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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

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Vüchcrschciu

[Beginn Spaltensatz]

Familienpolitik der Kaiserin mit seinen? Rück¬
tritt drohte. Der Battenberger erkannte die
Unmöglichkeit, um solchen Preises willen seine
Persönlichen Neigungen durchzusetzen, resigniert,
aber vornehm schrieb er damals an die
Kaiserin: "Die Heirat sei undenkbar, wenn
Bismarck darüber fallen sollte." Als er so
schrieb, hatten er und seine Verlobte sich, wie
es scheint, innerlich bereits damit abgefunden,
daß ihre Hoffnungen dem Staatswohl ge¬
opfert werden mußten; wenn Kaiserin Friedrich
gleichwohl noch weiter kämpfte, so tat sie es
um ihrer persönlichen Ziele willen; sie allein
ist denn auch die Besiegte in diesem Handel
gewesen. Wie bereits erwähnt, liegt der
bleibende Wert unserer Veröffentlichung in
der mannigfachen neuen, auf intimsten
Familicnkorrespondenzcn und politischen Staats¬
akten beruhenden Beleuchtung, in der die

[Spaltenumbruch]

Jahre 1873 bis 1888 erscheinen. Die Möglich
keit einer wissenschaftlichen Darstellung der
gesamten bulgarischen Frage in dieser Epoche
ist damit sehr viel näher gerückt. Die großen
Gegensätze, welche in unseren Tagen zur Ent¬
ladung gekommen sind, beginnen sich damals
zu entwickeln; so lange-Bismarck das Staats¬
ruder führte, ist es gelungen, die Gegner
Deutschlands in Ost und West auseinander-
zuhalten, aber die ersten Grundlagen zur
Entente sind damals gelegt worden. Wenn
der Ring um Deutschland sich nicht früher
zusammengeschlossen hat, so war das nicht
zuletzt der überragenden Stantskunst des
deutschen Reichskanzlers in der bulgarischen
Frage, der rücksichtsvollen Schonung russischer
Empfindlichkeiten, mochten sie nun berechtigt
sein oder nicht, zu verdanken.

Adolf Hasenclever, [Ende Spaltensatz]


Notiz



Verantwortlich: Haus voll Sodcnstcril in Berlin.
Schriftleitnng und Verlag: Berlin SW II, Tempelhofer Ufer "Sa. Fernruf! Liltzow "vio,
Verlag: A. F. Koester, Abteilung Grenzboten, Berlin.
Druck W. Roeser Buchdruckerel, Berlin S 1t, Stallschreiberstr. S4/SS.

Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto.
Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.




Vüchcrschciu

[Beginn Spaltensatz]

Familienpolitik der Kaiserin mit seinen? Rück¬
tritt drohte. Der Battenberger erkannte die
Unmöglichkeit, um solchen Preises willen seine
Persönlichen Neigungen durchzusetzen, resigniert,
aber vornehm schrieb er damals an die
Kaiserin: „Die Heirat sei undenkbar, wenn
Bismarck darüber fallen sollte." Als er so
schrieb, hatten er und seine Verlobte sich, wie
es scheint, innerlich bereits damit abgefunden,
daß ihre Hoffnungen dem Staatswohl ge¬
opfert werden mußten; wenn Kaiserin Friedrich
gleichwohl noch weiter kämpfte, so tat sie es
um ihrer persönlichen Ziele willen; sie allein
ist denn auch die Besiegte in diesem Handel
gewesen. Wie bereits erwähnt, liegt der
bleibende Wert unserer Veröffentlichung in
der mannigfachen neuen, auf intimsten
Familicnkorrespondenzcn und politischen Staats¬
akten beruhenden Beleuchtung, in der die

[Spaltenumbruch]

Jahre 1873 bis 1888 erscheinen. Die Möglich
keit einer wissenschaftlichen Darstellung der
gesamten bulgarischen Frage in dieser Epoche
ist damit sehr viel näher gerückt. Die großen
Gegensätze, welche in unseren Tagen zur Ent¬
ladung gekommen sind, beginnen sich damals
zu entwickeln; so lange-Bismarck das Staats¬
ruder führte, ist es gelungen, die Gegner
Deutschlands in Ost und West auseinander-
zuhalten, aber die ersten Grundlagen zur
Entente sind damals gelegt worden. Wenn
der Ring um Deutschland sich nicht früher
zusammengeschlossen hat, so war das nicht
zuletzt der überragenden Stantskunst des
deutschen Reichskanzlers in der bulgarischen
Frage, der rücksichtsvollen Schonung russischer
Empfindlichkeiten, mochten sie nun berechtigt
sein oder nicht, zu verdanken.

Adolf Hasenclever, [Ende Spaltensatz]


Notiz



Verantwortlich: Haus voll Sodcnstcril in Berlin.
Schriftleitnng und Verlag: Berlin SW II, Tempelhofer Ufer »Sa. Fernruf! Liltzow »vio,
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[0364] Vüchcrschciu Familienpolitik der Kaiserin mit seinen? Rück¬ tritt drohte. Der Battenberger erkannte die Unmöglichkeit, um solchen Preises willen seine Persönlichen Neigungen durchzusetzen, resigniert, aber vornehm schrieb er damals an die Kaiserin: „Die Heirat sei undenkbar, wenn Bismarck darüber fallen sollte." Als er so schrieb, hatten er und seine Verlobte sich, wie es scheint, innerlich bereits damit abgefunden, daß ihre Hoffnungen dem Staatswohl ge¬ opfert werden mußten; wenn Kaiserin Friedrich gleichwohl noch weiter kämpfte, so tat sie es um ihrer persönlichen Ziele willen; sie allein ist denn auch die Besiegte in diesem Handel gewesen. Wie bereits erwähnt, liegt der bleibende Wert unserer Veröffentlichung in der mannigfachen neuen, auf intimsten Familicnkorrespondenzcn und politischen Staats¬ akten beruhenden Beleuchtung, in der die Jahre 1873 bis 1888 erscheinen. Die Möglich keit einer wissenschaftlichen Darstellung der gesamten bulgarischen Frage in dieser Epoche ist damit sehr viel näher gerückt. Die großen Gegensätze, welche in unseren Tagen zur Ent¬ ladung gekommen sind, beginnen sich damals zu entwickeln; so lange-Bismarck das Staats¬ ruder führte, ist es gelungen, die Gegner Deutschlands in Ost und West auseinander- zuhalten, aber die ersten Grundlagen zur Entente sind damals gelegt worden. Wenn der Ring um Deutschland sich nicht früher zusammengeschlossen hat, so war das nicht zuletzt der überragenden Stantskunst des deutschen Reichskanzlers in der bulgarischen Frage, der rücksichtsvollen Schonung russischer Empfindlichkeiten, mochten sie nun berechtigt sein oder nicht, zu verdanken. Adolf Hasenclever, Notiz Verantwortlich: Haus voll Sodcnstcril in Berlin. Schriftleitnng und Verlag: Berlin SW II, Tempelhofer Ufer »Sa. Fernruf! Liltzow »vio, Verlag: A. F. Koester, Abteilung Grenzboten, Berlin. Druck W. Roeser Buchdruckerel, Berlin S 1t, Stallschreiberstr. S4/SS. Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto. Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/364>, abgerufen am 27.12.2024.