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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

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Die Lage der Sudetendeutschen

ass parts ä' iutSrvt"." Mit anderen Worten: Deutschland hat an Frankreich
entwede r einen Teil der Rheinflottc abzutreten oder aber Aktien von deutschen
Rheinrcedereien keinesfalls aber Schiffe und Aktien. Wieder einmal
kümmerten sich die Franzosen aber nicht im geringsten um den ganz klaren Wort¬
laut und forderten beides. Der am 8. Januar 1921 veröffentlichte Schiedsspruch/
der unter amerikanischem Borsitz von an sich anerkennenswerter Unparteilichkeit
zustande gekommen ist, hat sich leider, offenbar aus ungenügender Würdigung des
recht bedeutungsvollen Unterschiedes, diese unzweifelhafte Vertragsverletzung zu
eigen gemacht und Deutschland u. a. die Auslieferung von 23 7611>3 Dampfern
und 254 150 t Kahnraum sowie von 76 °^ der Aktien der Mannheimer "Rhein-
schisfahrtS-A.-G. vorm. Fendel" auferlegt. Es ist kaum zu bezweifeln, daß
Deutschland das Recht hat, diese Verfügung, die Frankreich gleichzeitig eine Rhein-
flotte und die Kontrolle über die wichtigste deutsche Reederei am Oberrhein ver¬
schaffen will, als im Widerspruch zum Versailler Frieden stehend, abzulehnen --
ob die heutige Regierung sich hierzu aufschwingen wird, ist leider zweifelhaft.

Nicht hierauf kommt es aber im vorliegenden Zusammenhang an, sondern
auf den Nachweis, daß die an sich schon recht zahlreichen Durchlöcherungen des
Versailler Friedens seitens der Entente noch immer fortgesetzt werden. In der
deutschen Öffentlichkeit kann gar nicht oft und eindringlich genug
auf diese Tatsache hingewiesen werden, denn in derartigen syste¬
matischen Verstößen gegen das Versailler Friedensdiktat liegt die
gewichtigste moralische Rechtfertigung für unser eigenes Verlangen
nach durchgreifender Revision des unmöglichen Friedcnsinstruments:
die Entente Pfeife ans die "Heiligkeit der Verträge", sobald eS ihr
gerade in den Kram Paßt, und behandelt zumal den Versailler Vertrag,
trotz aller seiner erwürgenden Verrücktheiten, bei jeder Gelegenheit
als "Fetzen Papier". Wir wollen uns das merken, um in Zukunft
einmal beim ersten Anlaß die nötigen logischen Konsequenzen daraus
zu ziehen: Treue um Treue, Untreue um Untreue!




Die Lage der Sudetendeutschen
Dr. Arms, von

n Ur. 341 der "Münchener Neuesten Nachrichten" zeichnet der
Münchener Geograph Geheimrat Günther ein Bild der verhängnis¬
vollen Wirkungen, welche die FriedenSvertrcigc für die Integrität
des deutschen Sprachgebietes zelligem, ein Bild, so recht geeignet in
seiner leidenschaftlichen Knappheit, jene Deutschen, die über den
Interessen des Erwerbs, der Familie, der Partei den Blick ins Weite einzubüßen
Gefahr laufen, ebensowohl wie diejenigen, welche, beständig ins Grenzenlose des
Europäer- und Menschentums hineinstarrend, die Fühlung mit der kraftspendenden
Muttererde zu verlieren drohen/, an die verpflichtende Tragik unserer nationalen
Gesamtlage zu mahnen. .Sah man doch, wenn man Professor Günthers Aus-


Die Lage der Sudetendeutschen

ass parts ä' iutSrvt«." Mit anderen Worten: Deutschland hat an Frankreich
entwede r einen Teil der Rheinflottc abzutreten oder aber Aktien von deutschen
Rheinrcedereien keinesfalls aber Schiffe und Aktien. Wieder einmal
kümmerten sich die Franzosen aber nicht im geringsten um den ganz klaren Wort¬
laut und forderten beides. Der am 8. Januar 1921 veröffentlichte Schiedsspruch/
der unter amerikanischem Borsitz von an sich anerkennenswerter Unparteilichkeit
zustande gekommen ist, hat sich leider, offenbar aus ungenügender Würdigung des
recht bedeutungsvollen Unterschiedes, diese unzweifelhafte Vertragsverletzung zu
eigen gemacht und Deutschland u. a. die Auslieferung von 23 7611>3 Dampfern
und 254 150 t Kahnraum sowie von 76 °^ der Aktien der Mannheimer „Rhein-
schisfahrtS-A.-G. vorm. Fendel" auferlegt. Es ist kaum zu bezweifeln, daß
Deutschland das Recht hat, diese Verfügung, die Frankreich gleichzeitig eine Rhein-
flotte und die Kontrolle über die wichtigste deutsche Reederei am Oberrhein ver¬
schaffen will, als im Widerspruch zum Versailler Frieden stehend, abzulehnen —
ob die heutige Regierung sich hierzu aufschwingen wird, ist leider zweifelhaft.

