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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

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Simons und die Philister

begegnen. Das ist Recht und Freiheit im französischen Sinne! Das ist der
Geist von Versailles, der aus dem Munde des Herrn Briand zur Mensch¬
heit spricht!

Werden die Nationen, welche die Zukunft tragen, erkennen, daß dieser Geist
von Versailles die Heilung des furchtbaren Unglücks unmöglich macht, das der
Krieg über die Menschheit gebracht hat, daß dieser Geist von Versailles nicht
allein ein großes Kulturvolk zur Fronarbeit verurteilt, sondern auch den Wieder¬
aufbau der wirtschaftlichen und geistigen Beziehungen innerhalb der Menschheit
hindert? Die Zeit des Schweigens ist vergangen und die Zeit zu reden ist
gekommen! Das System von Versailles schafft den Boden, auf dem
der Kommunismus Wurzel schlägt. Und die Menschen müssen wissen, daß
das Leid und Elend dieser Zeit nur zu überwinden und der revolutionäre Geist
des Bolschewismus nur zu bannen ist, wenn der Geist von Versailles getötet wird.

Was sollen denn Kredite, was sonstige Finanzoperationen helfen, so lange
die Menschheit nicht zum freien ungehinderten Austausch materieller und geistiger
Güter zurückkehren kann, weil ein großes arbeitsames Kulturvolk zugunsten be¬
stimmter Interessenkreise Fronarbeit zu leisten verdammt und seiner Freiheit nach
innen und außen, seiner Wehrhaftigkeit, seiner Selbstbestimmung beraubt ist?
Das deutsche Volk steht mitten zwischen Versailles und Moskau. Es arbeitet
nicht auf Nevanchekriege hin. Es kämpft und leidet für das unvergängliche
Recht, das Leben und die Freiheit aller Völker. Es bittet nicht um Gnade,
sondern zukunftsgläubig rufen die Besten dieses Volkes zum heiligen Kampf gegen
Vergewaltigung und Revolution, zum Kampf für die Zukunft der Menschheit.




Simons und die Philister
Rhenanus von
^. Teurer Lehrgang

WUT
WD
<MWlach dem ersten großen Krieg, den die deutsche Nation einigermaßen
geschlossen geführt und gewonnen hatte, nach den Befreiungskriegen,
schlossen wir infolge äußerer und innerer Hemmungen einen
Frieden, der uns den eigentlichen Siegespreis, unter anderm auch
. das deutsche Elsaß, vorenthielt. Im Jahre 1866 mußte Bismarck
infolge unserer gefährdeten europäischen Lage wiederum einen Frieden eingehen,
der die Einigung Deutschlands zunächst unerfüllt ließ. Der dritte große Friedens¬
schluß nach einem deutschen Sieg, der Frankfurter Friede, legte den Franzosen
eine Kriegsentschädigung auf, die im ganzen noch nicht einmal so groß war w"e
die Raten, welche das ruinierte Deutschland von 1921 über ein Menschenalter
hindurch Jahr um Jahr zahlen soll.

Nicht nur die Geschichte, sondern auch die Volksart der Deutschen begünstigt
die Milde und Versöhnlichkeit ihrer Friedensschlüsse. Das nachteilige dabei war
nicht sowohl die Tatsache, daß ein rachsüchtiger Gegner wie Frankreich infolge


Simons und die Philister

begegnen. Das ist Recht und Freiheit im französischen Sinne! Das ist der
Geist von Versailles, der aus dem Munde des Herrn Briand zur Mensch¬
heit spricht!

Werden die Nationen, welche die Zukunft tragen, erkennen, daß dieser Geist
von Versailles die Heilung des furchtbaren Unglücks unmöglich macht, das der
Krieg über die Menschheit gebracht hat, daß dieser Geist von Versailles nicht
allein ein großes Kulturvolk zur Fronarbeit verurteilt, sondern auch den Wieder¬
aufbau der wirtschaftlichen und geistigen Beziehungen innerhalb der Menschheit
hindert? Die Zeit des Schweigens ist vergangen und die Zeit zu reden ist
gekommen! Das System von Versailles schafft den Boden, auf dem
der Kommunismus Wurzel schlägt. Und die Menschen müssen wissen, daß
das Leid und Elend dieser Zeit nur zu überwinden und der revolutionäre Geist
des Bolschewismus nur zu bannen ist, wenn der Geist von Versailles getötet wird.

Was sollen denn Kredite, was sonstige Finanzoperationen helfen, so lange
die Menschheit nicht zum freien ungehinderten Austausch materieller und geistiger
Güter zurückkehren kann, weil ein großes arbeitsames Kulturvolk zugunsten be¬
stimmter Interessenkreise Fronarbeit zu leisten verdammt und seiner Freiheit nach
innen und außen, seiner Wehrhaftigkeit, seiner Selbstbestimmung beraubt ist?
Das deutsche Volk steht mitten zwischen Versailles und Moskau. Es arbeitet
nicht auf Nevanchekriege hin. Es kämpft und leidet für das unvergängliche
Recht, das Leben und die Freiheit aller Völker. Es bittet nicht um Gnade,
sondern zukunftsgläubig rufen die Besten dieses Volkes zum heiligen Kampf gegen
Vergewaltigung und Revolution, zum Kampf für die Zukunft der Menschheit.




