Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

Bild:
<< vorherige Seite
Sinn-Gedichte.
Du stunbst bey Abila und auch bey Calpe stille/
Es solte da der Welt umschrencktes Ende seyn/
Allein dein Schluß war nicht des edlen Dracus Wille/
Er sprach/ man schliest die Welt nicht in die Schrancken ein.
Er lieff durch Ost und West/ durch Süden und durch Norden/
Er rieß die Wellen durch/ er fuhr ins wilde Meer/
Und kahm durch einen Weg der nie erhöret worden/
Rund um die Welt herum nach England wieder her.
So must du/ Hercules, doch diesem Helden weichen/
Das himmlische Gestirn macht seinen Ruhm bekannt
Du bist zwar Rühmens werth doch ihm nicht zuvergleichen/
Er wird ein Wunder-Held von aller Welt genannt.


An Battulus, da Sylvia seine Gedichte
verbrannt.
Hör Battulus Poet, wenn dein verliebt Gedichte
Der schönen Sylvia soll angenehme seyn/
So tische ihr nicht auf verbuhlte Lust-Gedichte/
Und schenck der Geilheit Most nicht in den Becher ein.
Jhr Auge liebet nicht was nach der Geilheit schmecket/
Verbuhlte Reden flieht sie ärger als das Gifft;
Weil nun in deiner Schrifft die Geilheit war verstecket/
So klage nicht/ wenn dich gerechter Eyfer trifft.
Der Nahme Venus ist ihr eine Pest zu hören/
Und dieses ärgert sie wenn man sie Venus heist/
Jhr Wesen wil sich nicht in Cypris Thun verkehren/
Derselben Eigenschafft nicht aus den Augen gleißt.
Die Mädgens/ die an Brunst die Venus überwinden/
Die nehmen ein Gedicht von geilen Worten an/
Bey ihnen kan man Gunst durch solche Verse finden/
Die Sylvien ihr Ohr gar nicht vertragen kan.
Jhr reiner Eyfer ließ die garstgen Verse brennen/
Hierinnen wolte sie der Venus ähnlich seyn/
Sie sprach: Die Verse muß mein Mann Vulcan erkennen/
Drum werffe ich sie jetzt in seine Flammen ein.
Die
A a 4
Sinn-Gedichte.
Du ſtunbſt bey Abila und auch bey Calpe ſtille/
Es ſolte da der Welt umſchrencktes Ende ſeyn/
Allein dein Schluß war nicht des edlen Dracus Wille/
Er ſprach/ man ſchlieſt die Welt nicht in die Schrancken ein.
Er lieff durch Oſt und Weſt/ durch Suͤden und durch Norden/
Er rieß die Wellen durch/ er fuhr ins wilde Meer/
Und kahm durch einen Weg der nie erhoͤret worden/
Rund um die Welt herum nach England wieder her.
So muſt du/ Hercules, doch dieſem Helden weichen/
Das himmliſche Geſtirn macht ſeinen Ruhm bekannt
Du biſt zwar Ruͤhmens werth doch ihm nicht zuvergleichen/
Er wird ein Wunder-Held von aller Welt genannt.


