Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.A usgegeben am Keine Nation fühlt so sehr als die deutsche den Georg Christoph Lichtenberg ^7^2--^799 Die Beurteilung fremder Völker v Freiherrn von Lreytag--Loringhoven, General der Infanterie a. D. Dr. K. c. on seinem bekannten Buche "Das Zarenreich und die Russen" betont Grenzboten III 1921 23
A usgegeben am Keine Nation fühlt so sehr als die deutsche den Georg Christoph Lichtenberg ^7^2—^799 Die Beurteilung fremder Völker v Freiherrn von Lreytag--Loringhoven, General der Infanterie a. D. Dr. K. c. on seinem bekannten Buche „Das Zarenreich und die Russen" betont Grenzboten III 1921 23
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[Abbildung]
A usgegeben am
Keine Nation fühlt so sehr als die deutsche den
Wert von anderen Nationen und wird leider von
den meisten wenig geachtet, eben wegen dieser
Biegsamkeit. Mich dünkt, die anderen Nationen
haben recht: eine Nation, die allen gefallen will,
verdient von allen verachtet zu werden.
Georg Christoph Lichtenberg ^7^2—^799
Die Beurteilung fremder Völker
v Freiherrn von Lreytag--Loringhoven, General der Infanterie a. D. Dr. K. c. on
seinem bekannten Buche „Das Zarenreich und die Russen" betont
Leroy-Beaulieu die Notwendigkeit, fremde Völker kennen zu lernen.
R Er wendet sich hier an die Franzosen der Zeit nach 1871 mit den
Worten. „Wenn wir gewußt hätten, wie viel Herbheit und Härte,
aber zugleich wie viel Festigkeit und Entschlossenheit, wie viel ver¬
borgene Begehrlichkeiten aber zugleich praktischer Sinn, wie viel Ordnung und
Disziplin in diesem deutschen Volke vorhanden waren, das allzulange wegen seines
Idealismus und seiner Zerspitterung verspottet worden ist, hätten wir nicht seiner
Einigung widerstrebt und uns seiner schrecklichen Vergeltung ausgesetzt." Niemand
wird bestreiten, daß die Kenntnis anderer Nationen — und dazu gehören in der
Zeit der Weltwirtschaft mehr oder weniger alle — ein dringendes Erfordernis ist,
und dennoch ist es leicht, diese Kenntnis in der Theorie als notwendig hinzu¬
stellen, aber unendlich schwer, sie wahrhaft zu gewinnen. Ist doch schon die
Vorstellung, die sich ein Mensch vom anderen macht, selbst beim Scharfsichtigsten
immer nur bedingt richtig. Selbst von unseren Nächsten machen wir uns ein
Bild, das nur bedingt der Wirklichkeit entspricht. Und wie wenig kennen wir
uns im Grunde selbst? Die Unzulänglichkeit aller Memoierenliteratur bietet dafür
einen schlagenden Beweis. Umsoweniger kann die Beurteilung eines ganzen
Volkes, des eigenen und erst recht eines fremden durchaus zutreffend sein. So
hat denn auch der Krieg darin große Überraschungen gebracht, hinsichtlich unseres
Grenzboten III 1921 23
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