
§. 182.
Die Anwendung der bisher erörterten Mittel und Methoden wird zwar durch die verschiedene Form des Irreseins, an welcher der Kranke leidet, zum Theil wesentlich modificirt; doch hat sich sowohl die psychische als die somatische Behandlung ebensosehr, als nach diesen Formen, nach der verschiedenen Individualität der Kranken, nach den aufgefundenen sonstigen leiblichen Erkrankungen, die bei allen Formen dieselben sein können, und wieder besonders nach der Verschiedenheit der Stände, Charactere und geistigen Eigenthümlich- keiten zu richten. — Für letzteres lassen sich kaum allgemeine Re- geln aufstellen; was aber die Behandlung der verschiedenen Stadien
*) S. Battelle, rapport etc. Annal. med.-psych. Novbr. 1844. p. 457 seqq.
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Strafmittel.
Häusern, wo das No-Restraint eingeführt war, berichtet werden *), indem
ferner (nach Julius) die Zahl der Heilungen entschieden in keiner dieser
Anstalten vermehrt wurde. So können wir uns bis jetzt dem Urtheile
bedeutender vaterländischer Autoritäten im Anstaltswesen anschliessen,
welche sich ebensowohl im Interesse der Kranken selbst, als im
Interesse der Aufrechterhaltung von Ordnung, Ruhe und Zucht in
den Anstalten nachdrücklich gegen die vollständige Abschaffung der
mechanischen Beschränkungsmittel erklärt haben.
Es versteht sich, dass immer nur der Arzt, niemals der Wärter
auf eigene Autorität mechanische Repression über den Kranken ver-
hängen darf, dass sie immer auf’s Genaueste überwacht werden muss,
und dass diese Mittel nur für Nothfälle, wenn das mildere Verfahren
erschöpft ist, aufzusparen sind. Ihre Anwendung darf auch nicht den
Character einer Strafe, sondern immer den einer therapeutischen Mass-
regel haben. Als eigentliche Strafmittel dagegen, deren man bei ein-
zelnen widerspenstigen Kranken je und je bedarf, dient die Entziehung
gewohnter Genüsse, die Versetzung auf eine andere Abtheilung des
Hauses, und beim Bedürfniss einer noch stärkeren Einwirkung mit
bestem Erfolg die kalte Douche, wenn sie in dem sonstigen Gesund-
heitszustande durchaus keine Contraindication findet, als ein das Ehr-
gefühl des Kranken durchaus nicht verletzendes, und doch höchst
empfindliches und sehr gefürchtetes Mittel. —
Viertes Capitel.
Einzelne Modificationen der Therapie.
§. 182.
Die Anwendung der bisher erörterten Mittel und Methoden wird
zwar durch die verschiedene Form des Irreseins, an welcher der
Kranke leidet, zum Theil wesentlich modificirt; doch hat sich sowohl
die psychische als die somatische Behandlung ebensosehr, als nach
diesen Formen, nach der verschiedenen Individualität der Kranken,
nach den aufgefundenen sonstigen leiblichen Erkrankungen, die bei
allen Formen dieselben sein können, und wieder besonders nach der
Verschiedenheit der Stände, Charactere und geistigen Eigenthümlich-
keiten zu richten. — Für letzteres lassen sich kaum allgemeine Re-
geln aufstellen; was aber die Behandlung der verschiedenen Stadien
*) S. Battelle, rapport etc. Annal. med.-psych. Novbr. 1844. p. 457 seqq.
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Griesinger, Wilhelm: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, für Ärzte und Studierende. Stuttgart, 1845, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/griesinger_psychische_1845/388>, abgerufen am 03.03.2025.
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