An Battulus, da Sylvia ſeine Gedichte
verbrannt.
Hoͤr Battulus Poët, wenn dein verliebt Gedichte
Der ſchoͤnen Sylvia ſoll angenehme ſeyn/
So tiſche ihr nicht auf verbuhlte Luſt-Gedichte/
Und ſchenck der Geilheit Moſt nicht in den Becher ein.
Jhr Auge liebet nicht was nach der Geilheit ſchmecket/
Verbuhlte Reden flieht ſie aͤrger als das Gifft;
Weil nun in deiner Schrifft die Geilheit war verſtecket/
So klage nicht/ wenn dich gerechter Eyfer trifft.
Der Nahme Venus iſt ihr eine Peſt zu hoͤren/
Und dieſes aͤrgert ſie wenn man ſie Venus heiſt/
Jhr Weſen wil ſich nicht in Cypris Thun verkehren/
Derſelben Eigenſchafft nicht aus den Augen gleißt.
Die Maͤdgens/ die an Brunſt die Venus uͤberwinden/
Die nehmen ein Gedicht von geilen Worten an/
Bey ihnen kan man Gunſt durch ſolche Verſe finden/
Die Sylvien ihr Ohr gar nicht vertragen kan.
Jhr reiner Eyfer ließ die garſtgen Verſe brennen/
Hierinnen wolte ſie der Venus aͤhnlich ſeyn/
Sie ſprach: Die Verſe muß mein Mann Vulcan erkennen/
Drum werffe ich ſie jetzt in ſeine Flammen ein.
Die
A a 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0393" n="375"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sinn-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Du &#x017F;tunb&#x017F;t bey <hi rendition="#aq">Abila</hi> und auch bey <hi rendition="#aq">Calpe</hi> &#x017F;tille/</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;olte da der Welt um&#x017F;chrencktes Ende &#x017F;eyn/</l><lb/>
            <l>Allein dein Schluß war nicht des edlen <hi rendition="#aq">Dracus</hi> Wille/</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;prach/ man &#x017F;chlie&#x017F;t die Welt nicht in die Schrancken ein.</l><lb/>
            <l>Er lieff durch O&#x017F;t und We&#x017F;t/ durch Su&#x0364;den und durch Norden/</l><lb/>
            <l>Er rieß die Wellen durch/ er fuhr ins wilde Meer/</l><lb/>
            <l>Und kahm durch einen Weg der nie erho&#x0364;ret worden/</l><lb/>
            <l>Rund um die Welt herum nach England wieder her.</l><lb/>
            <l>So mu&#x017F;t du/ <hi rendition="#aq">Hercules,</hi> doch die&#x017F;em Helden weichen/</l><lb/>
            <l>Das himmli&#x017F;che Ge&#x017F;tirn macht &#x017F;einen Ruhm bekannt</l><lb/>
            <l>Du bi&#x017F;t zwar Ru&#x0364;hmens werth doch ihm nicht zuvergleichen/</l><lb/>
            <l>Er wird ein Wunder-Held von aller Welt genannt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An <hi rendition="#aq">Battulus,</hi> da <hi rendition="#aq">Sylvia</hi> &#x017F;eine Gedichte<lb/>
verbrannt.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">H</hi>o&#x0364;r <hi rendition="#aq">Battulus Poët,</hi> wenn dein verliebt Gedichte</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;cho&#x0364;nen <hi rendition="#aq">Sylvia</hi> &#x017F;oll angenehme &#x017F;eyn/</l><lb/>
            <l>So ti&#x017F;che ihr nicht auf verbuhlte Lu&#x017F;t-Gedichte/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chenck der Geilheit Mo&#x017F;t nicht in den Becher ein.</l><lb/>
            <l>Jhr Auge liebet nicht was nach der Geilheit &#x017F;chmecket/</l><lb/>
            <l>Verbuhlte Reden flieht &#x017F;ie a&#x0364;rger als das Gifft;</l><lb/>
            <l>Weil nun in deiner Schrifft die Geilheit war ver&#x017F;tecket/</l><lb/>
            <l>So klage nicht/ wenn dich gerechter Eyfer trifft.</l><lb/>
            <l>Der Nahme <hi rendition="#aq">Venus</hi> i&#x017F;t ihr eine Pe&#x017F;t zu ho&#x0364;ren/</l><lb/>
            <l>Und die&#x017F;es a&#x0364;rgert &#x017F;ie wenn man &#x017F;ie <hi rendition="#aq">Venus</hi> hei&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Jhr We&#x017F;en wil &#x017F;ich nicht in <hi rendition="#aq">Cypris</hi> Thun verkehren/</l><lb/>
            <l>Der&#x017F;elben Eigen&#x017F;chafft nicht aus den Augen gleißt.</l><lb/>
            <l>Die Ma&#x0364;dgens/ die an Brun&#x017F;t die <hi rendition="#aq">Venus</hi> u&#x0364;berwinden/</l><lb/>
            <l>Die nehmen ein Gedicht von geilen Worten an/</l><lb/>
            <l>Bey ihnen kan man Gun&#x017F;t durch &#x017F;olche <hi rendition="#aq">Ver&#x017F;e</hi> finden/</l><lb/>
            <l>Die <hi rendition="#aq">Sylvien</hi> ihr Ohr gar nicht vertragen kan.</l><lb/>
            <l>Jhr reiner Eyfer ließ die gar&#x017F;tgen <hi rendition="#aq">Ver&#x017F;e</hi> brennen/</l><lb/>
            <l>Hierinnen wolte &#x017F;ie der <hi rendition="#aq">Venus</hi> a&#x0364;hnlich &#x017F;eyn/</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;prach: Die <hi rendition="#aq">Ver&#x017F;e</hi> muß mein Mann <hi rendition="#aq">Vulcan</hi> erkennen/</l><lb/>
            <l>Drum werffe ich &#x017F;ie jetzt in &#x017F;eine Flammen ein.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">A a 4</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Die</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0393] Sinn-Gedichte. Du ſtunbſt bey Abila und auch bey Calpe ſtille/ Es ſolte da der Welt umſchrencktes Ende ſeyn/ Allein dein Schluß war nicht des edlen Dracus Wille/ Er ſprach/ man ſchlieſt die Welt nicht in die Schrancken ein. Er lieff durch Oſt und Weſt/ durch Suͤden und durch Norden/ Er rieß die Wellen durch/ er fuhr ins wilde Meer/ Und kahm durch einen Weg der nie erhoͤret worden/ Rund um die Welt herum nach England wieder her. So muſt du/ Hercules, doch dieſem Helden weichen/ Das himmliſche Geſtirn macht ſeinen Ruhm bekannt Du biſt zwar Ruͤhmens werth doch ihm nicht zuvergleichen/ Er wird ein Wunder-Held von aller Welt genannt. An Battulus, da Sylvia ſeine Gedichte verbrannt. Hoͤr Battulus Poët, wenn dein verliebt Gedichte Der ſchoͤnen Sylvia ſoll angenehme ſeyn/ So tiſche ihr nicht auf verbuhlte Luſt-Gedichte/ Und ſchenck der Geilheit Moſt nicht in den Becher ein. Jhr Auge liebet nicht was nach der Geilheit ſchmecket/ Verbuhlte Reden flieht ſie aͤrger als das Gifft; Weil nun in deiner Schrifft die Geilheit war verſtecket/ So klage nicht/ wenn dich gerechter Eyfer trifft. Der Nahme Venus iſt ihr eine Peſt zu hoͤren/ Und dieſes aͤrgert ſie wenn man ſie Venus heiſt/ Jhr Weſen wil ſich nicht in Cypris Thun verkehren/ Derſelben Eigenſchafft nicht aus den Augen gleißt. Die Maͤdgens/ die an Brunſt die Venus uͤberwinden/ Die nehmen ein Gedicht von geilen Worten an/ Bey ihnen kan man Gunſt durch ſolche Verſe finden/ Die Sylvien ihr Ohr gar nicht vertragen kan. Jhr reiner Eyfer ließ die garſtgen Verſe brennen/ Hierinnen wolte ſie der Venus aͤhnlich ſeyn/ Sie ſprach: Die Verſe muß mein Mann Vulcan erkennen/ Drum werffe ich ſie jetzt in ſeine Flammen ein. Die A a 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/393
Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/393>, abgerufen am 21.11.2024.