Nicht hierauf kommt es aber im vorliegenden Zusammenhang an, sondern
auf den Nachweis, daß die an sich schon recht zahlreichen Durchlöcherungen des
Versailler Friedens seitens der Entente noch immer fortgesetzt werden. In der
deutschen Öffentlichkeit kann gar nicht oft und eindringlich genug
auf diese Tatsache hingewiesen werden, denn in derartigen syste¬
matischen Verstößen gegen das Versailler Friedensdiktat liegt die
gewichtigste moralische Rechtfertigung für unser eigenes Verlangen
nach durchgreifender Revision des unmöglichen Friedcnsinstruments:
die Entente Pfeife ans die „Heiligkeit der Verträge", sobald eS ihr
gerade in den Kram Paßt, und behandelt zumal den Versailler Vertrag,
trotz aller seiner erwürgenden Verrücktheiten, bei jeder Gelegenheit
als „Fetzen Papier". Wir wollen uns das merken, um in Zukunft
einmal beim ersten Anlaß die nötigen logischen Konsequenzen daraus
zu ziehen: Treue um Treue, Untreue um Untreue!




Die Lage der Sudetendeutschen
Dr. Arms, von

n Ur. 341 der „Münchener Neuesten Nachrichten" zeichnet der
Münchener Geograph Geheimrat Günther ein Bild der verhängnis¬
vollen Wirkungen, welche die FriedenSvertrcigc für die Integrität
des deutschen Sprachgebietes zelligem, ein Bild, so recht geeignet in
seiner leidenschaftlichen Knappheit, jene Deutschen, die über den
Interessen des Erwerbs, der Familie, der Partei den Blick ins Weite einzubüßen
Gefahr laufen, ebensowohl wie diejenigen, welche, beständig ins Grenzenlose des
Europäer- und Menschentums hineinstarrend, die Fühlung mit der kraftspendenden
Muttererde zu verlieren drohen/, an die verpflichtende Tragik unserer nationalen
Gesamtlage zu mahnen. .Sah man doch, wenn man Professor Günthers Aus-


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[0228] Die Lage der Sudetendeutschen ass parts ä' iutSrvt«." Mit anderen Worten: Deutschland hat an Frankreich entwede r einen Teil der Rheinflottc abzutreten oder aber Aktien von deutschen Rheinrcedereien keinesfalls aber Schiffe und Aktien. Wieder einmal kümmerten sich die Franzosen aber nicht im geringsten um den ganz klaren Wort¬ laut und forderten beides. Der am 8. Januar 1921 veröffentlichte Schiedsspruch/ der unter amerikanischem Borsitz von an sich anerkennenswerter Unparteilichkeit zustande gekommen ist, hat sich leider, offenbar aus ungenügender Würdigung des recht bedeutungsvollen Unterschiedes, diese unzweifelhafte Vertragsverletzung zu eigen gemacht und Deutschland u. a. die Auslieferung von 23 7611>3 Dampfern und 254 150 t Kahnraum sowie von 76 °^ der Aktien der Mannheimer „Rhein- schisfahrtS-A.-G. vorm. Fendel" auferlegt. Es ist kaum zu bezweifeln, daß Deutschland das Recht hat, diese Verfügung, die Frankreich gleichzeitig eine Rhein- flotte und die Kontrolle über die wichtigste deutsche Reederei am Oberrhein ver¬ schaffen will, als im Widerspruch zum Versailler Frieden stehend, abzulehnen — ob die heutige Regierung sich hierzu aufschwingen wird, ist leider zweifelhaft. Nicht hierauf kommt es aber im vorliegenden Zusammenhang an, sondern auf den Nachweis, daß die an sich schon recht zahlreichen Durchlöcherungen des Versailler Friedens seitens der Entente noch immer fortgesetzt werden. In der deutschen Öffentlichkeit kann gar nicht oft und eindringlich genug auf diese Tatsache hingewiesen werden, denn in derartigen syste¬ matischen Verstößen gegen das Versailler Friedensdiktat liegt die gewichtigste moralische Rechtfertigung für unser eigenes Verlangen nach durchgreifender Revision des unmöglichen Friedcnsinstruments: die Entente Pfeife ans die „Heiligkeit der Verträge", sobald eS ihr gerade in den Kram Paßt, und behandelt zumal den Versailler Vertrag, trotz aller seiner erwürgenden Verrücktheiten, bei jeder Gelegenheit als „Fetzen Papier". Wir wollen uns das merken, um in Zukunft einmal beim ersten Anlaß die nötigen logischen Konsequenzen daraus zu ziehen: Treue um Treue, Untreue um Untreue! Die Lage der Sudetendeutschen Dr. Arms, von n Ur. 341 der „Münchener Neuesten Nachrichten" zeichnet der Münchener Geograph Geheimrat Günther ein Bild der verhängnis¬ vollen Wirkungen, welche die FriedenSvertrcigc für die Integrität des deutschen Sprachgebietes zelligem, ein Bild, so recht geeignet in seiner leidenschaftlichen Knappheit, jene Deutschen, die über den Interessen des Erwerbs, der Familie, der Partei den Blick ins Weite einzubüßen Gefahr laufen, ebensowohl wie diejenigen, welche, beständig ins Grenzenlose des Europäer- und Menschentums hineinstarrend, die Fühlung mit der kraftspendenden Muttererde zu verlieren drohen/, an die verpflichtende Tragik unserer nationalen Gesamtlage zu mahnen. .Sah man doch, wenn man Professor Günthers Aus-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/228>, abgerufen am 27.06.2024.