Simons und die Philister
Rhenanus von
^. Teurer Lehrgang

WUT
WD
<MWlach dem ersten großen Krieg, den die deutsche Nation einigermaßen
geschlossen geführt und gewonnen hatte, nach den Befreiungskriegen,
schlossen wir infolge äußerer und innerer Hemmungen einen
Frieden, der uns den eigentlichen Siegespreis, unter anderm auch
. das deutsche Elsaß, vorenthielt. Im Jahre 1866 mußte Bismarck
infolge unserer gefährdeten europäischen Lage wiederum einen Frieden eingehen,
der die Einigung Deutschlands zunächst unerfüllt ließ. Der dritte große Friedens¬
schluß nach einem deutschen Sieg, der Frankfurter Friede, legte den Franzosen
eine Kriegsentschädigung auf, die im ganzen noch nicht einmal so groß war w»e
die Raten, welche das ruinierte Deutschland von 1921 über ein Menschenalter
hindurch Jahr um Jahr zahlen soll.

Nicht nur die Geschichte, sondern auch die Volksart der Deutschen begünstigt
die Milde und Versöhnlichkeit ihrer Friedensschlüsse. Das nachteilige dabei war
nicht sowohl die Tatsache, daß ein rachsüchtiger Gegner wie Frankreich infolge


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[0183] Simons und die Philister begegnen. Das ist Recht und Freiheit im französischen Sinne! Das ist der Geist von Versailles, der aus dem Munde des Herrn Briand zur Mensch¬ heit spricht! Werden die Nationen, welche die Zukunft tragen, erkennen, daß dieser Geist von Versailles die Heilung des furchtbaren Unglücks unmöglich macht, das der Krieg über die Menschheit gebracht hat, daß dieser Geist von Versailles nicht allein ein großes Kulturvolk zur Fronarbeit verurteilt, sondern auch den Wieder¬ aufbau der wirtschaftlichen und geistigen Beziehungen innerhalb der Menschheit hindert? Die Zeit des Schweigens ist vergangen und die Zeit zu reden ist gekommen! Das System von Versailles schafft den Boden, auf dem der Kommunismus Wurzel schlägt. Und die Menschen müssen wissen, daß das Leid und Elend dieser Zeit nur zu überwinden und der revolutionäre Geist des Bolschewismus nur zu bannen ist, wenn der Geist von Versailles getötet wird. Was sollen denn Kredite, was sonstige Finanzoperationen helfen, so lange die Menschheit nicht zum freien ungehinderten Austausch materieller und geistiger Güter zurückkehren kann, weil ein großes arbeitsames Kulturvolk zugunsten be¬ stimmter Interessenkreise Fronarbeit zu leisten verdammt und seiner Freiheit nach innen und außen, seiner Wehrhaftigkeit, seiner Selbstbestimmung beraubt ist? Das deutsche Volk steht mitten zwischen Versailles und Moskau. Es arbeitet nicht auf Nevanchekriege hin. Es kämpft und leidet für das unvergängliche Recht, das Leben und die Freiheit aller Völker. Es bittet nicht um Gnade, sondern zukunftsgläubig rufen die Besten dieses Volkes zum heiligen Kampf gegen Vergewaltigung und Revolution, zum Kampf für die Zukunft der Menschheit. Simons und die Philister Rhenanus von ^. Teurer Lehrgang WUT WD <MWlach dem ersten großen Krieg, den die deutsche Nation einigermaßen geschlossen geführt und gewonnen hatte, nach den Befreiungskriegen, schlossen wir infolge äußerer und innerer Hemmungen einen Frieden, der uns den eigentlichen Siegespreis, unter anderm auch . das deutsche Elsaß, vorenthielt. Im Jahre 1866 mußte Bismarck infolge unserer gefährdeten europäischen Lage wiederum einen Frieden eingehen, der die Einigung Deutschlands zunächst unerfüllt ließ. Der dritte große Friedens¬ schluß nach einem deutschen Sieg, der Frankfurter Friede, legte den Franzosen eine Kriegsentschädigung auf, die im ganzen noch nicht einmal so groß war w»e die Raten, welche das ruinierte Deutschland von 1921 über ein Menschenalter hindurch Jahr um Jahr zahlen soll. Nicht nur die Geschichte, sondern auch die Volksart der Deutschen begünstigt die Milde und Versöhnlichkeit ihrer Friedensschlüsse. Das nachteilige dabei war nicht sowohl die Tatsache, daß ein rachsüchtiger Gegner wie Frankreich infolge

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/183>, abgerufen am 27.06.2024.